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Europäischer Binnenmarkt

Ziel der Europäischen Gemeinschaft bzw. Europäischen Union: bis zum Jahre 1993 noch bestehende, den freien Waren- und Dienstleistungsaustausch behindernde administrative (z. B. lebensmittelrechtliche) Vorschriften (a la »Reinheitsgebot«, Zulassungsvorschriften, Befähigungsnachweise), technische Normen und Standards sowie fiskalische Handelshemmnisse (z. B. unterschiedliche Mehrwertsteuersätze) zu beseitigen. Von der damit verbundenen Vergrößerung des Marktes werden deutliche positive Wachstums-und Beschäftigungsimpulse, also auch eine Dämpfung des Preisauftriebs und positive Leistungsbilanzeffekte (Leistungsbilanz), erwartet.

Einheitlicher Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaften Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) definierte den Europäischen Binnenmarkt als einen «Raum ohne Binnengrenzen», in dem die vier sogenannten Grundfreiheiten (freier Warenverkehr, freier Dienstleistungsverkehr, freier Kapitalverkehr und freier Personenverkehr) gewährleistet sind. Bereits im EWG-Vertrag war die stufenweise Verschmelzung der Volkswirtschaften der Mitgliedsländer zu einem Gemeinsamen Markt vorgesehen. Der erste Schritt hierzu war die Vollendung der Zollunion zum 1. Juli 1968. Die EEA bestimmte, die noch bestehenden innergemeinschaftlichen nichttarifären Handelshemmnisse bis zum 1.Januar 1993 weitgehend zu beseitigen, so daß die Grenzkontrollen des Warenverkehrs an den Binnengrenzen entfallen konnten. In diesem Zusammenhang wurde auch der Dienstleistungs- und Kapitalverkehr liberalisiert. Ferner wurden für die Bereiche des öffentlichen Auftragswesens, der Anerkennung von berufsqualifizierenden Abschlüssen und des Niederlassungsrechtes gemeinsame Regelungen geschaffen. Grundlage der wirtschaftlichen Integration ist nicht mehr das Harmonisierungsprinzip, sondern die Mitgliedsländer erkennen gegenseitig ihre betreffenden nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften an. Die Umsetzung dieser Maßnahmen hatte erkennbare Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung in den Mitgliedstaaten und zu einer erheblichen Belebung des innergemeinschaftlichen Handels sowie einer Zunahme der Direktinvestitionen in Europa geführt.

[s.a. Kooperation- und Integrationsformen] Die Realisierung des Europäischen Binnenmarktes zum 1. Januar 1993 stellte zu diesem Zeitpunkt die intensivste Stufe der europäischen Integration dar; sie ist ein wesentlicher Höhepunkt des Prozesses der Entwicklung der Europäischen Union (EU) (vgl. Europäische Gemeinschaft, 1996). Mit rund 380 Millionen Verbrauchern und einer Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) von fast 18 Billionen DM ist der europäische Binnenmarkt der größte einheitliche Markt der industrialisierten Welt. Bereits der EWG-Gründungsvertrag von 1957 sah die Schaffung eines gemeinsamen Marktes vor.

1985 legte die Kommission der Europäischen Gemeinschaft das so genannte »Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarktes« vor, das eine Auflistung der gesetzgeberischen Maßnahmen enthält, die zur Realisierung eines Binnenmarktes nötig waren. Fast 300 Rechtsakte mussten beschlossen und in vielen Fällen in nationales Recht umgesetzt werden. Die 1987 mit den Bestimmungen der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) beschlossenen Weiterentwicklungen der EG zu einem gemeinsamen Markt bildeten den Rahmen zur Durchsetzung des Binnenmarktprogramms. Die Mitgliedsländer der Gemeinschaft einigten sich nicht nur darauf, die Warenkontrollen an den Binnengrenzen vollständig abzuschaffen, sondern auch auf Maßnahmen, die eine weiter gehende Integration über einen gemeinsamen Markt hinaus ermöglichen, so in Richtung einer Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft (Euro; EWS). Dabei handelt es sich um die Herstellung oder Garantie folgender vier Freiheiten (Artikel 7a EG-Vertrag):

1. freier Warenverkehr

2. freier Dienstleistungsverkehr

3. freier Kapitalverkehr

4. freier Personenverkehr,

Nach dem Wegfall der Zölle im internen (Frei-)Handel und den gemeinsamen Außenzöllen kamen insbesondere der freie Handel (Gütermobilität) und die Faktormobilität (freie Beweglichkeit der Produktionsfaktoren) hinzu (Artikel 7a EG-Vertrag). Die im Binnenmarktprogramm formulierte Faktormobilität wurde durch die Konstitution des Europäischen Binnenmarktes mehr oder weniger umfassend verwirklicht.

Der Status-Quo der Entwicklung kann unter Berücksichtigung der Konsequenzen für das Internationale Marketing und das Internationale Management von Unternehmen folgendermaßen zusammenge-fasst werden:

1. Freier Handel

a. Freier Warenverkehr Der freie Warenverkehr ist gleichbedeutend mit dem Wegfall der Binnenzölle und damit der Grenzkontrollen. Dadurch verkürzten sich die Transportzeiten innerhalb der EU wesentlich. Als Konsequenz ergeben sich Effizienzsteigerungspotenziale in der Logistik. Gleichzeitig erfolgt im Rahmen des freien Warenverkehrs ein schrittweiser Übergang zur Harmonisierung oder gegenseitigen Anerkennung von Normen und Vorschriften. Obwohl eine Harmonisierung angestrebt wird, ist diese auf Grund der vielfachen Transformationsnotwendigkeiten von Normen (Normung) und Vorschriften ein langwieriger mindestens 10 bis 15 Jahre dauernder Prozess. Gegenwärtig wird deswegen die gegenseitige Anerkennung von rechtlichen Normen präferiert. Konsequenzen ergeben sich hieraus insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe, denen selbst bei einer Kleinserienfertigung Exportmöglichkeiten offeriert werden. Grundsätzlich ergeben sich aus der Harmonisierung des Normensystems Rationalisierungspotenziale, so bezüglich der Analyse und Aktualisierung der Normenvorschriften, die vor der Realisierung des Europäischen Binnenmarktes notwendig waren. In Bezug auf die Anerkennung existieren gesonderte Vorschriften für den Verbraucherschutz. Für umweit- und gesundheitsgefährdende Produkte gelten die Anerkennungsregeln während einer Übergangszeit nicht. Ein weiteres wichtiges Ziel im Rahmen des freien Warenverkehrs ist die Harmonisierung der steuerlichen Vorschriften, was insbesondere die indirekten Steuern wie die Mehrwertsteuer und die Verbrauchssteuer betrifft.

b. Freier Dienstleistungsverkehr Unter diesem Aspekt sind zunächst die Liberalisierung der Finanzdienste und die Harmonisierung der Bank- und Versicherungsaufsicht hervorzuheben. So dürfen Banken in anderen Mitgliedstaaten Geschäfte tätigen, ohne wie bisher in diesen Staaten Niederlassungen betreiben zu müssen. Dadurch steigen nicht nur der Wettbewerb im Finanzsektor, sondern auch die Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen. Im Vergleich mit dem Warenverkehr, in dem bereits früher ein sehr hoher Libe-ralisierungs- und Verflechtungsgrad bestand, ist auch mit einer entsprechenden Entwicklung im Dienstleistungsbereich zu rechnen. So sind beispielsweise im Transportwesen erste Auswirkungen erkennbar: Neben einer Fusions- und Akquisitionswel-le richten sich Logistikdienstleister zunehmend europaweit aus und versuchen den Großunternehmen gemäß dem Prinzip »follow the customer« die europaweite Leistungskompetenz anzubreten. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Aufhebung des Kabotageverbotes mit der Konsequenz, dass ein ausländisches Unternehmen die Fracht an einem beliebigen Ort im Inland aufnehmen und an einen anderen beliebigen Ort im Inland ohne Genehmigung transportieren kann. Auf Grund unterschiedlicher Besteuerungen und vor allem arbeitsrechtlicher Vorschriften (wöchentliche Arbeitszeit, Sozialkosten usw.) führt die Deregulierung gegenwärtig noch zu Wettbewerbsverzerrungen und zu extremen Umbrüchen. Demgegenüber führte die Liberalisierung des Transportverkehrs zu einer Reduzierung der ökonomischen und ökologischen Belastungen, da bei bestehendem Kabotageverbot auf europäischen Straßen bis zu 50 % Leerfahrten festgestellt wurden. Eine ähnliche Entwicklung kann im Luftverkehr und auf den Telekommunikationsmärkten, die ebenfalls unter den freien Dienstleistungsverkehr fallen, festgestellt werden.

2. Faktormobilität

a. Freier Kapitalverkehr

Die Freiheit des Kapitalverkehrs umfasst die Freizügigkeit für Geld- und Kapitalbewegungen, die Liberalisierung des Wertpapierverkehrs und Schritte zu einem gemeinsamen Markt für Finanzleistungen. In ihrer Konsequenz wird die Freiheit des Kapitalverkehrs einerseits institutionelle Konsequenzen haben (freie Geschäftstätigkeit von Banken, Versicherungen) und zum anderen die Freizügigkeit von Kapitaltransaktionen innerhalb der EU fördern.

b. Freier Personenverkehr

Durch den Wegfall der Grenzkontrollen wird der freie Verkehr der Bürger zwischen den Staaten der EU gewährleistet. Wichtiger ist jedoch die Niederlassungs- und Beschäftigungsfreiheit, die bereits vor der Realisierung des Europäischen Binnenmarktes rechtlich abgesichert war, aber durch eine Reihe nationaler Eigenheiten und Regelungen behindert wurde. So wird beispielsweise die wechselseitige Anerkennung von Berufs- und Ausbildungsabschlüssen deutlich erleichtert. Auch in diesem Bereich wird eine internationale Tätigkeit von Unternehmen gefördert.

Bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht haben die Mitgliedstaaten unterschiedliche Fortschritte erreicht. Die Niederlande z.B. lag bereits im März 1997 mit einer Umsetzungsquote von 98,6 % an der Spitze. Der Umsetzungstand der im Weißbuch vorgeschlagenen Maßnahmen belief sich im Dezember 1995 im Durchschnitt aller Mitglieder auf etwa 93,3 %. Die Verwirklichung des Binnenmarktes war und ist ein kontinuierlicher Prozess, der bis heute nicht vollständig abgeschlossen ist. Insbesondere bei den indirekten Steuern stehen endgültige Regelungen noch aus. Weitere, notwendige wirtschaftliche Reformen müssen umgehend ohne Verzögerungen durchgeführt werden, da anderenfalls die Möglichkeiten, die wirtschaftliches Wachstum und neue Technologien bieten, ungenutzt bleiben. Zu diesem Zweck hat die Kommission eine Binnenmarktstrategie für den Zeitraum 2000 bis 2004 festgelegt, die an vier Hauptzielen ausgerichtet ist: die Lebensqualität der Bürger zu verbessern, die Effizienz der gemeinschaftlichen Güterund Kapitalmärkte zu stärken, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern und die Errungenschaften des Binnenmarktes effizienter zu nutzen. Der Aktionsplan zur Vereinfachung und Modernisierung des öffentlichen Auftragswesens muss dringend umgesetzt werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Bedeutung der Integration der Dienstleistungsbetriebe, aus der rund 36 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen könnten.

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