von Erich Gutenberg entwickeltes betriebswirtschaftliches Wissenschaftsprogramm, in dessen Mittelpunkt die betriebliche Leistungserstellung, interpretiert als Prozess der Kombination von Produktionsfaktoren, steht. Mit seinen 1951 erschienenen "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band I: Die Produktion" löste Gutenberg zunächst einen heftig geführten Methodenstreit in der Betriebswirtschaftslehre aus. Konrad Mellerowicz, Gutenbergs Hauptgegner, befürchtete vor allem, dass mit diesem Ansatz das Band zwischen der wissenschaftlichen Betriebswirtschaftslehre und der betrieblichen Praxis zerschnitten werde. Im methodischer Hinsicht hat Gutenberg die in der Mikroökonomie (als Zweig der Volkswirtschaftslehre) übliche Vorgehensweise, das betriebliche Geschehen mit Hilfe von Produktionsfunktionen abzubilden, auf die Betriebswirtschaftslehre übertragen. Dieser Bezugsrahmen erlaubte es in der Folgezeit, Zusammenhänge zwischen Produktions-, Kosten- und Investitionstheorie herzustellen. Mit der Lehre vom Kombinationsprozess der Produktionsfaktoren besass die Betriebswirtschaftslehre erstmals in ihrer Geschichte einen Ansatz, der den Eindruck hochgradiger Geschlossenheit zu vermitteln vermochte. Weil dieses Programm zudem viele neue Fragen zu stellen und nach und nach auch zu beantworten erlaubte, führte sich ein Grossteil der Fachvertreter davon angezogen. Dieser Tatbestand wird in der Literatur gelegentlich mit dem Hinweis gewürdigt, dass der Gutenberg\'sche Ansatz das erste (und bislang einzige) betriebswirtschaftliche Paradigma darstellt. Gutenberg unterscheidet zwischen Elementarfaktoren und einem dispositiven Faktor, dem die eigentliche Aufgabe der Kombination zukommt. Während es sich bei den Elementarfaktoren um Werkstoffe, Betriebsmittel und objektbezogene Arbeitsleistungen handelt, stellt die Geschäftsleitung den (originären) dispositiven Faktor dar. Sie bedient sich dabei der Planung und der Organisation als abgeleiteten bzw. derivativen dispositiven Faktoren. Auf der Grundlage der Lehre vom Kombinationsprozess der Produktionsfaktoren wurden ausserordentliche Fortschritte im Bereich der Produktions-, Kosten- und Investitionstheorie gemacht, teilweise überhaupt erst möglich. Ferner hat dieses Programm die Entwicklung des 0perations Research bzw. der quantitativen Methoden innerhalb der Betriebswirtschaftslehre beträchtlich gefördert. Auf der anderen Seite ist unverkennbar, dass die qualitativen Aspekte der betrieblichen Leistungserstellung kaum zu erfassen versucht wurden. Der "produktionstheoretische Standpunkt" führte dazu, dass deren Bedeutung systematisch unterschätzt wurde. Bezeichnenderweise hatte die deutsche Betriebswirtschaftslehre auf so wichtigen Gebieten wie der Unternehmensführung, des Personalwesens und auch des Marketing damals den internationalen Anschluss verloren. Der Preis, der für die hochgradige Geschlossenheit des Ansatzes bezahlt werden musste, war insofern eine für theoretische und praktische Fortschritte hinderliche Abgeschlossenheit. Vor dem Hintergrund dieser Problemsituation wird verständlich, dass etwa ab Mitte der 60er Jahre nach Alternativen zur Lehre vom Kombinationsprozess der Produktionsfaktoren gesucht wurde. Die Betriebswirtschaftslehre befindet sich seither in einer Phase des wissenschaftlichen Pluralismus. Es existiert eine Anzahl verschiedener Wissenschaftsprogramme. Charakteristisch ist allerdings, dass in allen diesen Konzepten (entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre, systemorientierte Betriebswirtschaftslehre, arbeitsorientierte Einzelwirtschaftslehre, verhaltenstheoretische Betriebswirtschaftslehre) die Kontakte zu den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen intensiviert werden. Literatur: Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1: Die Produktion, 23. Aufl., Berlin u.a. 1979.
Vorhergehender Fachbegriff: Faktorsubstitution | Nächster Fachbegriff: Faktorvariation
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|