von der Regeltechnik auf den gesellschaftsund wirtschaftspolitischen Bereich übertragenes Steuerungskonzept, nach dem bei Abweichungen zwischen Ist- und Soll(Ziel)werten (im Gegensatz zu diskretionä- ren wirtschaftspolitischen Maßnahmen) automatisch Korrekturen eingeleitet werden (Rückkopplung). Je nachdem, in welchem Ausmass die Träger der Wirtschaftspolitik an den Einsatz bestimmter - Instrumente und an bestimmte auslösende Signale gebunden bzw. anderen Handlungszwängen mit entsprechenden Sanktionen unterworfen sind, und in welchem Umfang Gegensteuerung durch systemendogene Mechanismen erzeugt wird, kann von unvollständigem Regelmechanismus oder Automatismus gesprochen werden. Automatische Stabilisatoren sind ein selbständiger Rückkopplungsmechanismus, der nicht einmal eine Diagnose, geschweige denn ein Handeln der Träger der Wirtschaftspolitik erfordert. Formelflexibilität beseitigt die Entscheidungsverzögerung (lags) der Träger der Wirtschaftspolitik, indem sie bestimmte, im vorhinein festgelegte Maßnahmen der Wirtschaftspolitik an bestimmte auslösende Ereignisse (Zielverletzungen) knüpft. Die Bindung der Träger der Wirtschaftspolitik an Regeln, nicht bloss zur Beschleunigung der Maßnahmen, sondern auch zwecks Vermeidung des Mißbrauchs wirtschaftspolitischer Macht, ist ein altes Anliegen der Schule von Chicago (rules versus authorities) und wurde von Milton FRIEDMAN (Monetarismus) und Finn E. KYDLAND, Edward C. PRESCOTT (rules versus discretion) in die mainstream economics gebracht: Diskretionäre Maßnahmen (policy activism) destabilisierten die Erwartungen und wirkten letztlich prozyklisch; sie wären durch starre Regeln (Regeln ohne Rückkopplung), z.B. konstante Wachstumsrate der Geldmenge, zu ersetzen. Die darauf folgende Debatte arbeitete heraus, dass flexible Regeln (Regeln mit Rückkopplung) starren Regeln grundsätzlich überlegen wären, sofern die Träger der Wirtschaftspolitik einen genügend langen Zeithorizont wählen und konterkarierende Änderungen der Verhaltensweisen der Wirtschaftssubjekte vermieden werden können. Doch nicht nur deswegen wurde ein System wirklich starrer Regeln in der Realität noch nie angewendet: Es wäre außerordentlich schwer, entsprechende Regeln zu finden, die unabhängig von der Ursache der Zielverletzung die richtige Therapie erzwingen (eine starre Geldmengenregel z.B. hätte zwar bei Nachfrageinflation positiv gewirkt, nicht jedoch in der importierten Inflation der Ölkrisen. Verhaltensstabilisierende, also auf unabsehbare Zukunft festgelegte Regeln, somit eine Bindung künftiger Parlamente, kann es in einer Demokratie grundsätzlich nicht geben. Literatur: Tichy, G. (1995). Deissenberg, Ch. (1980)
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