Kauf und Verwendung von Produkten des privaten Konsums können nach der Lebenserfahrung mit unbeabsichtigten Einbußen an Vermögen, Gesundheit und persönlicher Leistungsfähigkeit verbunden sein. Man denke etwa an Unfälle mit elektrischen Geräten, mit Kinderspielzeugen, mit Haushaltschemikalien, Heimwerkerausrüstungen etc. Die Möglichkeit dieser Schäden wird als Konsumrisiko oder mangelnde Konsumsicherheit bezeichnet (Produkthaftung). Soweit diese Risiken im Produkt oder seiner Darbietung begründet sind, ist enger von Produktrisiko oder mangelnder Produktsicherheit zu sprechen. Sicherheitsverhalten meint das Käuferverhalten angesichts solcher Konsumrisiken, und Sicherheitskommunikation steht für die Vermittlung zweckorientierten Wissens an den Konsumenten mit dem Ziel, auf dessen Konsumrisiken und Sicherheits verhalten einzuwirken. Die Typologie ist außerordentlich vielfältig. Arten der Sicherheitskommunikation lassen sich je nach dem Sender, nach der Phase des Konsumprozesses, auf die eingewirkt werden soll, nach dem verfolgten Zweck, nach dem genutzten Medium etc. unterscheiden. Als Sender kommen neben Herstellern und Händlern des Produkts auch firmenneutrale Institutionen in Frage, die Sicherheitstests durchführen, Gütezeichen vergeben oder allgemein Sicherheitskampagnen betreiben. Daneben ist der weite Bereich persönlicher Kommunikation durch Privatpersonen zu nennen. Die kommunikative Einwirkung kann zum einen in der Kaufphase erfolgen, indem mit speziellen Sicherheitseigenschaften geworben oder mit dem Hinweis auf mögliche Verfahren die Nachfrage auf sachkundige Benutzer beschränkt wird. Die Kommunikation ist zum anderen im Fall von Gebrauchsanweisungen/Bedienungsanleitungen auf die Verwendungsphase gerichtet. Die Kommunikation präsentiert im ersten Fall die Produktsicherheit als Verkaufsargument und ist auf eine Steigerung der Kaufbereitschaft gerichtet, während sie im zweiten Fall zur höheren Verwendungssorgfalt beitragen soll. Eine weitere Unterscheidung ergibt sich im Zusammenhang mit dem Recht der Produkthaftung: Sicherheitskommunikation kann zum einen darauf gerichtet sein, den Schadensanfall im Konsumbereich nach Zahl und Schwere zu reduzieren, zum anderen aber auch und v. a. auf die Vermeidung sog. Instruktionsfehler zielen, d. h. übertriebene Ei- genschaftszusicherungen stornieren, mangelhafte Gebrauchsanweisungen verbessern und wirksamere Warnungen auszusprechen. Diese defensive Sicherheitskommunikation verfolgt vor allem den Zweck, das Haftungspotential zu verringern. Im Gegensatz dazu stellt eine mehr offensive Sicherheitskommunikation das Qualitätsargument der Sicherheit heraus oder baut umgekehrt mit dem Hinweis auf offenkundige Gefahren durch den Appell an die Kompetenz des sachkundigen Benutzers gerade eine erfolgreiche Kaufargumentation auf. Die zentrale Bedeutung der Sicherheitskommunikation wird auch im Fehlerbegriff des Produkthaftungsgesetzes deutlich (§ 5 Abs. 1), für den es v. a. auf ein Abweichen der Produkteigenschaften von den „berechtigten Sicherheitserwartungen1\' der Kosumcntert ankommt. Für das Entstehen dieser Erwartungen sind neben den persönlichen Nutzererfahrungen in erster Linie die verschiedenen Varianten der Sicherheitskommunikation bedeutsam. Die Wirksamkeit einzelner Gestaltungsalternativen der Sicherheitskommunikation ist bislang weitgehend unerforscht. Ob der Hinweis auf mögliche Gefahren wirklich kaufhemmend oder aber als Kaufreiz wirkt, läßt sich durchaus kontrovers diskutieren. Diese Janus-Köpfigkeit der Sicherheitskommunikation läßt sich vor allem am Beispiel von Rückrufinformationen beobachten, die zum einen von Kunden als Hinweis auf Qualitätsmangel und zum anderen aber auch als Indikator für eine kompetente und sozial verantwortliche Unternehmenspolitik gewertet werden mögen. Ob eine Sicherheitskommunikation, sei sie etwa in der Form von Gebrauchsanweisungen oder sei sie firmenneutral als Kampagne für sachkundigen Konsum konzipiert, überhaupt das Verhalten zu ändern in der Lage ist, stellt eine der ungelösten Grundfragen der Konsumentenforschung dar. Man mag vermuten, dass eine dauerhafte Verhaltensmodifikation eine Änderung der einschlägigen Einstellungen voraussetzt, aber ob und wie sich die Einstellung kommunikativ erreichen läßt, z. B. mit mehr auf die Kognition oder mehr auf die Emotion zielenden Botschaften sowie mit positiver oder mit negativer Formulierung, bedarf noch intensiver empirischer Forschung. D.St.
Literatur: GrafHoyos, C., Psychologische Unfall- und Sicherheitsforschung, Stuttgart 1980. Kroe- ber-Riel, W., Strategie und Technik der Werbung, Stuttgart 1988. Pfundt, K.; Schmid-Schmieder, V., Möglichkeiten zur Verhütung von Heim- und Freizeitunfällen, Köln 1986. Viscusi, W.K.; Magat, W.A., Learning about Risk, Cambridge, London 1987.
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