ist das Verhalten von privaten Haushalten und (natürlichen) Personen im Zusammenhang mit dem Kauf und Konsum von Waren und Dienstleistungen. Das Käuferverhalten bildet zusammen mit dem organisationa- len Beschaffungsverhalten von Unternehmen und nicht erwerbswirtschaftlichen Institutionen sowie der Beschaffung im Handel die Nachfrageseite einer Marktwirtschaft. Erkenntnisse über das Käuferverhalten sind damit für den Staat und für die Unternehmen von großer Wichtigkeit. Der Staat und seine Institutionen benötigen sie als Grundlage für die Wirtschafts- und Sozialpolitik, insb. für die Verbraucherpolitik, die Unternehmen brauchen sie für die Planung, Organisation und Kontrolle des Marketing. Das Studium des Käuferverhaltens hat einen festen Platz in den Wirtschaftswissenschaften und wird darüber hinaus in Disziplinen wie Soziologie, Psychologie und Haushaltswissenschaft gepflegt. Darüber hinaus werden von wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstituten und von der amtlichen Statistik regelmäßig Daten über das Käuferverhalten erhoben, z. B. über Einkommen, Konsum und Sparen (Haushalt). Schließlich geben viele Unternehmen erhebliche Summen für Marktforschung aus, um Informationen über ihre (potentiellen) Kunden zu bekommen. Das Ziel der Erforschung des Käuferverhaltens ist letztlich die Erklärung, Prognose und Beeinflussung von Kaufentscheidungen. Eine Kaufentscheidung setzt sich aus mehreren Teilentscheidungen zusammen. Jeder Kauf beinhaltet faktisch eine Entscheidung über die Budgetaufteilung, über die Ein- kaufsstättenwahl, über die Wahl der Marke (Markenwahlentscheidungen) und über die Festlegung des Kaufzeitpunkts (Einkaufsverhalten). Bei der Budgetaufteilung geht es um Dispositionen wie Sparen , Kreditaufnahme und Konsumieren und um die Höhe der Teilbudgets für die einzelnen Lebensbereiche wie Ernährung oder Freizeit. Diese Fragen sind nicht nur für Banken und Kreditkartenanbieter, sondern auch für die strategische Marketingplanung vieler anderer Unternehmen von großer Bedeutung. Die Wahl der Einkaufsstätte betrifft v. a. das Handelsmarketing, kann aber auch mittelbar den Markterfolg eines Anbieters bestimmen. Die Wahl des Kaufzeitpunkts kann für den Hersteller im Hinblick auf Saisoneffekte oder Ersatzbeschaffungszyklen bedeutsam sein. Bei der Markenwanl schließlich geht es um die Entscheidung des Käufers für eine von mehreren Marken einer Produktgruppe (oder auch um die Wahl von Typen, Varianten, Modellen). Die Theorien des Käuferverhaltens lassen sich zwei großen Bereichen zuordnen, die wenig Gemeinsamkeiten aufweisen. Die Volkswirtschaftslehre hat eher analytischnormative Theorien des Käuferverhaltens geschaffen, die die optimale Allokation eines gegebenen Einkommens für Konsumzwecke zu bestimmen suchen. In der traditionellen mikroökonomischen Haushaltstheorie geht es dabei um nutzenmaximale Gütermengen, in der „neuen Nachfragetheorie“ von Kelvin Lancaster kommt es dem Haushalt auf eine optimale Kombination von Gütereigenschaften an. Die Theorie der Haushaltsproduktion von Gary Becker berücksichtigt schließlich, dass der Haushalt die am Markt gekauften Güter unter Verwendung von Know How und Zeit „weiterverarbeitet“, um „elementare Güter“ wie „Freizeitgenuß“ oder „gesunde Ernährung“ zu produzieren. Allen ökonomisch orientierten Theorien des Käuferverhaltens ist gemeinsam, dass sie die Kaufentscheidung als Problem der Budgetaufteilung, als Disposition über knappe Ressourcen - Einkommen und/oder Zeit-ansehen. In der Betriebswirtschaftslehre wird das Käuferverhalten im Hinblick auf die Erfordernisse des Marketing eher anwendungsbezogen und mit einem größeren Pluralismus der Forschungsansätze untersucht. Für diese in den sechziger Jahren entstandene Forschungsrichtung scheint sich die Bezeichnung Konsumentenforschung durchzusetzen. Sie ist explikativ, empirisch und interdisziplinär ausgerichtet. Explikativ und empirisch heißt, dass sie das Käuferverhalten so betrachten und erklären will, wie es ist, und dass sie ihre Erklärungen an der Realität prüft. Interdisziplinär ist die Konsumentenforschung deswegen, weil sie außer ökonomischen Erklärungsmustern auch Theorien, Hypothesen und Methoden der Psychologie, der Soziologie, der Sozialpsychologie und anderer Verhaltenswissenschaften heranzieht. Gleichzeitig tritt der Aspekt der Budgetaufteilung in den Hintergrund, die Kaufentscheidung wird primär als eine Entscheidung für eine von mehreren Marken oder Varianten eines Produktes angesehen. Die Forschungkonzeption der Konsumentenforschung orientiert sich am sog. S-I-R- Modell des Neobehaviorismus (z.T. auch S-O-R-Modell mit O für „Organismus“; Behaviorismus). Der Kauf eines Produktes wird als Reaktion (R) auf einen Stimulus (S), z. B. auf einen Werbeappell oder eine Produktpräsentation, aufgefaßt. Es ist aber keine unmittelbare und eindeutige Reaktion. Sie hängt vielmehr von “intervenierenden Variablen“ ab (I). Das sind nicht beobachtbare Zustände und Vorgänge im Organismus, die zwischen die beobachtbaren Außenreize und Reaktionen treten und diese erklären. In Anlehnung an Werner Kroeber-Riel lassen sich zwei Gruppen solcher Größen unterscheiden, die für das Käuferverhalten bedeutsam sind: aktivierende Prozesse und kognitive Prozesse. Erstere umfassen Emotionen, Motive (Motivation) und Einstellungen, letztere Vorgänge der Informationsverarbeitung der Konsumenten. Die intervenierenden Variablen, v. a. Einstellungen und Motive, und damit die Kaufentscheidungen der Käufer, werden durch soziale Einflüsse geformt, verstärkt oder abgeschwächt. Diese äußern sich in kulturellen (Kultur) und schichtspezifischen (soziale Schicht) Prägungen des Käuferverhaltens, in der Orientierung des Individuums an sozialen Normen und Bezugsgruppen sowie in seiner Abhängigkeit von den sozialen Gruppen, denen es angehört, und von den sozialen Rollen, denen es gerecht zu werden versucht. Die sozialen Prägungen des Käuferverhaltens werden durch Massenkommunikation und durch persönliche Kommunikation vermittelt und im 2\'uge von Lernprozessen (Verbrauchersozialisation, Beobachtungslernen) vom einzelnen übernommen. In dem skizzierten verhaltenswissenschaftlichen Rahmen läßt sich das Käuferverhalten auf der Ebene der individuellen Kaufentscheidung (hier liegt der Schwerpunkt der Forschung), als kollektive Kaufentschei- dung, etwa innerhalb der Familie, und, auf hoch aggregierter Ebene, als Marktprozeß untersuchen. Auf der individuellen Ebene läßt sich die Kaufentscheidung durch bestimmte Merkmale charakterisieren, die Ordnung in die Komplexität und Vielfalt der realen Phänomene bringen sollen. Eine bekannte Typologie knüpft an der Höhe des Kauf risikos an, welches seinerseits von der Neuartigkeit eines Kaufs für den Konsumenten, von der Höhe des Preises, von den möglichen Folgen eines Fehlkaufs abhängt. Danach werden teure, selten gekaufte oder sonst wichtige Produkte im Zuge einer extensiven Kaufentscheidung ausgewählt, die primär kognitiv gesteuert ist. Den Gegenpol bilden geringwertige, häufig gekaufte und vertraute Produkte, für die habitualisierte Kaufentscheidungen typisch sind, die gleichsam vorprogrammiert sind. Eine dritte Kategorie, die limitierten Kaufentscheidungen, nehmen in dieser H insicht eine Mittelstellung ein. Bei impulsiven Kaufentscheidungen dominieren dagegen aktivierende Prozesse, solche Käufe sind spontane Reaktionen auf situative Stimuli des PoP (Point of Purchase).
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