Marktbeherrschung
In der Wettbewerbstheorie wird Marktmacht - gleich ob als Angebots- oder als Nachfragemacht - als begrifflicher Gegenpol zum funktionsfähigen Wettbewerb angesehen. Marktmacht wird einem Mangel an funktionsfähigem Wettbewerb gleichgesetzt, wobei Maßnahmen zurUnter- bindung von funktionsfähigem Wettbewerb als Beschränkung des Wettbewerbs bezeichnet werden. So verstanden wird Marktmacht mit einem negativen Werturteil belegt. Demgegenüber wird Marktmacht in einem anderen Sprachgebrauch wertneutral, wenn nicht sogar mit positiver Bewertung definiert. Macht wird dabei als Fähigkeit gesehen, die Umwelt im Sinne eigener Zielsetzungen zu beeinflussen. Somit ist Macht eine unabdingbare Voraussetzung für wirtschaftliches Handeln. Wirtschaftliche Aktivitäten sind ohne Vorhandensein und Gebrauch von Macht gar nicht vorstellbar. I. d. S. ist Marktmacht nichts anderes als Marktgestaltungsfä- higkeit (Markt), allerdings im Rahmen eines funktionsfähigen Wettbewerbs. Das Vorhandensein übergroßer Marktmacht wird in der Wettbewerbspolitik mit dem Begriff Marktbeherrschung charakterisiert. Das GWB verwendet das Konzept der Marktbeherrschung, d. h. es sieht Gefahren für die Wettbewerbsfreiheit von Marktteilnehmern nicht erst im Monopolfall, sondern bereits dann, wenn bestimmte kritische Marktanteilswerte (50% bzw. 25%) überschritten sind (Marktbeherrschungsvermutung). Um den wettbewerbspolitischen Instanzen den N achweis marktbeherrschender Stellungen zu erleichtern, hat sich der Gesetzgeber bemüht, möglichst präzise marktstrukturelle Kriterien für das Vorliegen von Marktbeherrschung im Gesetz festzuschreiben (vgl. § 22 GWB) (Marktformenschema). Hierbei kommt es neben Marktanteilen insb. auf Finanzkraft, Zugang zu den Beschaffungsmärkten oder Absatzmärkten, Verflechtungen mit anderen Unternehmen sowie rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt an. Um einen Preismißbrauch als Folge einer marktbeherrschenden Stellung festzustellen, bedient sich das Wettbewerbsrecht der Marktpreismethode. Dabei wird der gegenwärtig auf einem Markt bestehende Preis verglichen mit einem fiktiven Preis, der sich bei wettbewerblichen Marktprozessen eingestellt hätte (Als-ob- Wettbewerb). Bei einer zu großen Differenz dieser beiden Preise wird Preismißbrauch vermutet. Das größte Problem bei der Erfassung einer herausragenden Marktstellung eines Unternehmens besteht in der sachgerechten Ermittlung von Marktanteilen, weil hierzu ein relevanter Markt definiert werden muss (Marktabgrenzung). Dabei wird die Verteilung des Marktvolumens auf die einzelnen Anbieter in Form von Marktanteilsquoten als Marktaufteilung bezeichnet. Die Marktaufteilung wird nach einem wert-(umsatz)- oder mengenmäßigen (Absatz-)Maßstab vorgenommen. Als Ergebnis der Marktaufteilung läßt sich die Marktposition jedes einzelnen Anbieters beschreiben. Die Marktposition gibt die Bedeutung eines Unternehmens im Vergleich zu anderen wieder. Die Marktposition wird im Kern über die Ermittlung des Marktanteils bestimmt. Dazu kommen qualitative Aussagen über die (produkt-)technologische, finanzielle und absatzpolitische Leistungsfähigkeit (Potentiale und Prozesse) eines Unternehmens. Die Unternehmung mit dem größten Marktanteil ist der Marktführer, das nächstgrößte Unternehmen der Marktherausforderer. Der Marktführer hat eine dominante Position in- ne, prägt das Marktgeschehen und fühlt sich meist auch für den Markt verantwortlich, wenn es um dessen Gesamtsituation, etwa bei Bedrohung durch Technologiesubstitution oder bei Eintritt neuer Wettbewerber, geht. Der Marktführer ist häufig Orientierungspunkt für die Wettbewerber, insb. bei der Preissetzung (Preisführerschaft).
Literatur: Böbel, Wettbewerb und Industriestruktur, Berlin 1984. Herdzina, K., Wettbewerbspolitik, Stuttgart 1984. Käufer, E., Industrieökonomik. Eine Einführung in die Wettbewerbstheorie,München 1989.
Vorhergehender Fachbegriff: Marktleistung | Nächster Fachbegriff: Marktmanagement
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|