Nach dem von Werner Hicks entwickelten mathematischen Oszillationsmodell der konjunkturellen Zyklen genügt ein einmaliger Anstoss von außen als auslösender Faktor, Konjunktur. Hicks erklärt den Konjunkturprozess mit der wechselseitigen Abhängigkeit von Konsum- und Investitionsentwicklung. Danach löst ein Mehr an Verbrauchsgüternachfrage nach einer gewissen Zeit zusätzliche Nachfrage bei den Investitionsgüterindustrien aus. Diesen Effekt bezeichnet Hicks als Akzeleratoreffekt. Von den Investitionsgüterindustrien strahlt die Nachfragebelebung auf die anderen Wirtschaftsbereiche weiter aus. Dies nennt Hicks den Multiplikatoreffekt.
Die Schwankungen werden gedämpft durch den Einbau von Ober- und Untergrenzen; die Schwingungen erhalten sich aus sich selbst heraus. Es sind Schwankungen um ein dynamisches Gleichgewicht, das eine langfristig konstante Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts voraussetzt. Diese theoretischen Voraussetzungen indessen lassen sich durch die tatsächliche Entwicklung nicht belegen. In nahezu allen entwickelten Industrieländern sind die Wachstumsraten im Laufe der Zeit flacher geworden.
Die Idee der multiplikativen Wirkungen einer Erhöhung oder Abnahme der effektiven Nachfrage auf Einkommen und Beschäftigung taucht bereits um das Jahr 1900 in der Wirtschaftstheorie auf. Erstmals formuliert hat N. Johannsen das “multiplizierende Prinzip” in seinem Buch “Die Steuer der Zukunft”, und zwar zunächst im Zusammenhang mit dem konjunkturellen Kontraktionsprozeß: “Dieses Prinzip beruht auf dem Umstand, dass die durch den Sparprozess (in seiner störenden Form) geschädigten und in ihrem Einkommen verkürzten Individuen ihrerseits Einschränkungen machen und dadurch die schon verminderte Gesamtnachfrage abermals vermindern.”
Weiter heißt es bei Johannsen: ,,... so wirkt umgekehrt dieses Prinzip auch im guten Sinne, wenn von anderer Seite her irgendein Anstoss erfolgt, der die Nachfrage belebt. Würde zur Zeit der Geschäftsstille eine neue, zuzügliche Absatzquelle eröffnet, zum Betrage einer Million, so würde das den Gesamtabsatz und die Gesamtproduktion nicht bloss um eine Million heben, sondern um mindestens fünf Millionen.”
John Maynard Keynes baute in seinem unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise entstandenen Buch “General Theory of Employment, Interest and Money” (1936) eine expansive Beschäftigungstheorie auf dem Multiplikatorprinzip auf. Anhand dieses Prinzips untersuchte er die Wirkungen zusätzlicher Nachfrage nach Kapitalgütern auf die Höhe des Volkseinkommens. Vollbeschäftigung, so argumentierte Keynes, werde sich in der Regel nicht im freien Spiel der Kräfte einstellen. Sie könne nur über zusätzliche staatliche Ausgabenprogramme, die ihre Wirkung auf die ganze Wirtschaft verstärken, garantiert werden. Als entscheidend für die Nachfragelücke und damit den Mangel an Beschäftigung sah Keynes die “überschüssige Ersparnis” an. Die fehlende effektive Nachfrage sollte der Staat ausgleichen. Für die Stärke einer zusätzlichen Ausgabe sei die Höhe der Ersparnis entscheidend. Jener Teil des zusätzlichen Einkommens, der gespart wird, versickert, fällt mithin für die weitere Anregung aus. Je kleiner die “marginale Sparquote” ist, desto größer ist daher der Multiplikator (ihr Kehrwert).
Als wichtigster Prozeßverstärker gilt in der Theorie der Investitions-Multiplikator. Ähnliche Wirkungen werden dem Export-, Import-, Staatsausgaben- und Steuer-Multiplikator zugeschrieben. Mitunter ist auch die Rede von Einkommens-, Beschäftigungs-, Preis- und Konsum-Multiplikatoren.
vgl. Akzeleratoreffekt
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