methodologische Sichtweise, bei der davon ausgegangen wird, dass soziale Institutionen und Prozesse mit Hilfe von Gesetzesaussagen über individuelles Verhalten erklärt werden müssen. Gemäss dieser These sind die Grundbestandteile der sozialen Welt ("Gesellschaft") Individuen, deren Handeln von ihren Neigungen und von ihrem spezifischen Situationsverständnis bestimmt wird. Das Kontrastprogramm hierzu ist der methodologische Holismus (bzw. methodologische Kollektivismus) mit dem für ihn charakteristischen Versuch, gewisse Systemgesetze (auch: Gesetze der historischen Entwicklung) zu formulieren. In der Geschichte der Sozialwissenschaften ist der methodologische Individualismus bereits relativ früh aufgetaucht. Speziell in den Wirtschaftswissenschaften hat er seit Adam Smith eine bedeutende Rolle gespielt. Grundlegend war dabei die motivationstheoretische Vorstellung vom Menschen als einem Wesen, das seine eigene Lage zu verbessern sucht. In der Gesellschaftstheorie eines Jeremy Bent- ham wurde diese Idee konsequent weiterentwickelt (Utilitarismus). In jüngster Zeit ist eine ausgesprochene Renaissance dieser Perspektive festzustellen, was interessanterweise mit Fortschritten im Bereich psychologischer (Motivations-)Theorien zusammenhängt. Wegen des Rückgriffs auf Gesetzmässigkeiten individuellen Verhaltens wird häufig auch von einem reduktionistischen Programm gesprochen. Eine derartige Bezeichnung ist unzutreffend, sofern sie den Eindruck zu erwecken sucht, dass den (gesellschaftlichen bzw. institutionellen) Rahmenbedingungen individuellen Verhaltens nicht Rechnung getragen wird. Gerade dieser aus der sozialen Realität nicht wegzudenkende Tatbestand spielt in den dem methodologischen Individualismus folgenden Ansätzen eine zentrale Rolle (verhaltenstheoretische Betriebswirt schaftslehre). Literatur: Bohnen, A., Individualismus und Gesellschaftstheorie, Tübingen 1975. Schanz, G., Grundlagen der verhaltenstheoretischen Betriebswirtschaftslehre, Tübingen 1977, S. 67 ff. Vanberg, V., Die zwei Soziologien, Tübingen 1975.
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