1. Charakteristika Bei enger Auslegung des Finanzierungsbegriffs können unter Finanzierung alle Massnahmen zur Deckung des Kapitalbedarfs und somit alle Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung subsumiert werden. In Theorie und Praxis sind unterschiedliche Arten der Kapitalbeschaffung bekannt, die sich nach verschieden Kriterien — beispielsweise der Rechtsstellung der Kapitalgeber, der Kapitalherkunft, der Dauer der Kapitalüberlassung, dem Finanzierungsanlass, der steuerlichen Behandlung etc. — systematisieren lassen. Die wichtigsten Systematisierungskriterien sind
(1) die Rechtsstellung der Kapitalgeber und
(2) die Kapitalherkunft. Nach der Herkunft des Kapitals ist zwischen Aussenfinanzierung und Innenfinanzierung zu unterscheiden, während nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber zwischen Eigenfinanzierung und Fremdfinanzierung zu differenzieren ist (Betriebliche Finanzwirtschaft, Grundlagen). Nach dem Kriterium der Rechtsstellung der Kapitalgeber systematisiert, gehört die Kreditfinanzierung zur Fremdfinanzierung, da einem Unternehmen kein Eigenkapital (Eigenfinanzierung), sondern Fremdkapital zur Verfügung gestellt wird. Fremdkapital grenzt sich vom Eigenkapital dadurch ab, dass
(1) Kapital nur befristet überlassen wird,
(2) ein Rechtsanspruch auf Rückzahlung besteht,
(3) keine Haftung für die Verbindlichkeiten der Unternehmung übernommen wird,
(4) keine Mitspracherechte der Kapitalgeber bei der Geschäftsführung entstehen,
(5) keine Erfolgsbeteiligung der Kapitalgeber vorliegt und
(6) als Entgelt für die Kapitalüberlassung ein fester Zins zu zahlen ist, der
(7) zusammen mit den Tilgungsleistungen eine feste Liquiditätsbelastung für das Unternehmen darstellt. Hinsichtlich der Kapitalherkunft ist die Kreditfinanzierung der Aussenfinanzierung zuzuordnen, da das einem Unternehmen durch eine Kreditgewährung zur Verfügung gestellte Kapital nicht aus dem betrieblichen Umsatzprozess resultiert (Innenfinanzierung), sondern von einem ausserhalb des Unternehmens stehenden Kreditgeber — einem Dritten — bereitgestellt wird. Da die Kreditfinanzierung im Ergebnis sowohl der Aussen- als auch der Fremdfinanzierung zugeordnet werden kann, wird von einer Fremdfinanzierung von aussen gesprochen. Bei der Kreditfinanzierung wird zudem häufig nach der Dauer der Kapitalüberlassung differenziert, wobei die einer solchen Differenzierung zugrundeliegenden Zeitgrenzen nicht frei von Willkür sind. Hinsichtlich der hier thematisierten langfristigen Kapitalbereitstellung geht die Deutsche Bundesbank in ihren Statistiken beispielsweise davon aus, dass alle Kredite mit einer Laufzeit von mehr als vier Jahren als langfristig zu bezeichnen sind, während im Handelsgesetzbuch eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren unterstellt wird (§ 285 Nr. 1 HGB). Eine langfristige Kreditfinanzierung liegt demnach vor, wenn einem Unternehmen für mehr als vier bzw. fünf Jahre Fremdkapital von aussen zugeführt wird.
2. Bestandteile einer Kreditvereinbarung Die wesentlichen Bestandteile einer Kreditvereinbarung sind der Nennbetrag, der Auszahlungs- und Rückzahlungsbetrag, die Tilgungsstruktur, die Kreditlaufzeit, die Zinsstruktur und die Art der Besicherung. Der Nennbetrag bildet die Berechnungsgrundlage für andere Vertragsbestandteile — beispielsweise die Zinsen — und weicht häufig von dem Betrag ab, den der Kreditnehmer ausgezahlt bekommt (Auszahlungsbetrag). Durch den Rückzahlungsbetrag wird die Summe gekennzeichnet, die der Kreditnehmer — neben den Zinsen — an den Kreditgeber zurückzuführen hat. Die Tilgungsstruktur regelt, zu welchen Zeitpunkten und in welchen Teilbeträgen der Kredit zurückgezahlt wird. Die Laufzeit richtet sich in der Regel danach, für welchen Zeitraum der Kreditnehmer seinen Kapitalbedarf decken muss. Die Zinsstruktur legt den Zinstermin und den Nominalzins fest und ist eine der zentralen Determinanten für die Effektivverzinsung. Die Besicherung regelt schliesslich, welche Sicherheiten der Kreditnehmer zu stellen hat, um den Kreditgeber vor Vermögensverlusten zu schützen (Kreditsicherheiten).
3. Finanzierungsinstrumente Mit der Bezeichnung als langfristige Kreditfinanzierung wird vielfach zuerst das Instrument des langfristigen Bankkredites assoziiert. Darüber hinaus finden sich mit Schuldscheindarlehen, Anleihen und den so genannten Kredithilfen (der Kreditinstitute mit Sonderaufgaben) weitere Finanzierungsinstrumente, die der langfristigen Kreditfinanzierung zuzuordnen sind.
4. Kreditnehmer und Kreditgeber Die langfristige Kreditfinanzierung ist in der Literatur regelmässig auf den Bereich der Unternehmensfinanzierung beschränkt, wodurch als Kreditnehmer ausschliesslich Unternehmen in Betracht kommen. Grundsätzlich können aber auch Privatpersonen eine langfristige Kreditfinanzierung in Anspruch nehmen. In der Praxis geschieht dies regelmässig im Rahmen der so genannten Baufinanzierung, bei der es um die Finanzierung von Wohneigentum geht. Die von Kreditnehmern im Rahmen der langfristigen Kreditfinanzierung aufgenommenen Kapitalbeträge dienen in der Regel der Finanzierung von (betrieblichen und privaten) Investitionen. In Abhängigkeit vom gewählten Finanzierungsinstrument wird das Kapital für langfristige Kreditfinanzierungen von Kreditinstituten, Versicherungen, öffentlichen Institutionen (Bund, Länder, Gemeinden) aber auch von Privatpersonen bereitgestellt.
5. Kreditvergabe, Besicherung und Tilgung Eine Kreditvergabe wird grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn der Kreditgeber davon ausgehen kann, dass der Kreditnehmer sowohl die Rückzahlung der Kreditsumme als auch die Zahlung der vereinbarten Zinsen fristgerecht und in vereinbarter Höhe leisten kann. Aufgrund der Langfristigkeit der Kapitalbereitstellung erfolgt die Besicherung einer langfristigen Kreditfinanzierung vorzugsweise über Grundpfandrechte. Teilweise kommen auch Bürgschaften, Negativklauseln oder Verpfändungen in Betracht (siehe auch Kreditsicherheiten). Die Tilgungsmodalitäten sind grundsätzlich frei verhandelbar. Gängige Praxis sind sowohl die Formen des Annuitätendarlehens als auch die eines Tilgungsdarlehens. Bei der Finanzierung von Investitionen wird zudem häufig vereinbart erst nach Ablauf einer tilgungsfreien Zeit von mehreren Jahren mit der Tilgung zu beginnen, weil die zur Tilgung benötigten finanziellen Mittel oft erst nach einer gewissen Anlaufzeit erwirtschaften werden. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Asset Backed Securities, Aussenhandelsfinanzierung (Internationale Zahlungs-, Sicherungs- und Finanzierungsinstrumente), Corporate Finance, Factoring, Finanzcontrolling, Finanzinnovationen, Finanzwirtschaft, betriebliche, Kennzahlen, finanzwirtschaftliche, Kreditfinanzierung, kurzfristige, Kreditsicherheiten, Rating-Methoden, kreditwirtschaftliche, Währungsmanagement, Zinsmanagement.
Literatur: Bieg, H., Kussmaul, H.: Investition- und Finanzierungsmanagement, Band II: Finanzierung, München 2000; Bitz, M.: Finanzdienstleistungen, 7. Auflage, München 2005; Drukarczyk, J.: Finanzierung, 9. Auflage, Stuttgart 2003; Eilenberger, G.: Betriebliche Finanzwirtschaft, 7. Auflage, München und Wien 2003; Franke, G., Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Auflage, Berlin, Heidelberg und New York 2004; Perridon, L., Steiner, M.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 13. Auflage, München 2004; Santomero, A.M., Babbel, D.F.: Financial Markets, Instruments and Institutions, 2. Auflage, Chicago 2004; Wöhe, G., Bilstein, J.: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 9. Auflage, München 2002. Internetadressen: http://www.bafin.de; http://www.bdb.de; http://www.bundesbank.de; http:// www.deutsche-boerse.com; http://www.dsgv.de; http://www.ecb.int; http://www.kfw.de; http://www. vr-networld.de.
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