(Psychologie gesamtwirtschaftlicher Prozesse) hat das gleiche Erkenntnisobjekt wie die —› Volkswirtschaftslehre, betrachtet dieses aber unter der Perspektive des Erlebens und Verhaltens der Wirtschaftssubjekte. Die Volkswirtschaftslehre bemüht sich im Rahmen der Wirtschaftstheorie darum, den Wirtschaftsablauf in einer Volkswirtschaft zu. erklären, während es ihr in der Wirtschaftspolitik darum geht, Wege für das Erreichen bestimmter gesamtwirtschaftlicher Ziele aufzuzeigen. Dabei ist die Volkswirtschaftslehre bemüht, von psychologischen Determinanten abzusehen, indem sie unter Verzicht auf explizite psychologische Forschung psychologische Grundannahmen innerhalb des Homo-oeconomicus-Modells zusammengefasst hat, das impliziert, dass der Mensch völlig zweckrational handle, Gewinn- bzw. Nutzenmaximierung anstrebe, mit Markttransparenz und vollkommener Voraussicht in wirtschaftlichen Dingen begabt sei sowie sofort, völlig und normal auf Datenänderungen reagiere. Derartige Vorannahmen berechtigen sodann z. B. zu Aussagen wie: "Die Preise regulieren den Gang der Wirtschaft." Die Unzulänglichkeit des Homo-oeconomicus-Modells zeigt sich besonders klar bei der Analyse individuellen wirtschaftlichen Verhaltens, aber auch bei Betrachtungen auf aggregiertem Niveau. Hier setzt die Psychologie gesamtwirtschaftlicher Prozesse ein, indem sie zu zeigen sucht, in welcher Weise psychologische Determinanten wie z. B. Leistungsmotivation, Arbeitsmoral, Erwartungshaltungen und Anspruchsniveau das Arbeitsverhalten im Zuge der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen sowie das Konsumverhalten im Zuge des Verbrauchs prägen. So wurde gezeigt, dass die vom Erziehungsstil abhängige Ausprägung der Leistungsmotivation in einer Bevölkerung die nachfolgende wirtschaftliche Entwicklung in starkem Masse beeinflusst. George Katona (1951) konnte nachweisen, dass sich aus der Analyse des bestehenden wirtschaftlichen Optimismus bzw. Pessimismus die Konjunkturentwicklung, insb. die Nachfrage nach langlebigen Wirtschaftsgütern kurzfristig prognostizieren lässt; ähnliche Analysen wurden für die Investitionsneigung der Unternehmen vorgenommen. Als ein weiteres wichtiges Gebiet der Psychologie gesamtwirtschaftlicher Prozesse hat sich die Wohlfahrtsforschung entwickelt, innerhalb derer in Ausweitung traditioneller Wohlfahrtskriterien die Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeit mit Hilfe subjektiver Sozialindikatoren erfasst werden (A. Camp-bell und P. E. Converse 1972), wobei dann z.B. die Frage interessiert, ob und unter welchen Bedingungen mit einem Ansteigen des Bruttosozialproduktes auch eine Steigerung der Lebenszufriedenheit einhergeht. Literatur: Campbell, A.IConverse, P. E., The Human Meaning of Social Change, New York 1972. Katona, G., Psychological Analysis of Economic Behavior, New York 1951. Strümpel, B./Katona, G., Psychologie gesamtwirtschaftlicher Prozesse, in: Irle, M. (Hrsg.), Marktpsychologie als Sozialwissenschaft, Enzyklopädie der Psychologie, Göttingen 1983, S. 225 ff.
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