In der Theorie des Konsumentenverhaltens werden die kognitiven Prozesse, durch die das Individuum über sich selbst und seine Umwelt Kenntnis erhält, als Informationsverarbeitung analog der maschinellen Informationsverarbeitung aufgefasst.
Die ursprüngliche Einteilung der kognitiven Prozesse in Wahrnehmung, Denken und Problemlösen, Lernen und Gedächtnis wurde durch diesen Ansatz aufgegeben. Zur menschlichen Informationsverarbeitung im weiteren Sinne zählen:
- Informationsaufnahme (Wahrnehmung)
- Informationsverarbeitung (Wahrnehmung, Denken, Entscheiden)
- Informationsspeicherung (Gedächtnis, Lernen).
Die Informationsverarbeitung beginnt bereits mit der Aufnahme eines Reizes und dessen Entschlüsselung. Im weiteren Verlauf werden die vom Reiz vermittelten Informationen in Verbindung mit bereits vorhandenen Informationseinheiten gebracht und unter bestimmten Umständen letztlich im Gedächtnis langfristig gespeichert.
Von zentraler Bedeutung sind die Prozessoren, über die sich die kognitive Verarbeitung von der Aufnahme bis zur Speicherung von Informationen vollzieht. Hierzu gehören (vgl. Kroeber-Riel/Wein-berg, 1999, S. 225ff.):
1. der sensorische Informationsspeicher (SIS) oder Ultrakurzzeitspeicher
2. der Kurzzeitspeicher (KZS)
3. der Langzeitspeicher (LZS).
Der SIS dient der Aufnahme und kurzfristigen Speicherung von Reizen. Die nacheinander aufgenommenen Reize werden auf elementarer Ebene ausgewählt, interpretiert und zu einer Reizkonstellation zusammengesetzt. Die Kapazität des SIS ist groß, die Speicherdauer gering (bis 1 sec). Der KZS ist eine Art »Arbeitsspeicher«. Er übernimmt aus dem SIS nur einen Teil der Sinneseindrücke zur eigentlichen Verarbeitung. Sie werden decodiert, mit anderen Informationen in Beziehung gesetzt und zu größeren Informationseinheiten zusammen-gefasst. Dabei greift der KZS auf den Langzeitspeicher zurück, so dass gegenwärtige und vergangene gespeicherte Erfahrungen verknüpft werden. Gegenüber dem SIS hat der KZS eine begrenzte Kapazität. Die Speicherdauer ist länger (bis 30 sec). Da laufend neue Informationen hinzukommen, werden die sich im Speicher befindlichen Informationen entweder gelöscht oder aber in den Langzeitspeicher übertragen.
Der LZS entspricht dem menschlichen Gedächtnis. Im LZS befinden sich das gesamte Wissen und die Erfahrungen eines Individuums. Die Kapazität ist extrem groß. Nach der Interferenztheorie werden einmal gespeicherte Informationen nicht wieder vergessen. Vielmehr wird Vergessen als mangelnde Zugriffsmöglichkeit auf Grund von Überlagerungen betrachtet.
Neuere Ergebnisse der Gedächtnisforschung haben ergeben, dass diese Speicher nicht als festgelegte Gedächinisinformatio-nen zu interpretieren sind, sondern vielmehr als unterschiedliche Verarbeitungstiefe der wahrgenommenen Reize (Gedächtnismodell der Verarbeitungstiefe). Reizmaterial (z.B. Informationen) kann danach umso besser erinnert werden, je stärker der Konsument involviert ist (Invohement) und je stärker die Aufmerksamkeit auf das zu lernende Material gerichtet ist. Die Tiefe der Verarbeitung nimmt zu, je mehr kognitive Anstrengungen bei der Informationsverarbeitung aufgewendet werden. Die kognitiven Prozesse stehen in enger Wechselwirkung mit der Aktivierung.
physiologisch im Zentralnervensystem angesiedelter Apparat, in dem die menschliche Informationsverarbeitung abläuft. Der Begriff bezieht sich weniger auf die anatomische und neurologische Struktur und Funktionsweise des Gehirns, sondern eher auf modellhafte, von der kognitiven Psychologie entwickelte Vorstellungen über die "Aufbau- und Ablauforganisation" der Informationsverarbeitung. Das bekannteste Modell ist das sog. Drei- Speicher-Modell des Gedächtnisses von Richard Atkinson und Richard Shiffrin. Danach setzt sich das Informationsverarbeitungssystem aus drei Gedächtnisspeichern zusammen. Im sensorischen oder Ultra-Kurzzeit- Speicher werden ankommende sensorische Stimuli nur für Bruchteile von Sekunden festgehalten (sog. Nachbilder), damit sie erkannt und zur Weiterverarbeitung selektiert werden können. Seine quantitative Kapazität ist sehr gross. Im Kurzzeit- oder Arbeitsspeicher werden die aus dem sensorischen Speicher an- kommenden Stimuli interpretiert und mit internen, aus dem Langzeitspeicher abgerufenen Informationen verknüpft. Das Kurzzeitgedächtnis ist damit der Ort, wo Prozesse wie Denken, Problemlosen und Entscheiden stattfinden. Seine Kapazität ist auf wenige Sekunden Speicherdauer und die gleichzeitige Verarbeitung von nicht mehr als fünf bis sieben Informationseinheiten begrenzt. Der Langzeitspeicher schliesslich ist das Gedächtnis im umgangssprachlichen Sinne, in dem das Erfahrungswissen eines Menschen gespeichert ist. Seine Kapazität gilt als unbegrenzt. Neben dem Drei-Speicher-Modell sind andere Vorstellungen über die Organisation und Funktion des Informationsverarbeitungssystems entwickelt worden. Nach C. Samuel Craig und Robert Lockhart sind die verschiedenen Funktionen der Informationsverarbeitung wie Wahrnehmen, Kodieren, Verarbeiten oder Speichern nicht in Gedächtnisspeichern lokalisierbar, sondern durch unterschiedliche "Tiefe" der Informationsverarbeitung in einem nicht weiter gegliederten System gekennzeichnet. Gedächtnistheorien sind herangezogen worden zur Erklärung der Informationsverarbeitung von Konsumenten, von Kauf- entscheidungsprozessen und von Lernen und Vergessen, etwa von Werbebotschaften. Literatur: Lindsay, P. H./Norman, D. A., Einführung in die Psychologie. Informationsaufnahme und -Verarbeitung beim Menschen, Berlin u.a. 1981. Kuss, A., Information und Kaufentscheidung. Methoden und Ergebnisse empirischer Konsumentenforschung, Berlin, New York 1987. Trommsdorff, V., Konsumentenverhalten, Stuttgart u. a. 1989.
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