Als Träger der Verbraucherarbeit sind in Deutschland Verbraucherorganisationen und -institutionen für die Interessen der Verbraucher tätig (Verbraucherpolitik). Fast alle wurden in den 50 er und 60 er Jahren gegründet, als nach Überwindung der Mangel- Wirtschaft von Kriegs- und Nachkriegszeit ein wieder umfangreiches und hinsichtlich der Qualität differenziertes Waren- und Dienstleistungsangebot verfügbar war. Bald zeigte sich, dass dem einzelnen Verbraucher die nötige Markttransparenz als Grundlage rationaler Kaufentscheidungen fehlte und den Verbrauchern insgesamt die Rolle des deutlich schwächeren Partners am Markt zufiel. Es entstanden einerseits Verbraucherorganisationen bzw.-verbände mit Mitgliederstrukturen, z.B. die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) und die Verbraucher-Zentralen (VZ) mit breiten, auch verbraucherpolitischen Aufgabengebieten und andererseits vom Staat oder den Verbraucherorganisationen gegründete In- sti tu tionenmitspeziellen Aufgabengebieten, z. B. die Stiftung Warentest, die Stiftung Verbraucherinstitut und der Verbraucherschutzverein (VSV). Kennzeichnend für die überregionalen Verbraucherorganisationen in Deutschland ist ihre jeweilige Struktur als von Verbänden getragener Verband. Aufgrund der großen Heterogenität der Verbraucherinteressen haben nur auf Einzelmitgliedschaften natürlicher Personen beruhende Verbrauchervereinigungen bisher überregional keinen dauerhaften Bestand gehabt. Aus ordnungspolitischer Begründung (Sicherung der Funktionsfähigkeit der privaten Nachfrage) finanziert der Staat im Wege der institutioneilen Förderung - mit Ausnahme der Stiftung Warentest - im wesentlichen die Arbeit von Verbraucherorganisationen und - Institutionen. In Anwendung des Subsidiaritätsprinzips überläßt er jedoch die Inhalte der Arbeit allein der Verantwortung der Verbände bzw. Institutionen und beschränkt sich auf eine haushaltsrechtliche Kontroll- funktion. Damit ist die deutsche Verbraucherarbeit einerseits durch sehr knappe Ressourcen, aber andererseits durch ihre klare Unabhängigkeit von privaten oder staatlichen Interessen geprägt. Mit der fortschreitenden Integration der EG-Mitgliedsstaaten verlagern sich zunehmend ehemals nationale Regelungskompetenzen auf die Gemeinschaftsebene (EG- Kommission, Ministerrat, Europäisches Parlament). Entsprechend gewinnt die Vertretung von Verbraucherinteressen gegenüber diesen Institutionen an Bedeutung. Diese Aufgabe wird in erster Linie vom 1962 gegründeten “Bureau Européen des Unions des Consommateurs“ (BEÜC) mit Sitz in Brüssel wahrgenommen. Im BEUC sind auf nationaler Ebene tätige Verbraucherorganisationen aus den EG-Mitgliedsstaaten vertreten, für Deutschland die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände und die Stiftung Warentest. Die Finanzierung des sehr kleinen Mitarbeiterstabes erfolgt überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, wodurch den vergleichsweise finanzkräftigen Testorganisationen ein besonderer Einfluß zuwächst. Finanzierungsbeiträge leistet auch die EG-Kommission. Die verbraucherpolitischen Stellungnahmen des BEUC, v. a. zu neuen Richtlinienentwürfen der EG-Kommission, finden oft große Resonanz. Als Zusammenschluß regionaler Verbrau- cherorganisationen aus den EG-Ländern wurde 1989 das “Institut Européen Interregional de la Consommation“ (I.E.I.C) mit Sitz in Lille (Frankreich) gegründet. Dieses Institut dient der Förderung der praktischen Zusammenarbeit der Mitgliedsorganisationen, insb. durch gemeinsame Untersuchungen und die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für die Mitarbeiter der Mitgliedsorganisationen auf europäischer Ebene. Keine Verbraucherorganisation, sondern eine von der EG-Kommission zu ihrer Beratung in allen die Wahrung der Verbraucherinteressen auf Gemeinschaftsebene betreffenden Fragen geschaffene Institution ist der „Beratende Verbraucherrat“. In dieses 39 Mitglieder umfassende Gremium entsenden die sog. „europäischen Verbraucherorganisationen“ (BEUC, Komitee der Familienor- ganisationen bei den Europäischen Gemeinschaften, Europäische Gemeinschaft der Konsumgenossenschaft und Europäischer Gewerkschaftsbund) je 4 Vertreter; nationale Verbraucherorganisationen und - Einrichtungen entsenden zusammen 17 Vertreter; die EG- Kommission ernennt 6 Sachverständige. Anschriften: BEUC, Rue Royale 29, Bte 3, B-1000 Brüssel I.E.I.C., 47 rue Bar- thélémv Delespaul, F - 59 000 Lille.
Literatur: Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (Hrsg.), Die Verbraucherverbände und ihre Aufgaben, in: Verbraucher Rundschau Nr. 2 (1989), Bonn 1989. Kuhlmann, E., Verbraucherpolitik, München 1990, S. 411 ff.
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