Als Auslandsmarktforschung bezeichnet man die Marktforschungsaktivitäten (Marktforschung) auf ausländischen Absatz- und Beschaffungsmärkten.
Die Aufgaben und die Verfahren der Auslandsmarktforschung entsprechen grundsätzlich denen der Inlandsmarktforschung. Spezielle Probleme der Auslandsmarktforschung können sich u.a. durch religiöse, politische, kulturelle, sprachliche Faktoren sowie durch den sozioökonomischen und technologischen Entwicklungsstand der Zielländer ergeben. Dies gilt in der Datengewinnung sowohl für die Sekundär- als auch für die Primärmarktforschung (Pri-märjorschung).
So sind oftmals die Rückgriffsmöglichkeiten auf amtliche oder halbamtliche Datenquellen begrenzt, z.B. in Entwicklungsländern. Die Begrenztheit oder Nicht-Verfügbarkeit dieser Daten engt nicht nur die Sekundäranalyse ein, sie behindert auch die Bildung von Stichproben.
Sprachprobleme (Übersetzungs- bzw. Übertragungsprobleme), unterschiedliche Begriffswelten und psychologische Kommunikationsprobleme (Misstrauen, Tabus, Gepflogenheiten, Mentalitätsprobleme u.Ä.) können die Durchführung empirischer Erhebungen (Befragung; Beobachtung) verhindern (vgl. Rodel, 1977, S. 1335ff), beeinträchtigen oder gar verhindern.
Weitere Probleme der Auslandsmarktforschung können aus einem Mangel an geeigneten Fachkräften des eigenen Unternehmens oder des Ziellandes, aus einem Mangel geeigneter externer Institute im blöder Ausland resultieren.
Gesamtheit der Aktivitäten, die die Planung, Beschaffung und Aufbereitung von Informationen über bzw. aus Auslandsmärkte(n) betreffen. Von besonderer Bedeutung sind derartige Informationen im Hinblick auf Entscheidungen über die Erschliessung neuer (ausländischer) Absatz- und Beschaffungsmärkte. Die Marktforschungstätigkeiten zielen in erster Linie auf eine Erkundung des Vollzugsrahmens für absatz- oder beschaffungspolitische Massnahmen ab. Wichtige Informationsbereiche sind z.B. Geldwesen, Reglementierungen des Aussenhandels, Besonderheiten des Auslandsgeschäfts (z.B.Trans- port-, Versicherungs-, Lagerwesen), Rechtssystem (einschl. der Handelsbräuche und Platzusancen), Finanzierungsmodalitäten sowie das politische, kulturelle und soziale Umfeld der Auslandsmärkte.
beinhaltet die Gewinnung spezifischer, entscheidungsrelevanter Informationen im Internationalen Marketing über konkrete Auslandsmärkte, insb. über die dort ansässigen Nachfrager, die sich aus den Marketingproblemen einerUnternehmung auf ausländischen Absatzmärkten ergeben (Internationalisierungsstrategien, Außenhandelsgeschäft). Das erhöhte Risiko der Auslandstätigkeit (Auslandsrisiken) und der geringere Umfang der verfügbaren Informationen lassen der Auslandsmarktforschung im Gegensatz zur inländischen Marktforschung eine besondere Rolle zukommen. Insb. ergeben sich im Rahmen der Informationserhebungund -Verarbeitung einige spezifische Probleme: 1) Wechselnde Umweltsituationen, in denen der Ini ormationsgewinnungs- und -ver- arbeitungsprozeß erfolgt, haben eine unterschiedliche Relevanz von Informationen in verschiedenen Ländern zur Folge und machen daher eine Anpassung der Methoden des Einsatzes und der Durchführung des Erhebungsprozesses erforderlich. 2) Der Entwicklungsstand und das Niveau der Marktforschung ist in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt, so dass viele im Inland als „selbstverständlich vorhanden“ angesehene Daten im Ausland noch nicht erhoben sind. 3) Da sich der Auslandsanteil am Gesamtumsatz einer Unternehmung meist auf mehrere Länder mit den unterschiedlichsten Gegebenheiten und Marktbedingungen verteilt und der Marktforschungsaufwand zu dem erwarteten Ertrag in einem Auslandsmarkt in Relation gesetzt werden muß, ergibt sich auf den meisten Auslandsmärkten eine Beschränkung der eingesetzten Methoden aus Kostengründen. 4) Die variierenden Umfeldbedingungen in den verschiedenen Auslandsmärkten erfordern eine Flexibilität der eingesetzten Marktforschungsmethoden. 5) Viele qualitative Fragestellungen sind mentalitätsbedingt und anthropologisch ausgerichtet und müssen deshalb von Land zu Land modifiziert werden (Cross-Cul- tural-Research). 6) Bedingt durch die unterschiedliche Sprache, Mentalität und anthropologische Besonderheiten der Kulturkreise treten bei der Vergleichbarkeit von Daten eine Reihe von Kommunikations-, Verständnis-, und Interpretationsschwierigkeiten auf. Als Beispiel können dafür sprachliche Äquivalenzprobleme auf geführt werden, die durch die An- und Abwesenheit von Vokabeln, semantische Mehrdeutigkeit und die unterschiedliche Reichhaltigkeit des Vokabulars verschiedener Sprachen bedingt sind. Die hohen Kosten der Marktforschung in Auslandsmärkten machen i. d. R. eine zweistufige Vorgehensweise notwendig. In einem ersten Schritt muss im Rahmen einer Länderselektion eine Vorauswahl getroffen werden. Hierzu dienen insb. Methoden der Sekundärforschung zur Analyse von betriebsintern oder extern bereits vorhandenem Informationsmaterial. Besonders relevante Sekundärquellen sind: - offizielle und halboffizielle Statistiken in- und ausländischer Institutionen - Publikationen inter- und supranationaler Organisationen - Veröffentlichungen und abrufbares Archiv-Material bzw. kommerzielle Informationen von wissenschaftlichen Instituten - Ländervereine (Publikationen, Archiv- Material) - Publikationen, Archiv-Matrial und Informationsdienste von: - Bundesstelle für Außenhandelsinformation (Bf Ai) - Industrie- und Handelskammern (IHK), Auslandshandelskammern (AHK) und ausländischen Handelskammern - Wirtschaftsverbänden - Banken und Sparkassen - Botschaften und Konsulaten (BRD im Ausland / Ausland in der BRD) - Presse (national und international) - Kataloge und Berichte von internationalen Messen und Ausstellungen (In- und Ausland) - Unternehmens-Publikationen - Nachschlagewerke - privatwirtschaftliche Service-Institute, In- formations-, Beratungs- und Marktforschungsgewerbe, Agenturen mit internationalem Betätigungsfeld u. ä. Erst wenn sich eine begrenzte Anzahl von sog. „A-Ländern“ herauskristallisiert hat, kann in einem zweiten Schritt eine Feinanalyse dieser Länder(gruppen) mittels primärer Marktforschungsmethoden erfolgen, bei der eine Analyse der Auslandsmärkte auf Grundlage der Gewinnung originärer Daten über diese Länder(gruppen) durchgeführt wird. Hierbei kommen die gleichen Erhebungsmethoden wie in der Inlandsmarktforschung zum Einsatz, die in Befragung, Panel, Beobachtung und Experiment unterteilt werden können. Im Gegensatz zur Binnenmarktforschung müssen in der Auslandsmarktforschung viele Informationen erstmalig erhoben werden, die im inländischen Markt als nahezu selbstverständlich vorhanden angesehen werden, deren Beschaffung im Ausland aber sehr viel schwieriger zu bewerkstelligen ist. Die Übersicht 1 gibt einen Überblick über den Informationsbedarf zur Lösung von Marktforschungsproblemen im Auslandsbereich. Übersicht 1: Informationsbedarfzur Analyse von Auslandsmärkten
1. Die Umfeldfaktoren im Inland
1. 1. Das politische System
1. 2. Die Rechtsordnung
1. 3. Das Wirtschaftsklima
1. 4. Die Konkurrenzsituation im Inland
2. Die Umfeldfaktoren im Ausland
2. 1. Die politische Dimension
2. 2. Die Rechtsordnung ausländischer Staaten
2. 3. Die ökonomische Struktur von Ländern
2. 4. Das Distributionssystem
2. 5. Die Wettbewerbsstruktur
2. 6. Das kulturell-soziale Umfeld
2. 7. Das technologische Niveau im Ausland
2. 8. Das geographische Umfeld
3. Die Importbedingungen im Ausland (MarktZugangsbeschränkungen)
4. Die Absatzbedingungen im Ausland
5. Die Marktstruktur im Ausland
5. 1. Die Angebots- und Konkurrenzsituation
5. 2. Die Bedarfs- bzw. Nachfragesituation
5. 3. Marktlücken für Unternehmensprodukte
6. Daten für den Einsatz des Marketing- Instrumentariums
Zur systematischen Erfassung und Analyse von Struktur- und Entwicklungsdaten der relevanten Auslandsmärkte kann über die einzelne Unternehmung hinaus auf eine Reihe von Informationsquellen zurückgegriffen werden, die wichtige Statistiken, Branchenberichte und Marktdaten über einzelne Länder(gruppen) veröffentlichen bzw. auf Anfrage zur Verfügung stellen. Eine umfassende Auflistung solcher betriebsexternen Informationsquellen mit Anschriften und jeweiligem Leistungsbündel findet sich in Stahr, G. (Hrsg.): Exportpraxis. Handbuch für den deutschen Exporteur, Ergänzungslieferung, Kap. All.6. Übersicht 2 vermittelt eine daraus entnommene Inhaltsübersicht. Übersicht 2: Betriebsexterne Informationsträger der Auslandsmarktforschung 1 Öffentliche Institutionen und Verbände
1. 1 Supranationale Institutionen
1. 2 Statistische Abteilungen internationaler Organisationen
1. 3 Nationale Statistische Ämter
13. a EG-Länder
13. b Statistische Ämter weltweit
1. 4 Bundesstelle für Außenhandelsinformation
1.5 Botschaften der Bundesrepublik Deutschland (Länderverzeichnis)
1. 6 Deutsche Industrie- und Handelskammern und deren Außenwirtschaftsreferenten
1. 7 Auslandshandelskammern und Kammernverbände
17. a Deutsche Auslandshandelskammern
17. b Andere Handelskammern und Kammernverbände
1. 8 Wirtschaftsverbände in der Bundesrepublik Deutschland und europäische Dachorganisationen 17. a Spitzenverbände der Wirtschaft (und deren Außenwirtschaftsausschüsse) 17. b Bundesverband der Deutschen Industrie und BDI-Mitglieder (mit Außenwirtschaftsabteilungen und EuropaBranchenverbänden) 18. c Sonstige Verbände
1. 9 Andere öffentliche Institutionen im In- und Ausland 18. a Ausländische Wirtschaftsvertretungen in der Bundesrepublik Deutschland 17. b Bundes- und Landesstellen 17. c Forschungs- und Dokumentationsstellen 19. d Sonstige öffentliche Institutionen 1 Ländervereine und bilaterale Wirtschaftsvereinigungen
1. 1 Ländervereine in der Bundesrepublik Deutschland
1. 2 Bilaterale Wirtschaftsvereinigungen und -gesellschaften 2 Marktforschungsinstitute und Marktstudien im In- und Ausland
3 Fachverlage
4 Sonstige Informationsträger
4. 1 Banken
4. 2 Fluggesellschaften
4. 3 Datenbanken/Datenbankenanbieter Neben den besonderen Schwierigkeiten der Informationsbeschaffung sind im Rahmen der Auslandsmarktforschung weitere spezifische Auslandsrisiken zu beachten. Besonders wichtig ist dabei neben der Abschätzung des politischen Risikos die Beurteilung wirtschaftlicher Risiken des betreffenden Auslandsmarktes.
Hierzu dienen u.a. folgende Kennziffern:
- Importdeckungsgrad = Quotient aus (Nettoreserveposition Gold- und Devisenbestand minus Auslandsverbindlichkeit) und Importvolumen pro Jahr
- Auslandsverschuldungsgrad - Quotient aus Auslandsverbindlichkeiten und Exporterlösen pro Jahr
Auf der Basis solcher Kennziffern lassen sich die Auslandsmärkte in Risikogruppen einteilen, die im Hinblick auf die Durchsetzbar- keit von Auslandsmarketingzielen beurteilt werden können. Für viele wirtschaftliche Risiken stehen die Versicherungsmöglichkeiten des privaten Marktes zur Verfügung, wie z.B. die Transport-, Lager- und Montageversicherung. Durch eine private Auslandskreditversicherung können auch die Insolvenzrisiken eines ausländischen Abnehmers erfaßt werden. Für politische Risiken kann der private Versicherungsmarkt nicht in Anspruch genommen werden. Hierfür steht jedoch ein umfangreicher staatlicher Versicherungsschutz zur Verfügung (Exportförderung, staatliche). So kann z.B. ein Exporteur die staatliche Gewährleistung für Ausfuhrgeschäfte beantragen, die sog. “HERMES-Deckungen“ oder eine Reihe von Sonderdeckungsformen (z.B. Exporteurgarantien, Lagerdeckungen, Baulei- stungsdeckungen, gebundene Finanzkredite, Deckungen gegen Wechselkursrisiken) in Anspruch nehmen, die von der Bundesrepublik Deutschland auf Anfrage und gegen besondere Prämienberechnung zur Verfügung gestellt werden (Außenhandel).
Siehe auch Internationales Marketing, Marktforschung.
Literatur: Stahr, G., Auslandsmarketing, Bd. I: Marktanalyse, Stuttgart u. a. 1979.
Literatur: Stahr, G. (Hrsg.), Exportpraxis, Handbuch für den deutschen Exporteur, Ergänzungslieferung, Hamburg 1982. Stahr, G., Auslandsmarketing, Band 2, Marketingstrategie, Stuttgart u.a. 1979. Walldorf, E.G., Auslanasmarketing. Theorie und Praxis des Auslandsgeschäfts, Wiesbaden 1987.
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