Forderung, die sich vor allem an das Management von Grossunternehmen richtet, in die unternehmerischen Entscheidungen freiwillig die Interessen der verschiedenen Bezugsgruppen (z.B. Konsumenten, Arbeitnehmer, Gesellschaft) der Unternehmung einzubeziehen. Eine Verletzung dieser Interessen soll nach Möglichkeit vermieden werden. Bei konfligie- renden Interessenlagen ist es Aufgabe der Unternehmensführung, diese schiedsrichterlich zum Ausgleich zu bringen. Damit wird eine neue unternehmerische Handlungsmaxime innerhalb der bestehenden kapitalistischen Unternehmensverfassung postuliert. An die Stelle des ausschliesslich an den Eigentümerinteressen orientierten erwerbswirtschaftlichen Prinzips soll das an moralischen Imperativen ausgerichtete Prinzip der gesellschaftlichen Verantwortung, im Sinne einer dienenden und interessenausgleichenden Rolle der Unternehmensführung den Bezugsgruppen der Unternehmung gegenüber, treten. Der Gewinn ist in diesem Konzept lediglich bestandssicherndes Mittel und nicht mehr letztes Ziel. Zur Operationalisierung und zur Implementierung dieser Konzeption wird auf die Sozialbilanz und auf unterschiedliche Verhaltenskodices verwiesen, von denen das Davoser Manifest der bekannteste ist. Die Idee der gesellschaftlichen Verantwortung kann vor allem als Reaktion auf die Kritik an der interessenmonistischen kapitalistischen Führungsverfassung interpretiert werden. Ihr Ursprung ist eng mit dem Entstehen privatwirtschaftlicher Grossunternehmen und deren weitreichenden Einflüssen auf die Gesellschaft verknüpft. Die zunehmende Kritik an der Machtstellung von Grossunternehmen, die Legitimationsdefizite der Managerherrschaft in Publikumsgesellschaften und der sich verstärkende regulative Druck des Staates auf die Unternehmen gaben bereits in den Anfängen des 20. Jh., besonders aber in den 60er und 70er Jahren, Unternehmensführern die Veranlassung, ihre Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft zu überdenken. Auch die Wissenschaft nahm sich dieser Konzeption an. Seitdem gehört die Idee der gesellschaftlichen Verantwortung zu den Standardinhalten unternehmenspolitischer Lehrbücher und findet breite Akzeptanz in der Unternehmenspraxis. Die vielfältige Kritik an der Idee richtet sich sowohl gegen deren theoretischen Ansatz als auch gegen deren praktische Umsetzbarkeit. Die liberale Kritik führt vor allem die implizierte Auflösung des freiheitlich-marktwirtschaftlichen Systems an, da sie mit dem Modell des freien Marktes nicht zu vereinbaren sei. Die Idee sei daher kollektivistisch und grundsätzlich umstürzlerisch in einer freien Gesellschaft (Milton Friedman). Die weitere konzeptionelle Kritik wendet sich zunächst gegen den elitär-personalistischen Lösungsansatz. Das Problem der Machtstellung der Unternehmen könne nicht durch das Rekurrieren auf ein besonderes Berufsethos von Unternehmensführern gelöst werden, da es keine Möglichkeit gäbe, dieses Ethos sicherzustellen. Darüber hinaus enthalte der gesellschaftliche Interessenausgleich durch nicht gesellschaftlich legitimierte Manager eine demokratiefeindliche Komponente. Die mangelhafte Operationalität der Idee bezüglich der zu berücksichtigenden Interessensinhalte führe zu pseudo-normativer Leerformelhaftigkeit. Sie sei daher keine hinreichende Alternative zum gesetzlich normierten Interessenausgleich ( Mitbestimmung). Trotzdem gewinnt die Idee der gesellschaftlichen Verantwortung im Zuge des gesellschaftlichen Wandels zunehmend an Bedeutung. Unter dem Stichwort "business ethics" erlebt sie in leicht modifizierter Form eine Renaissance. Literatur: Böhm, H., Gesellschaftlich verantwortliche Unternehmensführung, Weilheim/Teck 1979. Friedman, M., Die soziale Verantwortung der Geschäftswelt, in: Schmölders, G. (Hrsg.), Der Unternehmer im Ansehen der Welt, Bergisch-Gladbach 1971, S. 198 ff. Schröder, K., Soziale Verantwortung in der Führung der Unternehmung, Berlin 1978. Steinmann, H., Zur Lehre von der "Gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmensführung", in: WiSt, 2. Jg. (1973), S. 467ff.
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