Intermediation In der Wirtschaftswissenschaft und speziell in der Theorie der Wirtschaftsordnung existiert bislang kein geschlossenes und empirisch abgesichertes Konzept einer Transformationstheorie oder Transformationspolitik. Es werden in diesem Bereich aber zwei wichtige Streitfragen diskutiert: Erstens, ob die Transformation in einem großen Schritt (big bang) oder schrittweise zu vollziehen ist. Zweitens, wie ein schrittweises Vorgehen (sequencing) auszusehen hat. Zur Vermeidung von Obergangsproblemen, die auch eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bewirken können, ist ein einziger großer Schritt zwar wünschenswert, aus praktischen Gründen aber ist er kaum möglich. Denn eine funktionierende Marktwirtschaft kann nicht allein dadurch aufgebaut werden, dass man plötzlich alle diejenigen ökonomischen Handlungen erlaubt, die vorher verboten waren. Vielmehr entsteht ein erheblicher Zeitbedarf für die Schaffung sinnvoller Gesetze und Regeln, für den Aufbau von Institutionen und für die notwendigen Verhaltensänderungen der Unternehmen, der Haushalte und des Staates. Die Vertreter eines big bang weisen aber zu Recht darauf hin, dass jeder Reformschritt in einem umfassenden Wirkungszusammenhang gesehen werden muss und eine Reform ohne Komplementärmaßnahmen (z.B. Preisliberalisierung ohne neue Instrumente der Stabilisierungspolitik) zu nachteiligen Effekten (Inflation) führen kann. Die Vertreter schrittweisen Vorgehens versuchen, praktisch umsetzbare Sequenzen von Reformschritten oder kleineren Reformbündeln zu konzipieren. Letztlich diskutieren auch sie allerdings oft gewaltige Reformschritte, z.B. ob zunächst die Binnen- und dann die Außenwirtschaft (oder umgekehrt) oder ob die Gütermärkte vor oder nach den Finanzmärkten zu liberalisieren sind. Aus der Debatte können folgende Schlußfolgerungen gezogen werden: a) Die Frage einer optimalen Reformsequenz ist unentschieden. Sie ist aber praktisch von geringer Bedeutung, da die machbaren Schritte im allg. aus politischen Gründen sehr eng begrenzt sind. b) Innerhalb einer an sich vorhandenen (d.h. auch politisch durchsetzbaren) Wahlmöglichkeit werden reformpolitische Fehler z.T. aus Unkenntnis (z.B. zu scharfe Restriktionspolitik mit unnötig negativen Folgen für den realen Sektor - Fall Polen; falscher Aufbau von Institutionen), z.T. auch wider besseres Wissen begangen (z.B. Bremsen eines geordneten zugunsten eines wilden Privatisierungsprozesses). c) Eine erfolgreiche Sequenz von Reformschritten muss mindestens zwei Charakteristika aufweisen: Sie muss ordnungspolitisch stets in Richtung Marktwirtschaft gehen (d.h. keine Umwege über die Wiederbelebung planwirtschaftlicher Elemente) und dauerhaft ein hohes Mass an Dynamik aufweisen (kein Stillstand). Beides scheint in den Ländern Mittelosteuropas gegenwärtig durchaus, in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion jedoch kaum gegeben zu sein. Dagegen zeigt das Beispiel der Volksrepublik China, dass die schrittweise, zum Teil auch regional begrenzte Einführung marktwirtschaftlicher Elemente mit einem außerordentlich hohen dauerhaften Wirtschaftswachstum verbunden sein kann. Literatur: Helmschrott, H.X. u.a. (1992). Blanchard, O. u.a. (1991)
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