Führungsstile
Das Führungsverhalten kennzeichnet die Gesamtheit Aktivitäten und Verhaltensweisen der Führungskraft im Führungsprozess. Der Führungsstil dagegen benennt ein eher einheitliches, mehr oder weniger konsistentes Muster des Führungsverhaltens, als dessen "idealtypische(r) Ausprägung" (Bisani 1990).
Grundsätzlich sind zwei entgegengesetzte Ausprägungen des Führungsverhaltens erkennbar: Autoritäres und kooperatives Verhalten. Ihr wichtigstes Kriterium ist der Umfang der Partizipation der unterstellten Mitarbeiter am Entscheidungsprozess und das Mass an Selbststeuerung, das den Mitarbeitern zugebilligt wird. Zwischen beiden Ausprägungen ergibt sich eine Reihe von unterschiedlich gewichteten Spielarten, die durch das Kontinuum des Führungsverhaltens dargestellt sind.
Beim autoritären Führungsverhalten, das auch als direktiver oder autonomer Führungsstil bezeichnet wird, handeln die Mitarbeiter auf Anweisung ohne Entscheidungskompetenz und Mitsprache, beim kooperativen Verhalten hingegen wird der Entscheidungsprozess in Teamarbeit zwischen Manager und Mitarbeiter realisiert. Bei der autoritären Führung plant und entscheidet der Manager autonom - eine Mitwirkung unterstellter Mitarbeiter ist ausgeschlossen. Um sicherzustellen, dass die Entscheidungen auch widerspruchslos ausgeführt werden, wird bei diesem Führungsverhalten auch eine starke Kontrolle ausgeübt. Der Manager leitet seine Legitimation aus der formalen Stellung innerhalb der Hierarchie ab. Er besitzt gegenüber den Unterstellten einen Informationsvorteil, da er Begründungen und Notwendigkeiten für bestimmte Entscheidungen und Anordnungen nicht kommuniziert. Es entwickeln sich Befehlsstrukturen und starre, formell definierte Arbeitsplätze. Die Mitarbeiter sind reine Verrichtungsorgane. Transparenz, Eigensteuerung und Initiative entwickeln sich nur innerhalb der engen zugewiesenen Arbeitsgebiete. Das autoritäre Füh rungsverhalten führt zur Normierung des Arbeitsverhaltens, um einen reibungslosen Vollzug der Einzelaufgaben zu garantieren. Es findet sich daher vornehmlich bei Routineprozessen, d.h. bei sich gleichmäßig über einen längeren Zeitraum hinziehenden, monotonen Arbeitsfunktionen, die quantitativ meßbar und kontrollierbar sind (z.B. bei automatisierten Fertigungsprozessen, bei Prüfvorgängen, in der Akkordarbeit). Historisch betrachtet resultiert dieses Führungsverhalten aus dem Taylorismus.
Die Mitarbeiter arbeiten grundsätzlich nur auf Anweisung. Damit wird Eigeninitiative und Innovation nicht ermöglicht. Fehlleistungen und Ergebnismängel werden “nach oben delegiert”, d.h. dem autoritären Entscheider angelastet. Auf Dauer führt dieses Verhalten bei den Mitarbeitern zu Lethargie und Desinteresse, zum Verlust von Spontaneität und Kreativität.
Das System der autoritären Entscheidung, Vorgabe und Kontrolle führt zu einer Bürokratisierung der Organisation. Informelle Kontakte werden vermieden, die Befehlsstrukturen und -wege streng eingehalten mit der Folge, dass lange Berichtswege und Verzögerungen in der Informationsverarbeitung auftreten. Berichte und Formulare ersetzen die informale Kommunikation, die Flexibilität der Organisation geht zugunsten einer Verwaltungsbürokratie verloren. Die Organisation an sich ist stabil, erweist sich aber im Falle extern bedingter Anforderungen auf schnelle Reaktion oftmals als unfähig zur Anpassung.
In Krisensituationen kann dieses Führungsverhalten sehr effizient sein, wenn es darum geht, kurzfristig wichtige Ziele zu erreichen. Auf Dauer führt es jedoch zu Produktivitätseinbußen.
Das kooperative Führungsverhalten ist dagegen durch eine Objektivierung der Entscheidungsprozesse gekennzeichnet. Der Entscheidungsprozess wird für alle Beteiligten transparent. Es handelt sich demnach um einen hohen Standard der Kommunikation und Informationsweitergabe: Der Manager diskutiert mit den Mitarbeitern, den Fachpromotoren, Hypothesen, Alternativen, Ziele und Einsatzmittel und delegiert Verantwortung und Aufgaben. Kontrollstandards sowie Leistungs- und Erfüllungsnormen werden in der Gruppe festgelegt (Teamarbeit). Das kooperative Führungsverhalten nutzt - etwa durch die Einschaltung von - Koordinationsteams — auch informelle Kommunikations- und Weisungswege. Die Mitarbeiter sind dabei sehr gut informiert über alle Ziele, Aufgaben und Einsatzfaktoren. Durch die Mitwirkung am Planungs- und Entscheidungsprozess entsteht ein hohes Mass an Identifikation mit der Aufgabe und durch die Anerkennung ihres Fachwissens eine ausgeprägte Leistungsmotivation der Mitarbeiter. In der Aufgabenausführung sind die Mitarbeiter relativ frei. Zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten entsteht ein Vertrauensverhältnis, das aus der gemeinsamen Verpflichtung gegenüber den Sachaufgaben resultiert.
Auf der anderen Seite entsteht ein relativ hoher Abstimmungs- und Koordinationsaufwand. Daher ist dieses Führungsverhalten vorwiegend für komplexe, nichtstrukturierte Entscheidungsprozesse (z.B. Investitionsplanung, Personalplanung, Einführung von Informationssystemen) geeignet, bei denen das Fachwissen vieler — Instanzen und - Funktionen zu integrieren ist. Durch die Arbeit in Gruppen ist es notwendig, dass Kenntnisse über Gruppenverhalten und -dynamik bei den Mitgliedern der Organisation entwickelt werden.
Durch das beim kooperativen Führungsverhalten entwickelte Engagement der Mitarbeiter und aufgrund der Selbststeuerungsmöglichkeiten werden die Leistungsergebnisse positiv beeinflußt. Die Erhöhung des Informationsstands führt zu einer erhöhten Mobilität, die sich z.B. in der Bereitschaft zur Übernahme neuer Aufgaben ausdrückt.
Beim funktionalen Führungsverhalten schließlich wird die bei den anderen Formen des Führungsverhaltens gegebene formale Über- und Unterordnung aufgehoben. Die Ausprägung einer speziellen Führungsrolle oder eines Führungsanspruchs ist nicht gegeben. Entscheidungsprozesse werden durch eine Gruppe gleichrangiger Mitarbeiter gelöst, die auch zugleich die Arbeitsteilung und Verantwortung regelt. Je nach Bedarf oder für besondere Aufgaben außerhalb der Gruppe wird temporär ein Gruppensprecher benannt. Man spricht auch von “sich selbst steuernden Gruppen”.
Die Sicherheit und das Selbstwertgefühl der mündigen Mitarbeiter werden dadurch gesteigert. Die Befreiung von externen Kontrollen führt dazu, dass die Mitarbeiter sich ihre Ziele selbst vorgeben. Allerdings setzt dieses Verhalten voraus, dass homogene Gruppen existieren und die Mitarbeiter in mögliche Rivalitäten und Machtansprüche zurückstellen. Sonst besteht die Gefahr, dass die Gruppen aufgrund persönlicher Einzelansprüche instabil werden und das Gruppenziel gefährden.
Die funktionale Führung kann für spezielle Aufgaben, die außerhalb der Routine stehen (Projekte) angewandt werden. Sie ist ein dynamisches Führungsprinzip, das nicht generell, sondern aufgabenorientiert (“task-oriented”) eingesetzt werden kann. Sie setzt ein hohes Mass an Selbstdisziplin bei den Gruppenmitgliedern voraus und erfordert einen hohen, gleichartigen Informationsstand. Werden derartige Gruppen gebildet, kommt es sehr oft zu “Isolationserscheinungen”, d.h. die Gruppe sondert sich von der übrigen (formellen) Organisation.
Entscheidend ist das Ergebnis der Gruppe, die individuelle Einzelleistung tritt zugunsten der Gruppenleistung zurück. Da sehr viel Eigensteuerung und Selbstorganisation vorhanden ist, wirkt sich das positiv auf die Produktivität aus.
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