liegt vor, wenn der Steuerschuldner und der Steuerträger auseinanderfallen. Sie stellt den gelungenen Versuch eines Steuerschuldners dar, die ihm auferlegte Steuer im Marktprozess einer anderen Person oder Personengruppe anzulasten. Dabei kann die Steuerlast durch Erhöhung der Verkaufspreise auf die Nachfrager (Vorwälzung) oder durch eine Senkung der Einkaufspreise für Güter und Dienste auf die Vorlieferanten bzw. Anbieter von Faktoren (Rückwälzung) weitergegeben werden. Steuerüberwälzung spielt sich also im Marktprozess ab. Vom Gesetzgeber ist die Überwälzung — wie bei den Verbrauchsteuern — mitunter beabsichtigt, sie kann aber auch — wie bei der progressiven Einkommensteuer — unerwünscht sein. Die Theorie der Steuerüberwälzung will die Bedingungen ermitteln, unter denen eine Steuer überwälzt werden kann. Dazu gibt es verschiedene Ansätze: (1) Die mikroökonomische Überwälzungstheorie ist ein preistheoretischer Ansatz. Es wird von einem Marktgleichgewicht vor Besteuerung ausgegangen: Die Steuerüberwälzung gilt als gelungen, wenn der Preis des besteuerten Gutes steigt. Die Höhe der Preissteigerung bestimmt das Überwälzungsausmass. Der Grundgedanke lässt sich für den Fall der vollkommenen Konkurrenz und der Erhebung einer Mengensteuer graphisch veranschaulichen (vgl. Abb.). Steuerüberwälzung Vor Besteuerung besteht ein Marktgleichgewicht (p0, x.). Die Mengensteuer t erhöht die Grenzkosten der Anbieter, was zu einer Verschiebung der Angebotskurve A nach A\' führt. Der Marktpreis ist um A p auf pi gestiegen, die Steuer also — da A p < t — zum Teil auf die Nachfrager überwälzt worden. Das Ausmass hängt dabei allein vom Verlauf der Angebots- (A) und Nachfragekurve (N), genauer: den Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage ab. Je unelastischer (elastischer) N und je elastischer (unelastischer) A verläuft, desto grösser (kleiner) ist das Überwälzungsausmass. Man kann andere Marktformen (z. B. Monopol), andere Steuerbemessungsgrundlagen (z. B. Erlös) und andere Steuerarten (z. B. Wertsteuer) untersuchen, das grundsätzliche Ergebnis bleibt bestehen: Das Ausmass der Überwälzung hängt von der Steuerart, der Marktform und den Angebots-/Nachfragekonstellationen ab Solange die Unternehmer das Ziel der Gewinnmaximierung verfolgen, also die PreisMengen-Kombination anstreben, bei der Grenzerlös und Grenzkosten übereinstimmen, können nur die Steuern überwälzt werden, die Grenzerlös und Grenzkosten verändern. Das führt zu dem Ergebnis, dass manche Steuern (Kostensteuern) überwälzbar sind, andere (Gewinnsteuern) dagegen nicht. In totalanalytischen Modellen — z. B. dem Harberger-Modell — wird allerdings gezeigt, dass auch Gewinnsteuern überwälzt werden können. In einer Zwei-Sektoren-Wirtschaft, Pl Po in der die Kapitalerträge nur eines Sektors einer Körperschaftsteuer unterliegen, führt die Besteuerung zunächst zu sektoralen Unterschieden in der Nettokapitalrendite. Bei vollkommenen Kapitalmärkten und mobilem Kapital wandert so lange Kapital in den unbesteuerten Sektor, bis die Nettokapitalrendite ausgeglichen wird. Die Steuerlast verteilt sich dann auf beide Sektoren, obwohl nur einer besteuert worden ist. Sofern die Kapitalintensitäten in beiden Sektoren unterschiedlich sind, kann langfristig die Körperschaftsteuer sogar auf den Faktor Arbeit überwälzt werden. (2) Auch in makroökonomischen Kreislaufmodellen lässt sich unter bestimmten Annahmen die Überwälzung der Gewinnsteuern nachweisen. Ein Beispiel ist das Föhl-Modell: Wenn infolge der Besteuerung die Unternehmer weder ihren Konsum noch die Investitionen einschränken und der Staat das zusätzliche Steueraufkommen voll verausgabt, dann steigen bei Konstanz des Gesamtangebots die Bruttogewinne der Unternehmen im gleichen Ausmass wie die Gewinnsteuer, die Nettogewinne bleiben also konstant, d. h. die Steuer kann voll überwälzt werden (Föhlsches Steuerparadoxon). Die Prämissen aller Modellansätze sind unrealistisch. Das sollte davor bewahren, die Ergebnisse als allgemeingültig anzusehen. Steuern jeder Art stellen für den Steuerschuldner zunächst eine Belastung dar, der er sich aller Erfahrung nach zu entziehen versucht. Ob das allerdings im Wege der Überwälzung gelingt, hängt von den Wettbewerbsverhältnissen, von der Konjunkturlage, von der Geldpolitik, der Ausgestaltung der Steuer und vor allem von den Reaktionen der einzelnen Wirtschaftssubjekte ab. Literatur: Schmölders, G./Hansmeyer, K.-H., Allgemeine Steuerlehre, 5. Aufl., Berlin 1980.
Summe aller rechtlich zulässigen Versuche der Steuerabwehr durch Verlagerung der Steuerlast vom Steuerpflichtigen bzw. Steuerzahler auf einen anderen (- Steuerwirkungen). Es lassen sich drei Arten der Überwälzung unterscheiden:
1. Vorüberwälzung: Steuer wird in Form höherer Preise auf die Nachfrager der von der Besteuerung betroffenen Leistungen bzw. Unternehmen überwälzt;
2. Rücküberwälzung: Versuch, die Einkaufspreise für Vorleistungen bzw. Löhne (Lohn), Mieten, Pachten oder – Zinsen zu drücken;
3. Schräge Überwälzung: höhere Preisforderung gegenüber den Nachfragern bei anderen als der von der Besteuerung betroffenen Leistung. Eine notwendige Voraussetzung einer erfolgreichen Steuerüberwälzung ist eine geringe Preiselastizität der Nachfrage.
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