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Produktivgenossenschaft

—Genossenschaft, die Gegenstände und Dienstleistungen auf gemeinschaftliche Rechnung herstellt und vertreibt (§ 1, 1 Nr. 4 GenG). Es besteht Identität von Mitgliedern und Arbeitnehmern; die Genossenschaft dient den Mitgliedern als Erwerbsquelle. Diese Form der Genossenschaft hat bei uns, im Gegensatz zur Förderungsgenossenschaft, kaum Bedeutung erlangt.

Als - Genossen­schaften bezeichnet man Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäfts­betriebs bezwecken.
Historisch entwickelte sich die Idee der Produk­tivgenossenschaften als eine Utopie der französi­schen Frühsozialisten Buchez und Blanc, die je­doch erst wirtschaftliche Bedeutung durch eine Reihe von Experimenten mit produktivgenossen­schaftlichem Charakter erlangte. 1831 entstand in Paris die erste Tischler-Produktivgenossen­schaft. In Deutschland setzte sich vor allem der
Liberale          Hermann Schulze-Delitzsch  (1808-1883) für ein genossenschaftliches Sy­stem ein. Der Sozialist Ferdinand Lassalle beton­te die Bedeutung, die das - Identitätsprinzip bei Produktivgenossenschaft hat, d.h. die Arbeiter in einem Betrieb sind dessen Eigentümer und um­gekehrt die Eigentümer gleichzeitig auch die Ar­beiter. Kapital und Arbeit sind damit in einer Per­son vereint. Es besteht Rollenidentität.
Während für andere - Unternehmen die Kapi­talverwertung im Vordergrund steht, gilt für Pro­duktivgenossenschaften das Förderungsprinzip, d.h. ausschlaggebend sind die Bedürfnisse und Interessen der dort arbeitenden Genossen. Men­schengerechte Arbeitsbedingungen, sinnvolle Arbeitsinhalte sowie solidarische Interaktionsfor­men haben einen übergeordneten Stellenwert. Seine spezielle Ausformung erhält das Förde­rungsprinzip durch das Demokratiepostulat. In­dem jedes Genossenschaftsmitglied unabhängig von der Höhe seiner Kapitaleinlage, nur eine Stimme hat, sind die Chancen, individuelle Bedürfnisse einzubringen, gleich verteilt.
Ein kritischer theoretischer Beitrag über Produk­tivgenossenschaften kam von dem Soziologen Franz Oppenheimer in seiner Schrift “Die Sied­lungsgenossenschaft” (1896). Darin formulierte er sein Transformationsgesetz, das besagt, Pro­duktivgenossenschaften könnten auf Dauer nicht existieren. Sie müßten entweder scheitern oder sich zu “normalen” Unternehmen umwandeln. Auf betrieblicher Ebene erklärt er dies über den Mangel an Kapital, Absatz und Disziplin. Auf ge­samtwirtschaftlicher Ebene betont er, dass Pro­duktivgenossenschaften als sogenannte Ver­käufergenossenschaften mit anderen Betrieben im Wettbewerb stehen. Sie unterliegen damit letztlich dem Zwang, gegen andere Verkäuferge­nossenschaften, die auf dem gleichen Markt anbieten, zur Sicherung der eigenen Existenz zu konkurrieren. Da sie jedoch das bestehende Wirtschaftssystem nicht aufheben können, bleibt ihnen nur übrig, sich ihm anzupassen. Dies ge­schieht z.B. durch Anstellung von Lohnarbeitern, die nicht als vollwertige Mitglieder in die Genos­senschaft aufgenommen werden. Dadurch erhalten Produktivgenossenschaften die Möglichkeit, bei Absatzschwierigkeiten Arbeiter zu entlassen. Ihre Nichtbeteiligung am Gewinn verbessert die Möglichkeit einer existenzabsichernden Kapita­lakkumulation. Aufgrund dieses Zwangs zur Transformation sind Produktivgenossenschaften zur Lösung der sozialen Frage, also für die ihnen ursprünglich zugedachte Aufgabe, ungeeignet.
Ihren Höhepunkt erreichte die Produktivgenos­senschaftsbewegung in den frühen 1920er Jahren. Laut offiziellen Zahlen der Genossenschafts­verbände gab es damals in Deutschland unge­fähr 500 Produktivgenossenschaften. Inoffizielle Statistiken nannten sogar 1159 Betriebe dieser Art allein im gewerblichen Bereich.

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