Unter "Kultur" versteht man Schöpfungen menschlichen Geistes und Ergebnisse menschlichen Handelns (Kunst, Religion, Staat, Wirtschaft, Wissenschaft, Recht, Moral) ebenso wie die menschlichen Handlungsmuster selbst. Menschliches Handeln und Denken vollziehen sich innerhalb bestimmter institutioneller (kultureller) Gegebenheiten, die selbst das (nicht immer intendierte) Ergebnis menschlichen Handelns und Denkens darstellen. Der Gesamtzusammenhang bzw. diese Wechselbeziehung kann als die kulturelle menschliche Sphäre, als der Gegenstand der Kulturwissenschaften, angesehen werden. Die Bezeichnung "Kulturwissenschaft" ist in der wissenschaftstheoretischen Diskussion sehr häufig nicht nur an den Gegenstand, sondern häufig auch an den Gebrauch einer bestimmten Methode gebunden. Von Kulturwissenschaft sprechen insb. jene, die einen methodischen Dualismus zwischen Natur- und Kulturwissenschaften zum Ausdruck bringen wollen ("Kulturalisten"). Hinter der Bezeichnung "Kulturwissenschaft" steht dabei die Auffassung, dass die Betrachtungsweisen und Methoden der Naturwissenschaften nicht auf die kulturelle menschliche Sphäre übertragbar sind. Vertreter eines Methodenmonismus im Hinblick auf die Natur- und die Kulturwissenschaften ("Naturalisten") glauben, dass die sozialen Phänome ebenso von Gesetzmässigkeiten beherrscht sind wie die Naturerscheinungen und es daher angezeigt ist, solche Gesetzmässigkeiten zu suchen und theoretisch in ähnlicher Weise zu kodifizieren, wie z. B. Isaac Newton das für die Gesetze der Mechanik in seinem System geleistet hat. "Naturalisten" meinen ferner, dass diese Gesetze in deduktiv-nomologischen Argumentationsmustern zur Erklärung und Prognose sowie zur Konstruktion von Technologien genutzt werden können. "Kulturalisten" lehnen diese Auffassung ab und propagieren prinzipiell andere Methoden und Betrachtungsweisen für die Kulturwissenschaften. Sie plädieren in unterschiedlichen Varianten für eine Methode des Verstehens. Zu den "Kulturalisten" zählen jene, die ein methodisch weitgehend unverbindliches Deuten des sozialen Gesamtzusammenhangs für zweckmässig ansehen, jene, die für die Erklärung menschlichen Handelns mit Hilfe des Rationalprinzips eintreten (z.B. Friedrich A. von Hayek, Ludwig von Mises, Karl- Raimund Popper), ferner Kontruktivisten, die menschliches Handeln in Form von mehreren Begründungsschritten rational rekonstruieren wollen (z. B. Oskar Schwemmer).
Literatur: Schwemmer, O., Theorie der rationalen Erklärung, München 1976. Stegmüller, W., Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie, Bd. II, Stuttgart 1975. Vanberg, V., Die zwei Soziologien, Individualismus und Kollektivismus in der Sozialtheorie, Tübingen 1975.
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