Die Methoden der Erforschung von Kaufentscheidungen beziehen sich wegen der besseren empirischen Zugänglichkeit hauptsächlich auf limitierte und extensive Entscheidungsprozesse. Ein großer Teil ist auf die Informationsbeschaffung von Konsumenten gerichtet, weil diese einerseits Rückschlüsse auf die Phase des Kaufentscheidungsprozesses zuläßt, in der Kriterien auf gestellt, Bewertungen vorgenommen, Alternativen verglichen werden etc., und weil diese Phase im Vergleich zu anderen Abschnitten von Entscheidungsprozessen gut beobachtbar ist, da sie häufig mit physischen Aktivitäten (z.B. Augenbewegungen, Zugriff zu gedruckten Informationen) verbunden ist. Man geht dabei von einer typischen Reihenfolge von Kaufentscheidungspro- zeßphasen aus. Ein einfaches Schema dafür umfaßt die Schritte - Problemerkenntnis (Feststellung eines Bedarfs) - Informationsbeschaffung (Aufnahme von Informationen aus verschiedenen Informationsquellen) - Informationsverarbeitung (Vergleich von Alternativen an Hand der aufgenommenen Informationen) - Kaufentscheidung (Ergebnis der Informationsverarbeitung) - Kaufhandlung (Umsetzung der Entscheidung in beobachtbares Verhalten). Zur Untersuchung von Kaufentscheidungs- prozessen von Einzelpersonen bedient man sich heute kaum noch der in anderen Bereichen der Marktforschung gängigen Befragungsmethode, da sich deren Validität hier als zu gering erwiesen hat. Das liegt v. a. daran, dass bei einer Befragung vor einer Kauf- entscheidung der tatsächliche von dem geplanten und beim Interview beschriebenen Entscheidungsprozeß deutlich abweichen kann, bzw. dass bei nachträglicher Befragung das Erinnerungsvermögen von Auskunftspersonen nicht ausreicht, um alle relevanten Einzelheiten eines Kaufentscheidungsprozesses zu berichten. Deswegen werden für diesen Untersuchungszweck seit Mitte der 70 er Jahre hauptsächlich die sog. Prozeßver- folgungstechniken eingesetzt, deren Grundidee darin besteht, die einzelnen Schritte bei der Informationsbeschaffung und -Verarbeitung während eines (oftmals simulierten) Kaufentscheidungsprozesses zu beobachten und zu protokollieren. Varianten sind die Information-Display-Matrix, das Blickregistrierungsverfahren und verbale Protokolle. Die beiden erstgenannten Methoden sind nur auf die Informationsbeschaffung gerichtet, während durch verbale Protokolle Elemente aus beiden Phasen erhobenwerden. Bei einigen speziellen Fragestellungen, insb. zur Messung des mit einer Entscheidung (oder Teilen davon) verbundenen Umfangs kognitiver Prozesse, verwendet man gelegentlich Reaktionszeitmessungen, bei denen also die Zeit zwischen der Präsentation eines Stimulus und der Reaktion einer Versuchsperson darauf gemessen wird. Für die Untersuchung von Kaufentscheidungen, an denen mehrere Personen beteiligt sind (z.B. bei der industriellen Beschaffung oder in Familien) können die obengenannten Techniken kaum angewandt werden. Dazu bedient man sich nach wie vor trotz der erwähnten Probleme hauptsächlich der Befragungsmethode. Zur Beschreibung or- ganisationaler Beschaffungsprozesse wird gelegentlich eine spezielle, recht komplexe Befragungsmethode angewandt, bei der auf der Grundlage von Interviews mit mehreren Personen, die an einer Entscheidung beteiligt waren, und im Dialog mit diesen Personen ein Flußdiagramm entwickelt wird, das den Entscheidungsprozeß möglichst exakt wiedergeben soll (Meinungsführerschaft). Im Sonderfall der Analyse von Kaufentscheidungen, die weitgehend an Hand von Schriftstücken (z. B. Angeboten, Briefwechseln, Protokollen) nachvollziehbar sind, kann eine Dokumentenanalyse vorgenommen werden.
Literatur: Bettman,}., An Information Processing Theory of Consumer Choice, Reading, Mass. 1979. Forschungsgruppe Konsum und Verhalten (Hrsg.), Innovative Marktforschung, Würzburg,Wien 1983. Kuß, A., Information und Kaufentscheidung, Berlin,New York 1987.
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