Abstimmungsverfahren, bei dem jedes Mitglied der Gesellschaft eine Stimme hat und diejenige Alternative verwirklicht wird, der eine Mehrheit zustimmt. Je nach den Anforderungen, die an die Qualität der erforderlichen Mehrheit gestellt werden, unterscheidet man zwischen einfacher und qualifizierter (z.B. zwei Drittel-)Mehrheit sowie dem Extremfall einer qualifizierten Mehrheitsregel, der Einstimmigkeitsregel. Die Einstimmigkeitsregel gewährleistet zwar den grösstmöglichen Minderheitenschutz, vermittelt aber in besonderem Masse Anreize, die Zustimmung aus taktischen Gründen zu verweigern, und erschwert damit noch die ohnehin nicht leichte Konsensfindung; sie ist also kaum praktikabel. Am häufigsten angewendet wird daher die einfache Mehrheitsentscheidung, wonach jene Alternative zur Durchführung gelangt, die mehr als die Hälfte aller Stimmen auf sich vereinigt (absolute Mehrheit) oder, sofern Enthaltungen zugelassen sind oder mehr als zwei Alternativen zur Wahl stehen, die meisten Stimmen erhält (relative Mehrheit). In der Neuen Politischen Ökonomik hat man auch versucht, optimale Mehrheiten auf der Basis individueller Kosten-Nutzen-Kal- küle zu bestimmen, kommt dabei allerdings zu unterschiedlichen Aussagen. So kann je nachdem, wie das aus strategischem Verhalten bestimmter Individuen resultierende Risiko für den einzelnen berücksichtigt wird, die einfache Mehrheitsregel oder irgendein anderer Mehrheitsgrad optimal sein. Die Abstimmung nach der einfachen Mehrheit hat den Vorteil, für den Wähler unmittelbar "einsichtig" zu sein; sie weist jedoch auch erhebliche Nachteile auf: So werden Intensitätsunterschiede der Präferenzen bezüglich der Alternativen nicht berücksichtigt, ist strategisches Verhalten möglich, können Inkonsistenzen (Arrow-Paradoxon) nicht ausgeschlossen werden, sind die Ergebnisse i.d.R. nicht Pareto-optimal. Um diesen Schwächen der Mehrheitsregel zumindest teilweise zu entgehen, sind von der Wissenschaft schon frühzeitig Abstimmungsverfahren entwickelt worden, welche die Äusserung von Präferenzintensitäten ermöglichen (Rangsummen- und Punktwahlverfahren). Literatur: Frey, B. S., Theorie demokratischer Wirtschaftspolitik, München 1981, S. 129 ff.
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