Die Kritik an der Werbung bezieht sich auf ihre möglicherweise negativen ökonomischen, sozialen und individuellen Wirkungen. Manche Ökonomen behaupten, Werbung rufe bei ihren Adressaten den Eindruck der Verschiedenartigkeit von Angeboten hervor, die in Wirklichkeit einander sehr ähnlich sind (Produktheterogenisierung). Die auf diese Weise entstehenden Präferenzen der potentiellen Abnehmer verringere den Wettbewerb zwischen den Anbietern und erhöhe deren Marktmacht. Es entstünden unüberwindliche Markteintritts- barrieren für neue potentielle Anbieter. Monopolistische bzw. oligopolistische Marktstrukturen mit hohen Preisen und Gewinnen seien die Folge. Empirische Untersuchungen der Strukturen und der Wettbewerbsintensität in Märkten mit verschiedener Werbeaktivität der Anbieter konnten jedoch bisher den behaupteten Zusammenhang von Werbeintensität und Konzentrationsgrad bzw. Höhe der Marktein- trittsbarrieren nicht bestätigen. Ein weiteres, manchmal vorgebrachtes ökonomisches Argument gegen Werbung ist die Behauptung, Werbung verteuere die Produkte bzw. Leistungen für ihre Endabnehmer. Sie rufe zusätzliche Kosten hervor, die am Ende immer vom letzten Abnehmer in der Distributionskette zu tragen seien. Gegen diese These spricht allerdings die durch Werbung mitvcrursachte Erhöhung der Effektivität der Anstrengungen der Anbieter sowie der Markteffizienz. Die durch die Werbung erhöhte Nachfrage führt nämlich zu Lerneffekten auf Seiten der Anbieter. Ihre Entscheidungen und Maßnahmen werden dadurch effektiver. Daneben resultieren aus der ausgeweiteten Nachfrage größere Produktions- und Distributionsvolumina, die ihrerseits wieder eine Verringerung der Fix- kostenbelastung pro verkaufter Leistungseinheit nach sich ziehen. Starker Kritik sieht sich die Werbung in bezug auf ihre Informationsfunktion gegenüber. Es wird ihr vorgeworfen manchmal falsch, irreführend oder inadäquat zu sein und daher den Adressaten zu schaden. Die Gefahren der Manipulation, der irreführenden Werbung und der Schleichwerbung werden beschworen. Wenig zielführend erscheint es, solchen Argumenten das (erwiesenermaßen falsche) Wunschbild des souveränen Werbeadressaten gegenüberzustellen, der die für ihn nützlichen Werbebotschaften gezielt auswählt und anderen keine Aufmerksamkeit schenkt. Wesentlich sinnvoller ist die Erkenntnis, dass derartige Auswüchse der Werbung möglich sind und daher durch Werbeselbstkontrolle zum Gesamtwohl der Werbewirtschaft verhindert oder, wo dies notwendig erscheint, durch das Werberecht bis hin zu Werbeverboten ausgeschlossen werden müssen. Die Kritik an der Werbung in bezug auf ihre sozialen und individuellen Wirkungen betrifft vorwiegend ihren Einfluß auf die Werthaltungen und Verhaltensnormen der von ihr kontaktierten Personen. Entweder man bedauert die Verfestigung und Verbreitung bestehender Werte oder man wirft der Werbung vor, sozialen Wandel in wenig wünschenswerte Richtungen zu bewirken. Einerseits werden ethische, moralische oder gesellschaftspolitische Bedenken geäußert (Marketing-Ethik). Werbung stelle Frauen in stereotypen Rollen oder als sexuelle Objekte dar und verfestige damit ungerechtfertigte Diskriminierung. Sie schaffe ständig neue, (von manchen) unerwünschte materielle Bedürfnisse oder propagiere abzulehnende Produkte und Leistungen. Solchen Argumenten ist entgegenzuhalten, dass es eines gesellschaftlichen Konsens bedarf, welche Rollen Frauen spielen sollen und welche Bedürfnisse bzw. Produkte und Leistungen erwünscht oder unerwünscht sind. Verstößt Werbung gegen diesen Konsens, wird sie relativ rasch gesetzliche Verbote oder Beschränkungen durch Verhaltensregeln der betroffenen Teile der Wirtschaft hervorrufen. Sie ist deshalb gezwungen, sich den gesellschaftlichen Normen und deren Veränderungen anzupassen. Andererseits werden ästhetische Bedenken vorgebracht: Oftmalige Wiederholungen der gleichen Werbemittel, Werbeeinschaltungen zum falschen Zeitpunkt (z.B. Toilettenreinigerwerbung während der Essenszeit) oder fragwürdige Werbemittelgestaltung, wie z.B. Angstappelle oder Marktschreierei, werden angeprangert. Daneben bedauern manche die ihrer Meinung nach durch Werbung bewirkte Konformität des Konsumverhaltens eines großen Teils der Bevölkerung eines Landes, ja ganzer Erdteile. Abgesehen von der Tatsache, dass Geschmack eine weitgehend subjektive Frage ist, bedeutet die Kritik an den Werbemitteln und ihrer Schaltung eine ständige Herausforderung für die Werbungtreibenden, die Werbekultur den gesellschaftlichen Anforderungen lfd. anzupassen, um das für ihre Geschäftstätigkeit notwendige Niveau an Werbeakzeptanz in der Gesellschaft zu erhalten. Dem Argument der Konformitätsförderung ist zu entgegnen, dass Werbung ständig neue Produkte und Leistungen bekannt macht, die im Lauf der Jahre das Spektrum möglicher Differenzierung im Konsumverhalten wesentlich erweitert haben. Ein letzter Kritikpunkt an der Werbung betrifft den möglichen Einfluß der Werbungtreibenden auf die Gestaltung des redaktionellen Inhalts massenmedialer Werbeträger. Da deren Existenz zu einem gewichtigen Teil von Werbeeinschaltungen abhängig sei, bekämen die Werbenden auch zunehmenden Einfluß auf die anderen Inhalte. Wie Beispiele aus den USA zeigen, treffen diese Bedenken zu einem gewissen Grad auf gesponsorte Programmteile von elektronischen Medien in Privatbesitz zu. In Ländern, deren Hörfunk und Fernsehen staatlicher Kontrolle unterliegen und wo der bei weitem überwiegende Teil der Werbeeinschaltungen in speziell gekennzeichneten Werbeblöcken erfolgt, ist diese Gefahr im Verhältnis zu den vielen anderen möglichen Einflüssen auf die Programmgestaltung jedoch als gering anzusehen.
Literatur: Grunert, K. G.; Stupening, E., Werbung ihre gesellschaftliche und ökonomische Problematik, Frankfurt, New York 1981. ZAW, Werbung in Deutschland, Bonn, (jährl.). Institut für Gesellschaftspolitik (Hrsg.),
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