normativer Bereich der Führungswissenschaft, der die Gesamtheit von Grundeinstellungen und Normen umfasst, die als Grundlage für die Ableitung und Ausgestaltung von Führungsentscheidungen in einer Unternehmung dienen. Die Aufgabe der Führungsphilosophie liegt in der an Werturteilen orientierten Analyse von Führungsprozessen, Führungstechniken und Führungssystemen. Dieser Teil der Führungswissenschaft hat also kein Erkenntnisziel zum Gegenstand, sondern beschäftigt sich mit impliziten (verdeckten) und expliziten (offenen) Werthaltungen als Mittel zur Veränderung von Führungsphänomenen. Derartige Werthaltungen beeinflussen das konkrete Verhalten von Führungskräften, welches wiederum in wesentlichem Ausmass durch Inhalt von Führungsgrundsätzen und -konzepten als Konkretisierung der Führungsphilosophie bestimmt wird. Die Führungsphilosophie stellt damit ihrer Intention nach die Grundlage für ein gesellschaftlich abgestimmtes Unterneh- mungs- und Führungsverhalten dar. In ihrer weiten Begriffsabgrenzung umfasst die Führungsphilosophie sämtliche Verhaltensnormen, die alle Führungstätigkeiten in einer Unternehmung (Unternehmungsfüh- rungsphilosophie) grundsätzlich bestimmen. Davon zu unterscheiden ist die Führungsphilosophie im engeren Sinn (Philosophie der Mitarbeiterführung), die nur jene Normen betrifft, die speziell den personalen Aspekt der Führung betonen. Beide Sichtweisen beruhen auf verschiedenen Unternehmens- und Menschenbildern. Die Führungsphilosophie ist demnach denselben Wandlungen unterworfen, wie diese Leitbilder sie im Laufe der Zeit erfahren. Dies zeigt sich darin, dass die Führungsphilosophie zunehmend auf einem Un- ternehmungs- und Menschenbild beruht, das einen eher permissiven und weniger reduktiven Charakter aufweist als frühere Vorstellungen und damit auch den heutigen vielfältigen gesellschaftspolitischen Entwicklungen entspricht. Die jeweilige Ausprägung der Führungsphilosophie wird durch die spezifischen subjektiven Werthaltungen der einem Unternehmen angehörenden Führungskräfte determiniert. Diese Vorstellungen über Sachverhalte, die bei der Erfüllung der Führungsfunktion relevant sind, können das Unternehmen, die Umwelt, die Mitarbeiter, aber auch das eigene Selbstverständnis betreffen. Unterschiedliche Auffassungen zwischen Führungskräften stellen ein Konfliktpotential für die Unternehmung dar und müssen im Sinne einer konsistenten Führungsphilosophie harmonisiert werden. Ebenso muss das Führungsinstrumentarium (z.B. Unternehmensleitbilder, Verhaltensgrundsätze bzw. Führungsrichtlinien etc.) auf die jeweilige Führungsphilosophie abgestimmt sein. Es wäre zwar möglich, die Führungswissenschaft auf ausschliesslich wertneutrale Aussagesysteme zu beschränken und normative Aussagen der Praxis der Unternehmensführung zu überlassen. Dies hätte dann aber weniger die Werturteilsfreiheit der Führungstheorie zur Folge als vielmehr versteckte Werturteile. Für eine Führungsphilosophie mit offen dargelegten Werturteilen sprechen darüber hinaus noch weitere Argumente, wie z.B. die leichtere Erzielung eines Konsensus über generelle Werte, die klare Trennung faktisch wahrer von normativen Aussagen sowie die Vermeidung bzw. Lösung zahlreicher bei der Entwicklung von Werturteilen auftretender Probleme. Der Entwicklungsstand der Führungsphilosophie ist trotz zahlreicher Ansätze immer noch unzureichend. Werturteile zur Unternehmensführung, insb. mit gesellschaftspolitischen Akzenten, sind zwar von den meisten Autoren auf dem Gebiet der Führung entwikkelt worden, aber abgesehen von der Tatsache, dass es sich hierbei oft um versteckte Werturteile handelt, fehlt eine systematische Integration, so dass ein geschlossenes Aussagensystem nicht existiert. Literatur: Steinle, C., Führung, Stuttgart 1978. Ulrich, H., Führungsphilosophie, in: Kieser, A., u.a. (Hrsg.), HWFü, Stuttgart 1987, Sp. 640 ff.
Führungsphilosophien sind grundlegende Annahmen über die Art und Weise der Realisierung von Führung und von Führungsprozessen in einer Organisation. Sie schließen in der Regel Annahmen über den Menschen, die s.g. Menschenbilder, und über den Umgang mit den Mitarbeitern, z.B. Fragen der Kontrolle, Motivation, Mitbestimmung, Annahmen über erlaubte und verbotene, geeignete und ungeeignete Mittel etc. bei der Führung ein. Sie existieren sowohl als individuelle wie auch als kollektive Orientierungsmuster der Führenden einer Organisation, als tatsächlich wirkende Muster, aber auch als normative, ("Soll")-Vorstellungen. Führungsgrundsätze sind dagegen die stärker konkretisierten und formalisierten, normativen Orientierungsmuster, häufig in Form schriftlich formulierter Verhaltensrichtlinien zur Durchsetzung einheitlicher Vorstellungen der Personalführung im Unternehmen.
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