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Mittelstands-Marketing

1) Grundlagen Mittelständische Unternehmen (Klein- und mittelgroße Unternehmen: KMU) stehen Großunternehmen gegenüber und stellen den weitaus größten Anteil aller Unterneh­men dar. Die Abgrenzung der Betriebsgrö­ßenklassen erfolgt zumeist über quantitative Kriterien wie Beschäftigtenzahl oder Um­satz, wobei im gewerblichen Bereich eine Schnittstelle bei 500 (ggf. auch 1000) Be­schäftigten gesehen wird. Darüberhinaus be­sitzt - nicht nur in typisch mittelständischen Branchen (z. B. Handel, Handwerk, Gastro­nomie, Selbständige) - das qualitative Krite- riumderEigentümer-Unternehmerschaft ei­ne Bedeutung. Der allgemeinere Begriff Mittelstand grenzt dagegen eine bestimmte soziologische Schicht ab, zu der häufig be­stimmte Berufsgruppen gerechnet werden (z. B. auch mittlere Beamte und Angestellte, die keine Unternehmer darstellen). Neben der Abgrenzung mittelständischer Unternehmen von Großunternehmen spielt insb. die Frage nach den Unterschieden zwi­schen diesen Betriebsgrößenklassen und de­ren Bedeutung für das Marketing eine Rolle. Die Bedeutung einer Reihe von teilweise un­tereinander verbundenen mittelständischen Besonderheiten hängt davon ab, ob eine mit­telständische Unternehmung im Wettbe­werb mit Großunternehmen (z. B. im Be­reich von Brauereien) oder ausschließlich mit anderen mittelständischen Unternehmen steht. In beiden Situationen weist das Marke­ting mittelständischer Unternehmen im Ver­gleich zu Großunternehmen Unterschiede auf, im Wettbewerb mit Großunternehmen ergeben sich daraus mittelständische Wett­bewerbsvorteile und -nachteile. Zu den betriebsgrößenbedingten tenden­ziellen Vorteilen zählen: - Stärken eines Eigentümer-Unternehmers - Überschaubarkeit des Unternehmens, sei­ner Angebote und bearbeiteten Märkte - direktere Kommunikation im Unterneh­men - schnellere Entscheidungen und damit auch schnellere Reaktion auf Marktverän­derungen - (teilweise) größere Flexibilität in der Ferti­gung - Kundennähe, direktere Kontakte mit Ab­nehmern - Kompetenz in Marktnischen - stärkere Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Zu den betriebsgrößenbedingten tenden­ziellen Nachteilen zählen: - Schwächen eines Eigentümer-Unterneh­mers - geringere Finanzkraft, kleinere Eigenka­pitalbasis - kleinere (Marketing-)Etats - weniger (Marketing-)Spezialisten - geringere Kostendegressionen (in Ferti­gung und Vertrieb) - Abhängigkeit von nachfragestarken Kun­den. Zu diesen allgemeinen Nachteilen kommen abbaubare mittelständische Schwachpunkte hinzu: - generelle Managementschwächen - fehlende strategische Linie - zu geringe Delegation von Kompetenzen - divergierende Familieninteressen. Zum Aufbau relativer Wettbewerbsvorteile kommt es darauf an, die mittelständischen Stärken auch wirklich zu nutzen und zumin­dest einen Teil der Schwächen abzubauen. In diese Richtung gehen die staatliche Politik ei­ner Mittelstandsförderung sowie Koope­rationen mit anderen mittelständischen Un­ternehmen. Durch den Einsatz von Unternehmensberatern läßt sich fehlendes Management- und Marketing-Know-how ergänzen. 1) Informationsseite des Marketing Der Einsatz von Marketing-Instrumenten setzt ein Mindestmaß an Marktkenntnissen voraus. In einigen mittelständisch geprägten Branchen (z. B. Handwerk, Handel, Selb­ständige) wird ein lokaler oder regionaler Markt bearbeitet, und es besteht eine ver­gleichsweise gute Marktübersicht. Bei über­regionaler, nationaler und internationaler Marktbearbeitung ist der direkte Kunden­kontakt und die persönliche Marktkenntnis geringer ausgeprägt, und der Einsatz von Marktforschungsmethoden gewinnt ein grö­ßeres Gewicht. Mittelständische Unternehmen weisen im Vergleich zu Großunternehmen auf der In­formationsseite des Marketing Defizite auf. Sie haben eine geringere Marktübersicht, er­greifen weniger Aktivitäten bei der Informa­tionsgewinnung und -Verarbeitung und set­zen weniger Marketing-Planungsmethoden ein. Gründe für diese Defizite liegen im feh­lenden Know-how, fehlenden Markt­forschungsspezialisten und in der geringen Höhe von Marktforschungsbudgets. Mittel­ständische Unternehmen sollten zunächst die verfügbaren internen und externen Informa­tionsquellen systematisch nutzen (Sekundär­forschung), umdann evd. einen zusätzlichen Informationsbedarf durch den Einsatz der Primärforschungabzudecken. Bei den internen Informationsquellen bieten das Rechnungswesen und ein Außen- dienstberichtssystem viele Ansatzpunkte, entscheidungsrelevante Informationen zu erhalten. Das bedingt eine zweckgerichtete Gestaltung dieser Instrumente. So sollte ein differenziertes Marketing-Controlling die Erfolgsträchtigkeit von Produkten/Pro­duktgruppen, Kunden(gruppen), Regionen und Außendienstmitarbeitern ausweisen. Der Außendienst stellt für mittelständische Unternehmen eine der wichtigsten Quellen für entscheidungsrelevante Marketing- Informationen dar. Eine zielgerichtete Nut­zung dieser Informationsquelle setzt die Einführung eines formalisierten Außen- dienstberichtssystems voraus. Bei den externen Informationsquellen bieten sich zunächst viele Ansatzpunkte im Bereich der Sekundärforschung. Sekundärstati­stische Materialien lassen sich schnell und kostengünstig auswerten, z. B. amtliche und Verbanasstatistiken, Fachzeitschriften, Wirtschaftszeitungen, Prospekte und Kata­loge der Konkurrenz. Auch hier kommt es auf eine systematische Sammlung und Aus­wertung an. Zusätzliche Informationspoten­tiale bieten externe Datenbanken. Auch wenn mittelständische Unternehmen die Primärforschung im Vergleich zu Großunternehmen weniger einsetzen, so be­stehen doch Ansatzpunkte für einen (gele­gentlichen) Einsatz, z. B. Durchführung ver­gleichender Analysen des Images durch ein Marktforschungsinstitut, Kundenbe­fragungen durch den eigenen Außendienst, schriftliche Befragungen z. B. durch Beilage eines Fragebogens an das Produkt, Durch­führung kooperativer Marktforschung mit Wettbewerbern (Verbundmarktfor­schung). Mittelständische Unternehmen weisen auch Defizite bei der Datenspeicherung auf, sei es eine schriftliche Dokumentation oder sei es eine Datenspeicherung per EDV. Die Entwicklungen in der EDV (fallende An­schaffungskosten, zunehmende Speicher­kapazität, steigende Benutzerfreundlichkeit) machen den Einsatz dieses Instrumentes un­abdingbar. Das betrifft auch den Aufbau und die ständige Pflege einer Kundenkartei bzw. Kundendatenbank. Gerade unter den teil­weise restriktiven Bedingungen mittelstän­discher Unternehmen ist es zweckmäßig, Marketing-Informationssy steme aufzu­bauen. i. Einsatz der Marketing-Instrumente Mittelständische Unternehmen weisen - insb. im Vergleich mit Großunternehmen - auch beim Einsatz des Marketing-Mix Be­sonderheiten auf. Diese werden u. a. durch die betriebsgrößenspezifischen Vor- und Nachteile sowie die jeweilige Wettbewerbs­struktur beeinflußt. Auch mittelständische Unternehmen haben situationsspezifische Strategien festzulegen. Bei einem Wettbe­werb mit Großunternehmen bietet sich i. d. R. eine Marktnischenstrategie an. Wenn eine Wettbewerbsfähigkeit beim Preis nicht erreichbar ist, führt die Konzentration auf einen abgrenzbaren Teilmarkt zur Ver­meidung eines unerwünschten (Preis- Wett­bewerbs. Das setzt eine detaillierte Markt­analyse und - Segmentierung voraus. Typische Ansatzpunkte zu einer entspre­chenden Segmentierung betreffen z. B. die Ansprache von vergleichsweise kleinen Segmenten mit einem ausgeprägten indivi­duellen Bedarf oder mit hohen Service­ansprüchen. ii. Eine weitere Strategie mit einem ähnlichen Ansatz besteht in der Auswahl von Märkten, deren Volumen für Großunternehmen unin­teressant erscheint. In diesen Märkten kann auch ein mittelständisches Unternehmen (evtl. weltweit) hohe Marktanteile erzielen (Beispiel: Spezialmaschinenbau). Regionalmärkte stellen Marktnischen be­sonderer Art dar. Mittelständische Unter­nehmen können in ihrem Einzugsgebiet auch gegenüber Großunternehmen Wettbe­werbsvorteile aufbauen. Als Erfolgsfaktoren lassen sich z.B. die landsmannschaftliche Verbundenheit, der enge persönliche Kon­takt und die bessere Kenntnis lokaler und re­gionaler Besonderheiten aufzählen (Beispiel: Lokalbrauerei). In einigen Einzelhandels­branchen stellt der durch die geringe räumli­che Distanz bedingte Standortvorteil einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor dar. Die strategische Festlegung, mit welchem grundsätzlichen Angebot welche Kunden angesprochen werden sollen, beeinflußt den entsprechenden Einsatz der Marketing- Instrumente. Dabei lassen sich folgende Tendenzaussagen treffen: Im Bereich der Leistungspolitik liegen die Stärken mittelständischer Unternehmen insb. im An­gebot kundenspezifischer Problemlösungen und in der Flexibilität, das Angebot schnell geänderten Kundenbedürfnissen anzupas­sen. Das korrespondiert mit entsprechenden Produktionsverfahren (Einzel- und Kleinse­rienfertigung). Mittelständische Unterneh­men beschränken sich im Bereich von FuE zumeist auf die Anwendungsforschung (im Gegensatz zur Grundlagenforschung). Die staatlich geförderten Technologie-Transfer- stellen zeigen zugleich auf, dass auch in bezug auf die Übernahme von vorhandenen Inno­vationen gewisse Defizite bestehen. Finan­zielle Grenzen mindern die Durchsetzung von (starken) Markenartikeln. Im Bereich der Kommunikationspolitik lie­gen mittelständische Stärken häufig in den engen persönlichen Beziehungen zu den Kunden. Dem stehen Know-how- und fi­nanzielle Nachteile gegenüber. Kleinere Kommunikationsbudgets bedingen eine konsequente Optimierung der Wirkung. Das setzt zugleich den Einsatz von externen Spezialisten voraus (Werbeagenturen und -berater). Die kommunikativen Maßnahmen sind auf abgegrenzte Zielgruppen auszurich­ten, um notwendige Kontakthäufigkeiten zu erreichen. Bei stark exportorientierten mit­telständischen Unternehmen stellen Mes­sen ein strategisches Kommunikationsin­strument dar, um internationale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Mittelstands-Marketing Im Bereich der Distributionspolitik domi­niert zumeist ein zentraler Vertrieb, d.h. es gibt weniger eigene Niederlassungen. Das beeinflußt die regionale Präsenz in bezug auf eigene Mitarbeiter, eigenen Service und eige­nes Waren- und Ersatzteillager. Das Netz an Außendienstmitarbeitern ist kleiner, und (Mehrfirmen- )Handelsvertreter besitzen ei­ne größere Bedeutung. Beim indirekten Ver­trieb besteht häufig eine starke Abhängigkeit von nachfragestarken Handelsgruppen oder von einer Großhandelsstufe.
Mittelstands-Marketing Im Bereich der Preis- und Konditionenpolitik kommt es für mittelständische Unternehmen mit tendenziell höheren Selbstkosten darauf an, sich in Marktnischen preispolitische Spielräume zu schaffen; denn im Vergleich mit Großunternehmen ergeben sich geringe­re Kostendegressionseffekte sowohl im Ein­kauf als auch in der Fertigung und im Marke­ting. Dem Vorteil, sich im Vertrieb auf die Zusammenarbeit mit wenigen, dafür aber nachfragestarken Kunden zu beschränken und sich dafür auf die Produktion konzen­trieren zu können, steht der Nachteil eines ständigen Drucks auf Preise und Konditio­nen gegenüber. Je mehr es einem mittelständischen Unter­nehmen gelingt, im Bereich der Leistungspo­litik „echte“ Vorteile für die Kunden anzu­bieten, desto geringer wirken sich die Schwächen in den anderen Instrumentalbe­reichen aus.          

Literatur:  Bendeich, E. (Hrsg.), Wirtschaftliche Datenerfassung in Klein- und Mittelbetrieben, München 1980. Hamer, E., Das mittelständische Unternehmen. Eigenarten, Bedeutung, Risiken und Chancen, Stuttgart 1987. Mortsief er, J.; Reske, W.; Steiner, Betriebsgrößenbedingte Wettbe­werbsvorteile und Wettbewerbsnachteile mittel- ständischer Betriebe, Göttingen 1980. Pfohl, H.- C. (Hrsg.), Betriebswirtschaftslehre der Mittel­und Kleinbetriebe. Größenspezifische Probleme und Möglichkeiten zu ihrer Lösung, 2. Aufl., Ber­lin 1990.

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