von der amtlichen Statistik durchgeführte Erhebung über die Bevölkerung eines Landes. Dabei werden zu einem bestimmten Zeitpunkt grundsätzlich alle Personen und Haushalte (Vollerhebung) einschl. demographischer und sozio-ökonomischer Strukturmerkmale erfasst. Volkszählungen gab es bereits im Altertum, u. a. bei den Ägyptern und Juden; die Bürgerlisten in Griechenland und der Zensus in Rom stellen ebenfalls eine Form der Volkszählung dar. In der Bundesrepublik wurden sie in den Jahren 1950, 1961 und 1970 durchgeführt. Die Volkszählung 1987 findet im Zusammenhang mit einer Berufs-, Gebäude, Wohnungs- und Arbeitsstättenzählung statt. Die seit 1971 fortgeschriebene Bevölkerungszahl und Altersstruktur der Bevölkerung ist wahrscheinlich mit erheblichen Fehlern behaftet. Ein zentraler Zweck der Volkszählung ist daher die Ermittlung der genauen Grösse und Altersstruktur der Bevölkerung. Die erfassten Angaben über Geschlecht, Alter und Familienstand, über Erwerbsbeteiligung, berufliche Gliederung und Ausbildungsstruktur vermitteln ferner Entscheidungsgrundlagen u. a. für die Bereiche Arbeitsmarkt, schulisches und berufliches Bildungswesen und Rentenversicherungssystem. Die Hauptaufgaben der Gebäude- und Wohnungszählung liegen im Bereich der Wohnungs- und Sozialpolitik sowie der Stadt-und Regionalplanung. Erfasst werden u. a. Zahl, Grösse und Ausstattung der Gebäude und Wohnungen, die dort wohnenden Personen und die Eigentumsverhältnisse. Die Daten der Arbeitsstättenzählung über die Anzahl und Grösse der Arbeitsstätten, die dort tätigen Personen und die Summe der gezahlten Löhne und Gehälter dienen primär dazu, Entscheidungen auf den Gebieten Wirtschafts-, Sozial-und Arbeitsmarktpolitik sowie Verkehrs- und Umweltpolitik durch Bereitstellung aktueller Daten zu verbessern. Die Arbeitsstättenzählung erfasst als einzige Statistik alle Wirtschaftsbereiche nach einheitlichem Rahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt gleichzeitig (mit Ausnahme von Betrieben der Land- und Forstwirtschaft sowie der Binnenfischerei). Die für 1987 vorgesehene Volkszählung war ursprünglich für 1983 geplant. Grund der Verschiebung war ein Entscheid des Bundesverfassungsgerichts (1983). Das Persönlichkeitsrecht des Bürgers wurde darin so ausgelegt, dass es auch ein Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" enthalte, welches das Bundesverfassungsgericht durch das Volkszählungsgesetz 1983 verletzt sah. Weiterhin forderte es zur Prüfung der Frage auf, ob eine Vollerhebung im Hinblick auf die mit der Volkszählung angestrebten Zwecke noch "verhältnismässig" sei angesichts der inzwischen entwickelten statistischen und sozialwissenschaftlichen Forschungsmethoden. Gegen den Ersatz der Volkszählung durch repräsentative Stichprobenerhebungen wird eingewandt, dass Vorhaben, deren Ergebnisse einen sehr hohen Zuverlässigkeitsgrad aufweisen, in tiefer sachlicher und regionaler Gliederung vorliegen und die Basis von Fortschreibungen bilden sollen, Vollerhebungen erfordern. Ferner wird eingewandt, dass Vollerhebungen die bestmögliche Grundlage für nachfolgende Stichprobenerhebungen (Mikrozensus) darstellen, weil sie Informationen über die Grösse und Struktur der Grundgesamtheiten und der darin vorliegenden Streuungen liefern und unter weiteren Voraussetzungen als Auswahlgrundlage und Hochrechnungsrahmen von Stichproben verwendet werden können. Durchgeführt wird eine Volkszählung im allgemeinen mit Hilfe ehrenamtlich tätiger Helfer. Diese werden auf ihre Aufgabe durch entsprechende Schulung speziell vorbereitet. Das relevante Gebiet wird in sog. Zählbezirke aufgeteilt, für die jeweils eine Gruppe von Zählern zuständig ist. Bei der Volkszählung 1970 waren insgesamt etwa 500000 Zähler im Einsatz. Literatur: Wingen, M., Volkszählung nach dem Karlsruher Urteil — aber wie ?, in: Baden-Württemberg in Wort und Zahl 4/1985, S. 118 ff. Bretz, M./ Meyer, H.-L., Volkszählung, in: HdWW, Bd. 8, Stuttgart u. a. 1980, S. 405 ff.
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