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Diagnose und Prognose

bilden entscheidende Grundlagen der Politikberatung. Diagnose bedeutet Feststellung und Erklärung der zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschenden wirtschaftlichen Lage. Die Prognose (und die Projektion) ist eine Aussage über die unbestimmte, einschätzbare Zukunft auf der Basis der gegebenen Lage. Die Diagnose ist damit »Ortsbestimmung der Gegenwartssituation« in einem geschichtlichen Prozeß, dessen weitere Entwicklung durch die Prognose beschrieben wird. Dabei kommen der Diagnose (Erklärung) wie der Prognose zwei Funktionen zu: Sie dienen der Prüfung von Theorien und sind Grundlage der Wirtschaftspolitik. Vom logischen Aufbau her gesehen sind Erklärung und Prognose äquivalent (Symmetriethese). Wie die Erklärung besteht die Prognose in der Deduktion einer singulären Aussage (über raumzeitlich bestimmte Tatbestände) aus nomologischen Hypothesen (allg. Gesetzen oder Theorien) und Anwendungsbedingungen (die sich aus Anfangs- und Randbedingungen zusammensetzen). Unterschiede ergeben sich erstens daraus, dass verschiedene Arten von Aussagen vorgegeben sind. Bei der Erklärung ist die singuläre Aussage gegeben; gesucht werden Hypothesen und Anwendungsbedingungen, aus denen sie sich ableiten läßt. Bei der Informationsprognose (Welche Folgen treten ein, wenn bestimmte Bedingungen bereits verwirklicht sind?) sind Anwendungsbedingungen und Hypothesen gegeben; gesucht wird die noch unbekannte logische Folge. Bei der Entscheidungsprognose (Es treten bestimmte gewünschte Folgen ein, sofern bestimmte, bisher nicht verwirklichte Maßnahmen ergriffen werden.) sind Hypothesen gegeben; gesucht werden bestimmte Anwendungsbedingungen, aus denen sich (zusammen mit den Hypothesen) die gewünschte, auf die Zukunft gerichtete singuläre Aussage ableiten läßt. Ein zweiter Unterschied ergibt sich daraus, dass die Erklärung auf einen vergangenen, die Prognose auf einen künftigen Tatbestand bezogen ist. Der behaupteten logischen Äquivalenz wegen kann die Erklärung auch als »nachträgliche Vorhersage« (Retrognose) charakterisiert werden. Während von einer praktischen Seite aus gesehen Diagnose und Prognose häufig miteinander verbunden sind (wegen der zeitlichen Verzögerung zwischen Lagebeobachtung und Entscheidung; bei zyklischen Prozessen u.a.), wurden gegen die Symmetriethese neuerdings wissenschaftstheoretische Argumente vorgebracht, die hier nicht diskutiert werden können. Es gilt, dass (nomologisch-deduktive) Prognosen nicht sicher, sondern nur wahrscheinlich, und dass sie nur konditional sind. Eine unbedingte Vorhersage kann nur gegeben werden, wenn zugleich eine Prognose der (künftigen) Randbedingungen (bei gegebenen Anfangsbedingungen) erfolgt. In den Sozialwissenschaften stößt die Prognose noch auf eine andere Grenze, die darin liegt, dass die Prognose selbst zu einem Bestimmungsfaktor des Prozesses wird, den sie im voraus ermitteln soll. Danach unterscheidet man die selbstrechtfertigende bzw. selbstzerstörende Prognose, je nach den Handlungen, die durch sie ausgelöst werden (gleichlaufende bzw. entgegengesetzte). Dem kann man dadurch begegnen, dass man die Prognose nicht veröffentlicht oder die Randbedingungen angibt, die sich hier insbes. auf das Verhalten der betroffenen Öffentlichkeit beziehen. Man könnte auch versuchen, die Rückwirkungen der Prognoseveröffentlichung selbst zu prognostizieren (Metaprognose), was voraussetzt, dass die prognostizierte - Variable Grenzwerte besitzt und die Verhaltensanpassung kontinuierlich verläuft. Der Ankündigungseffekt offenbart auch ein manipulatives Element der Prognose (Zweckprognose, intentionale Prognose). Literatur: Rothschild, K.W. (1969).

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