Messen und Ausstellungen haben sich auf Grund der unbefriedigten Bedürfnisse nach persönlicher Kommunikation zu einem eigenständigen Instrument im Kommunikations-Mix der Marketing-Konzeption von U nternehmen entwickelt. Im Investitionsgüterbereich stellen sie ein grundlegendes Mittel zur Beeinflussung von Kaufentscheidungen dar und beanspruchen hohe Anteile des Werbebudgets, so z. B. im Maschinenbau ca. 35 %, in der Elektrotechnik etwa 20 %. Im Konsumgüterbereich, in dem es besonders wichtig ist, alle Marketing-Mittel gleichermaßen einzusetzen, um Marktanteile zu erzielen, bilden sie eine Ergänzung zu den anderen Mitteln der Kommunikationspolitik, auf die sie verstärkend und kumulierend wirken. Darüber hinaus geben Messen den Unternehmen die Möglichkeit, Informationen über die Konkurrenz, die Branche, ausstellerinterne Sachverhalte und die weitere Umwelt des Ausstellers einzuholen und dadurch aktiv und flexibel auf Marktänderungen zu reagieren (Konkurrenzforschung). Messen sind ein vergleichsweise preisgünstiges Marketing-Instrument. Die Gesamtkosten einer Messeteilnahme können je nach Branche und Art der Messe mit der überschlägigen Formel „Standmiete mal Faktor 5 bis 12“ (Roth, G. D., 1981) angesetzt werden, wobei die Standmieten für einen Reihenstand zwischen 100 und 300 EUR pro qm variieren (z.B. Internationale Funkausstellung Berlin 1989:163,90 EUR/ qm Halle/ Reihenstand). Damit geben sie auch kleinen und mittleren Firmen die Möglichkeit, in einem größerenRahmen kommunikationspolitisch in Erscheinung zu treten.
Für diese, wie auchfürgrößereUnternehmen stellt sich die Frage nach der Wahl der für das Unternehmen richtigen Veranstaltung. Am Ausgangspunkt dieser Überlegung müssen die potentiellen Konsumenten oder Mittler stehen, die eine Messe oder Ausstellung besuchen. Aus der Vielzahl der vorhandenen Veranstaltungen- allein für den Bereich Elektrotechnik/Elektronikgab es 1990 drei nationale Messen und sieben regionale Fachmessen - muss die Unternehmung diejenigen herausfinden, auf denen sie glaubt, ihre Zielgruppe anzutreffen. Hilfen hierzu geben die örtliche Industrie- und Handelskammer, übergeordnete Verbände, die Messe- und Ausstellungsgesellschaften als Veranstalter und als besonders wichtige Anlaufstelle der Ausstellungsund Messeausschuß der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA), der Veranstaltungskalender mit Steckbriefen über alle wichtigen in- und ausländischen Messen herausgibt. Auf dieser Grundlage sind mehrere Veranstaltungen in Betracht zu ziehen, die nach Leistungen, wie z.B. Besucherzahlen, Ausstattung des Geländes (Halle oder Freigelände), Organisationshilfen beim Auf- und Abbau, Lagermögüchkeiten, ausreichende Parkmöglichkeiten, gastronomische Einrichtungen und Rahmenveranstaltungen (Kongresse, Vorträge), nach Kosten, wie z.B. Standkosten, Personalkosten und Transportkosten, nach dem gegebenen Zeitpunkt - in vielen Konsumgüterzweigen ist der saisonale Verkauf zu berücksichtigen (Internationale Modemesse, Sportmesse) - und auf Kongruenz der Messegegebenheiten und Durchführungsmöglichkeiten mit dem Marketing-Konzept des Unternehmens analysiert werden müssen. Der Auswahl der richtigen Veranstaltung schließt sich die Mitarbeiterauswahl an, die einen ebenso hohen Stellenwert einnimmt, da diese auf Messen die unmittelbaren Repräsentanten des Unternehmens darstellen. Die Ernennung eines „Messe-Managers“ schafft eine eindeutige Verantwortlichkeit und gewährleistet den Erfolg der Planungs- und Vorbereitungsmaßnahmen. Die Mitarbeiter kommen vorwiegend aus der Marketing- Abteilung des Unternehmens, zusätzlich empfiehlt sich die Teilnahme eines hochqua- lifiziertenSpezialisten. Dieser Mitarbeiterstab erarbeitet gemeinsam die Messeziele, die von der Marketing-Strategie des Unternehmens abhängen und setzt die vorbereitenden Maßnahmen der Messewerbung, der Auswahl des Messeprodukt- programms und der Konzeption des Messestandes um. Messeziele können ökonomischer oder psychographischer Art sein. Ökonomische Ziele sind in der Regel meist Absatzziele, wie z. B. Absatzmenge, Umsatz und Marktanteil, können jedoch auch Beschaffungsziele (Beschaffungsmarketing) sein. Dabei dominieren auf Messen nicht die eigentlichen Geschäftsabschlüsse, sondern sogenannte kommunikative Inhalte wie z. B. - Gespräche zur Anbahnung von Geschäftsbeziehungen - Vorbereitungen von Geschäftsabschlüssen und - Informationsaustausch (vgl. Abb.). Psychographische Ziele verlangen nach einer kognitiv-emotionalen Auseinandersetzung mit dem Messestand, den Produkten und dem Unternehmen. Hierbei sollten erst momentane Reaktionen, wie z. B. Aufmerksamkeit, Aktivierung und Spontanbesuch, dann mittelfristige Reaktionen, wie z. B. Bekanntmachen, Auseinandersetzung, Akzeptanz und Spontankauf und letztendlich dauerhafte Gedächtnisreaktionen ausgelöst werden. Diese weisen eine zeitliche Stabilität auf, was für ein späteres Kaufverhalten prägend bzw. maßgeblich ist und bei erneuter Reizwahrnehmung weitere momentane Reaktionen auslösen kann. Durch diese kognitiven Prozesse lassen sich gerade auf Messen bei Einzelpersonen Einstellungen formen , die in der Personengesamtheit ein positives Image im Sinne des Ausstellers auslösen. Da Einstellungen und Images sowohl das Kaufverhalten, als auch das Ansehen des Unternehmens in der Gesellschaft maßgeblich beeinflussen, werden sie oft als zentrale Zielinhalte propagiert. In engem Zusammenhang mit Messezielen stehen die Aktivitäten, sie zu erreichen. Messewerbung hat den Zweck, bereits vorhandene Kunden und Geschäftspartner auf die eigene Teilnahme an einer bestimmten Veranstaltung aufmerksam zu machen und sie dadurch zu erneuten Kontakten zu aktivieren. Dies kann durch persönliche Einladungen, durch Anzeigen in Fachzeitschriften, im Messekatalog oder durch Kopplung z. B. mitNeuproduktvorstellungen in Serienbriefen geschehen, wodurch schon im Vorfeld der erste Schritt zu einer erfolgreichen Kundenpflege vollzogen wird. Für die Auswahl des Messeproduktprogramms empfiehlt sich eine ausgewogene Mischung aus Star- und Neuprodukten. Starprodukte implizieren eine Identifikation des Kunden mit dem Produkt, die sich unter geeigneten Voraussetzungen auf das Unternehmen übertragen kann. Dieser Vorgang ebnet den Weg für Neuprodukte, die das Interesse des Kunden wecken und seine Neugier ansprechen. Eng verbunden mit der Produktauswahl ist die Produktvorstellungsform, die vom Aufbau des Standes abhängt. Die Verknüpfung dieser Elemente muss in eine Erlebniswelt einladen, die die Sinne des Kunden sowohl stimuliert als auch nachhaltig befriedigt (Erlebnis-Marketing). Dazu trägt ein phantasievoller, kreativer Standaufbau ebenso bei wie Werbeaktionen und Verkaufsförderungsaktionen (z.B. Gewinnspiel, Produktproben, Werbeprospekte), Produkt- wertigkeitstests (die Produkte werden Höchstbelastungen ausgesetzt, wie z. B. eine Uhr bei hohem Druck im Wasserglas), Produktdemonstrationen (die qualitativen Vorzüge des Produktes werden aufgezeigt) und Seminare, die den Fach- und Sachverstand des zumeist hochinteressierten aber fachunkundigen Publikums anregen und Händlern die Problemlösungsstrategien der Produkte/Branche aufzeigen (Verkaufsgespräch). Dabei müssen auf Messen alle anderen Marketing-Instrumente im Dienste des Produktes und des persönlichen, den Menschen in den Mittelpunkt stellenden Informationsaustausches stehen. Der Erfolg einer Messe, der an den vorgegebenen Zielen durch den Zielerreichungsgrad gemessen wird, kann oft erst lange nach Messeschluß festgestellt werden. Im zeitlich definierten Nachmessegeschäft werden die während der Messe ermittelten Daten über die Zahl der Standbesucher, die Anzahl „alter“ Kunden, die Zahl der Interessierten und die Zahl der Verkaufsgespräche ausgewertet. Mit ihrer Hilfe werden potentielle Käufer ermittelt, die unter Einsatz weiterer Maßnahmen der Kommunikationspolitik zu konkreten Geschäftsabschlüssen zu bewegen sind. Die tatsächliche Anzahl von Geschäftsabschlüssen am Ende des Nachmessegeschäfts kann dann dem Messeaufwand gegenübergestellt werden, und unter Hinzunahme des Informationsnutzens können Aussagen darüber gemacht werden, inwieweit die Messebeteiligung im Sinne der Mar- keting-Ziele ein positives Ergebnis erzielt hat. Literatur :Funke, K., Messeentscheidungen: Handlungsalternativen und Informationsbedarf, Diss. Frankfurt am Main u.a. 1986.Roth, G.D., Messen und Ausstellungen verkaufswirksam planen und durchführen, Landsberg am Lech 1981. Selinski, H., Messe- und Kongressmarketing, Diss. Berlin 1983.
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