Der bei Sonderangeboten und Preisaktionen v. a. im Lebensmittelhandel weit verbreitete Verkauf von Waren unter Einstandspreis („loss leader“) ist nach der gültigen Rechtsprechung im Hinblick auf die bestehende Preisgestaltungsfreiheit nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig. Nur beim Vorliegen besonderer Umstände kann eine bestimmte Preisgestaltung als wettbewerbswidrig erscheinen. Dies läßt sich nach der Rechtsprechung nicht allgemein, sondern nur anhand des Einzelfalles beantworten. Solche besonderen Umstände, die den Verkauf unter Selbstkosten bzw. Einstandspreis wettbewerbswidrig machen, sind: die Preisunterbietung, wenn sie individuell auf die Verdrängung oder Vernichtung bestimmter Mitbewerber zielt; Verkäufe unter Selbstkosten bzw. unter Einstandspreis, wenn sie dazu führen, allgemein die Mitbewerber vom Markt zu verdrängen, so dass dadurch der Wettbewerb auf diesem Markt völlig oder nahezu aufgehoben wird, oder wenn ernstlich damit zu rechnen ist, dass Mitbewerber in einem solchen Maß diese Preisaktion nachahmen, dass es zu einer gemeinschaftsschädigenden Störung des Wettbewerbskommt. Abgelehnt hat es die Rechtsprechung bisher, die Rufschädigung des Herstellers als besonderen, die Wettbewerbswidrigkeit begründenden Umstand heranzuziehen. Nach einer neuen Entscheidung („Kölner Schall- plattenkrieg“) kann ein besonderer Umstand auch darin gesehen werden, dass die von einem Preiskampf indirekt betroffenen Händler in ihrer Existenz gefährdet werden. Nach der
5. GWB-Novelle verbietet § 26 Abs.4 GWB Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht die Ausnutzung ihrer Marktmacht, um solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern (Behinderungswettbewerb). Der Gesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung einen Beitrag zur Verbesserung der Wirksamkeit des kartellgesetzlichen Instrumentariums gegen Behinderungspraktiken marktstarker Unternehmen leisten, die zum Nachteil kleiner oder mittlerer Konkurrenten systematisch und ohne sachlich gerechtfertigten Grund Waren unter Einkaufspreis anbieten. Auf eine Normierungdes Verkaufs unter Einstandspreis als Regelbeispiel einer unbilligen Behinderung hat der Gesetzgeber verzichtet. Unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung zur Sicherung des Leistungswettbewerbs (Sündenregister) wurde aber in der Begründung herausgestellt, dass systematische, sachlich nicht gerechtfertigte Verkäufe unter Einstandspreis untersagt sind, allerdings nur im Ausnahmebereich des Machtgefälles gegenüber zugleich unterlegenen und kleineren und mittleren Wettbewerbern. Zu einer unbilligen Behinderung können Untereinstandspreisverkäufe nicht erst bei Vernichtung oder konkreter Gefährdung der Existenz kleiner oder mittlerer Wettbewerber führen, sondern schon dann, wenn das Wettbewerbsverhalten generell geeignet ist, die Wettbewerbssituation zu Lasten kleinerer und mittlerer Unternehmen zu verzerren. Als sachlich gerechtfertigt erscheint der Unter-Einstandspreis-Verkauf zum beschleunigten Absatz auslaufender oder verderblicher Waren. Die Eingriffsmöglichkeiten gegen Unter-Einstandspreis-Verkäufe sollen durch eine Beweiserleichterung nach § 26 Abs. 5 GWB verbessert werden. Keineswegs soll aber diese Beweiserleichterung zu einer Preisoffenlegungspflicht führen. Literatur-Nette, Kartell- und wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Preisunterbietung, 1984. Schneider, K.-H., Die Preisstellung unter Einstandspreis im Einzelhandel, Berlin 1982.
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