1. Was ist Motivation? Motivation (lateinisch movere = bewegen) bezeichnet die Beweggründe des Handelns. Motivation verleiht dem Handeln Richtung, Stärke und Ausdauer im Hinblick auf die Befriedigung von Bedürfnissen. Motivation ist eine der beiden Determinanten des in der Person liegenden Leistungsverhaltens, dem Wollen. Die zweite Determinante ist das Können, d.h. Wissen und Fertigkeiten. Beide Determinanten wirken zusammen, wenn es um die spezielle Motivation zur Generierung von Wissen und Fertigkeiten geht. Das Leistungsverhalten ist neben den in der Person liegenden auch von situativen Determinanten abhängig, vor allem von Arbeitsbedingungen und Anreizsystemen. Managing Motivation beschäftigt sich mit der bewussten Gestaltung der situativen Determinanten der Motivation (lateinisch manum agere = an der Hand führen).
2. Arten der Motivation Im Hinblick auf die Gestaltung von Anreizsystemen ist es sinnvoll, zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation zu unterscheiden. Extrinsische Motivation ist auf von ausserhalb der Person kommende Anreize gerichtet (Belohnung oder Bestrafung). Diese ermöglichen eine mittelbare Bedürfnisbefriedigung, vor allem durch Geld. Für Geld kann man sich dann das kaufen, was der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung dient, z.B. Essen, Kleidung, Freizeitgestaltungsmöglichkeiten etc. Intrinsische Motivation ist auf die unmittelbare, nicht-instrumentelle Bedürfnisbefriedigung gerichtet, d.h. auf Aktivitäten, die um ihrer selbst willen ausgeführt werden. Die unmittelbaren Bedürfnisse können idealtypisch gegliedert werden in Spass all der Arbeit (“Flow”-Erlebnis) und die Erfüllung von verinnerlichten sozialen Normen, beispielsweise Reziprozität und Altruismus.
3. Das Management extrinsischer Motivation Mit der Gestaltung der Anreizsysteme für extrinsische Motivation hat sich vor allem die Personalökonomik befasst. Sie betrachtet die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern als PrinzipalAgenten-Beziehung. In diesem Modell sind die wichtigsten Anreize direkt oder indirekt auf monetäre Entlohnung gerichtet. Diese können verschiedene Formen annehmen. · Direkte monetäre Anreize in Form von individuellen Akkordlöhnen aufgrund objektiv messbarer Leistungsergebnisse sind nach wie vor relevant, verlieren jedoch an Bedeutung. Die variablen monetären Anreize aufgrund von subjektiver Leistungsbeurteilung haben hingegen stark zugenommen. Der Grund liegt zum ersten in der wachsenden Bedeutung von wissensintensiver Teamarbeit. Dabei entstehen Synergien, die den einzelnen Team-Mitgliedern schlecht zugerechnet werden können. Zum zweiten können die Leistungsergebnisse einzelner Arbeitnehmer häufig nur schlecht erfasst und quantifiziert werden. Das ist dann der Fall, wenn sie mehrdimensional sind oder nicht zeitnah beobachtet werden können. In diesem Fall tritt das sog. „Multi-task”-Problem auf: Bei mehrdimensionalen Aufgaben, deren verschiedene Ergebnis-Dimensionen objektiv nicht gleich gut beobachtbar und zurechenbar sind, werden bei der Entlohnung nach objektiv messbaren Kriterien meist nur wenige, leicht messbare Dimensionen berücksichtigt. Neuartige, langfristig wirkende und unterstützende Tätigkeiten, die in der Regel schwer messbar sind, werden unter diesen Bedingungen von extrinsisch Motivierten nicht geleistet. Es tritt in beiden Fällen die subjektive Leistungsbeurteilung in den Vordergrund. Diese will mehrdimensionale Leistungen in ihrer Gesamtwirkung beurteilen, indem sie neben Ergebnissen auch die Angemessenheit von angewendeten Verfahren berücksichtigt. Auch die Generierung von Wissen und Fertigkeiten, die sich erst in zukünftigen Ergebnissen niederschlägt, kann dabei berücksichtigt werden. Nachteilig sind die Gefahr der subjektiven Verzerrung bei der Leistungsbeurteilung und das mögliche strategische Verhalten der Beteiligten. · Indirekte monetäre Anreize bestehen vor allem im Versprechen langfristiger Arbeitsverhältnisse, in Senioritätsregeln und in relativen Leistungsanreizen. Langfristige Arbeitsverhältnisse, verbunden mit Senioritätsregeln begünstigen die Motivation zum Erwerb firmenspezifischen Wissens und firmenspezifischer Fertigkeiten. Diese gelten heute als wichtigste Grundlage nachhaltiger, schwer imitierbarer Wettbewerbsvorteile von Unternehmen. Relative Leistungsanreize, insbesondere Leistungsturniere, wollen die Aufstiegsmotivation fördern. Ihr Nachteil besteht jedoch in ihrer Anfälligkeit für gegenseitige Sabotage- und Mobbing-Aktivitäten von Turnierteilnehmern.
4. Das Management intrinsischer Motivation Die Existenz intrinsischer Motivation wurde empirisch in zahlreichen Labor- und Feldexperimenten nachgewiesen. Sie zeigen, dass Individuen in ihrer Arbeit zu einem hohen Prozentsatz durch Spass an der Tätigkeit und durch das Streben nach Einhaltung von verinnerlichten Normen motiviert sind. Sie zeigen auch, dass das Ausmass intrinsischer Motivation keine konstante Persönlichkeitseigenschaft ist, sondern durch Arbeitsbedingungen und Anreizsysteme beeinflusst werden kann. Dies ist in den letzten Jahren besonders aktuell geworden, weil angesichts der Bedeutungszunahme wissensintensiver Produktion und Dienstleistung die Anwendung direkter und indirekter monetärer Anreizsysteme unvorteilhafter geworden ist. Die Beeinflussungsmöglichkeiten lassen sich zu drei Faktoren zusammenfassen: Autonomie, Kompetenzerleben und soziale Zugehörigkeit. Mit deren Gestaltung hat sich besonders die Sozialpsychologie sowie neuerdings die psychologische Ökonomik befasst. Autonomie wird gefördert durch Freiwilligkeit, Empowerment und Partizipation. Die Freiwilligkeit wird erleichtert, wenn der Aufgabeninhalt an die Neigungen angepasst wird. Kompetenzerleben wird gestärkt durch herausfordernde Arbeitsinhalte und Rückkopplungen, die nicht als kontrollierend, sondern als unterstützend erlebt werden und die es ermöglichen, die Arbeitsprozesse zu verstehen. Zahlreiche Feld- und Laboruntersuchungen zeigen, welche Massnahmen die soziale Zugehörigkeit verstärken. Es sind dies vor allem die Möglichkeit zu persönlichen Kontakten und Instruktionen über sozial angemessenes Verhalten, die nicht als manipulierend, sondern als wohlwollend erlebt werden. Zusätzlich ist bedeutsam, dass durch Kontextinformationen solche kognitiven Skripts aktiviert werden, welche auf sozialen Zusammenhalt gerichtet sind. Beispiel wäre die Aktivierung eines Kooperations- statt eines Wettbewerbsskripts. Weiter hat sich gezeigt, dass distributive und prozedurale Fairness eine wichtige Voraussetzung für soziale Zugehörigkeit darstellen. Auch in diesem Fall stellen sich positive Wirkungen nur ein, wenn die Massnahmen nicht als instrumentell, sondern ihrerseits als intrinsisch motiviert wahrgenommen werden.
5. Das Management der Wechselwirkung von intrinsischer und extrinsischer Motivation Massnahmen, welche die extrinsische Motivation fördern, können die intrinsische Motivation verstärken oder verdrängen. Sie können deshalb nicht bloss additiv angewendet werden, vielmehr ist auf die Interaktion zu achten. Ein Verstärkungseffekt tritt dann auf, wenn von Aussen kommende Anreize zugleich mit Informationen verknüpft sind, welche das Kompetenzerleben und die soziale Zugehörigkeit fördern. Dies wird üblicherweise im Sozialisationsprozess angestrebt, kann aber auch Eingang in die Personalentwicklung und die Leistungsbeurteilung finden. Ein Verdrängungseffekt tritt auf, wenn eine intrinsische Motivation (z.B. Spass an der Arbeit oder soziales Engagement) vorhanden ist und Kontrollen, Belohnungen und Bestrafungen als Einschränkung der Autonomie empfunden werden. Aus diesem Grund können variable monetäre Anreize zu „verborgenen Kosten der Entlohnung” führen, welchen dem Preiseffekt entgegenwirken und leistungsmindernd wirken. Dies ist besonders zu beachten, wenn Leistungen schlecht beobachtbar und zurechenbar sind. Will man den Verdrängungseffekt vermeiden, ist eine fixe, den Grundsätzen der Fairness entsprechende Entlohnung vorzuziehen. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe Corporate Citizenship, Corporate Governance, Interkulturelles Management, Lohn- und Gehaltsmodelle, Management by Objectives, Personalauswahl, Grundlagen, Personalauswahl, Instrumente, Personalentwicklung, Personalführung, Personalmanagement, Grundlagen, Personalmanagement, Internationales, Unternehmensethik, Unternehmensführung, Grundlagen.
Literatur: Backes-Gellner, U., Lazear, E.P., Wolff, B.: Personalökonomik — Fortgeschrittene Anwendungen für das Management, Stuttgart 2000; Deci, E.L., Ryan, R.M.: The „What” and „Why” of Goal Pursuits: Human Needs and the Self-Determination of Behavior, in: Psychological Inquiry (2001), Vol.11, Nr. 4, S. 227-268; Frey, B.S.: Markt und Motivation. Wie ökonomische Anreize die (Arbeits-) Moral verdrängen, München 1997; Frey, B.S., Osterloh, M. (Hrsg.): Managing Motivation. 2. Auflage, Wiesbaden 2002; Frey, B.S., Osterloh, M.: Yes, managers should be paid like bureaucrats, in: Journal of Management Inquiry (1995), Vol. 14, Nr. 1, S. 96-111; Frost, J.: Märkte in Unternehmen. Organisatorische Steuerung und Theorien der Firma, Wiesbaden 2005; Gibbons, R.: „Incentives in Organizations”, in: The Journal of Economic Perspectives (1998), Vol. 12, Nr. 4, S. 115-132; Heckhausen, H., Motivation und Handeln, 2. Aufl., Berlin u.a. 1989; Latham, G.P., Almost, J., Mann, S., Moore, C.: New Development in Performance Management, in: Organizational Dynamics (2005), Vol. 34, Nr. 1, S. 77-87; Lindenberg, S.: Intrinsic Motivation in a new light, in: Kyklos, Vol. 54, S. 317-342; Nerdinger, F.W.: Motivation und Handeln in Organisationen. Eine Einführung. Stuttgart, Berlin, Köln 1995; Osterloh, M.: Human Resources Management and Knowledge Creation, in: Nonaka, I./Kazuo, I. (Hrsg.): Handbook of Knowledge Creation, Oxford University Press (im Druck); Osterloh, M., Frey, B.S.: Motivation, Knowledge Transfer, and Organizational Forms, in: Organization Science, Vol. 11, Nr. 5, S. 538-550; Osterloh, M., Weibel, A.: Vertrauensmanagement im Unternehmen, in: Piwinger, M., Zerfass, A. (Hrsg.): Handbuch Unternehmenskommunikation, Wiesbaden (im Druck); Prendergast, C.: The Provision of Incentives in Firms, in: Journal of Economic Literature (1999),Vol. 37, (Manch), S. 7-63, Sadowski, D.: Personalökonomie und Arbeitspolitik, Stuttgart 2002. Internetadressen: http://www.psych.rochester.edu/SDT; http://www.fairness-stiftung.de/ http://www. psych.nyu.eduityler/lab/
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