1. Ökologie-Marketing als Führungskonzept Ökologisches Marketing hat als Teil eines umfassenden betrieblichen Umweltmanagements bzw. als Teil einer nachhaltigen Unternehmensführung die Aufgabe, in allen Phasen des Produkt- bzw. Wertschöpfungslebenszyklus, also „von der Wiege bis zur Bahre”, unter wirtschaftlichen Bedingungen für eine nachhaltige, über die gesetzlichen und sozialen Normen hinausgehende Verringerung bzw. Vermeidung von schädlichen Belastungen für Mensch und Umwelt zu sorgen. Bedingt durch eine konsequent ökologische Ausrichtung unterscheidet sich das ökologische Marketing vom klassischen Marketing
(1) durch die Verpflichtung zum Nachhaltigkeitsprinzip (Sustainable Development),
(2) durch eine in der Berücksichtigung des ökologischen Produktlebenszyklus (Produktlebenszyklus, ökologischer) und der Forderungen relevanter Anspruchsgruppen zum Ausdruck kommende ganzheitliche strategische Ausrichtung sowie
(3) durch eine auf die Schaffung von Vertrauen und Glaubwürdigkeit gerichtete strategische Marketing-Konzeption. Bevor das Ökologische Marketing eine umfassende ökologische Ausrichtung erfährt, durchläuft es in der Praxis häufig verschiedene Stufen, von einzelnen, eher sporadischen ökologieorientierten Marketingaktivitäten (z.B. Produktwerbung mit Umweltschutzargumenten) über ökologieorientierte Teilkonzepte des Marketing (z.B. Entsorgungskonzepte) bis hin zur umfassenden Übemahme gesellschaftlicher Verantwortung. Ökologisches Marketing erhebt den Umweltschutz in den Rang eines Unternehmensleitbildes (Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship). Ökologisches Marketing findet statt im Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit der Befolgung gesetzlicher Umweltschutzbestimmungen sowie Forderungen relevanter Anspruchsgruppen (Okologie-Push) einerseits und ökologieorientierten Markt- und Wettbewerbsanforderungen (Ökologie-Pull) andererseits.
2. Elemente des Ökologie-Marketing Elemente des ökologischen Marketing sind:
(1) Ökologieorientierte Potenzial- und Umfeldanalyse (Analyse von Markt, Umwelt und Gesellschaft),
(2) Formulierung von ökologieorientierten Marketingzie len,
(3) Festlegung von ökologieorientierten Marketing-Strategien,
(4) Ausgestaltung des ökologieorientierten Marketing-Mix (Instrumente des Ökologie-Marketing) und
(5) Implementierung und Kontrolle der Massnahmen (Ökologiecontrolling).
3. Ökologieorientierte Analyse Zur Analyse unternehmensinterner ökologischer Potenziale und Schwachstellen (Stärken-/SchwächenAnalyse) sowie zur Einschätzung externer Entwicklungen (Chancen-/Risiken-Analyse) werden Planungs- und Analysemethoden eingesetzt. Ökologieorientierte Potenziale und Schwachstellen des Unternehmens lassen sich durch ökologische Kennzahlen, Stoff- und Energiebilanzen sowie ÖkoBilanzen erfassen. Zur möglichst frühzeitigen Identifikation umweltschutzbedingter Marktchancen und -risiken können z.B. die Szenario-Technik, die Cross-Impact-Analyse, die Anspruchsgruppenanalyse und die Issue-Analyse eingesetzt werden.
4. Ziele des Ökologie-Marketing Seit Beginn der 90er Jahre gilt das Prinzip des nachhaltigen Wirtschaftens (Sustainable Development) in Theorie und Praxis als Leitbild marktorientierten Umweltmanagements und des ökologischen Marketing. Dieses Leitbild wird auf betrieblicher Ebene auf die Erreichung ökologischer, ökonomischer und sozialer Ziele übertragen. Neben den Umweltschutzzielen, wie z.B. die Substitution nicht-regenerativer Ressourcen durch regenerative Ressourcen, werden im ökologischen Marketing somit auch ökonomische und soziale Ziele mitverfolgt. Ökonomische Marketingziele richten sich auf die Entwicklung und das Angebot von wettbewerbsfähigen umweltverträglichen Produkten und Dienstleistungen. Es geht um die schwierige Profilierung der Umweltverträglichkeit als wichtiger Wertbestandteil (Umweltqualität als Zusatznutzen) bzw. als wichtiges Bewertungs- und Kaufkriterium eines Produktes (siehe auch Konsumentenverhalten). Soziale bzw. gesellschaftspolitische Marketingziele sind u.a. die Achtung sozialer Normen und die Einhaltung sozialer Standards sowie die Schaffung von Transparenz für die interessierte Öffentlichkeit.
5. Strategien des Ökologie-Marketing Ökologieorientierte Marketingstrategien sind mittel- bis langfristig angelegte Grundsatzentscheidungen zur Umsetzung des Leitbilds der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes im Unternehmen. Diese Strategien legen einen Handlungsspielraum für geeignete Massnahmen fest, um gesetzte ökonomische, ökologische und soziale Marketingziele erreichen zu können. Aus konzeptioneller Sicht kann zwischen defensiven und offensiven Marketing-Strategien bei der Integration ökologischer Aspekte unterschieden werden. Während defensive ökologische Marketingstrategien den Umweltschutz stärker als Risiko oder notwendiges Übel und weniger als Chance begreifen, sind offensive ökologische Marketingstrategien Chancen- und marktorientiert. Ökologische Marketingstrategien können auf das eigene Unternehmen (z.B. Mitarbeiterschulung), die Umwelt (z.B. Steigerung der Ressourceneffizienz), den Markt (z.B. Schaffung einer Öko-Marke, Marke) oder auf die Gesellschaft (z.B. Beitritt zum Global Compact) gerichtet sein.
6. Instrumente des Ökologie-Marketing Der Schwerpunkt des ökologischen Marketing liegt in der Ausgestaltung der marketingpolitischen Instrumente (Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik, Vertriebspolitik). Dabei wird das bekannte Marketinginstrumentarium in Hinblick auf ökologieorientierte Fragestellungen interpretiert und entsprechend ergänzt. · Die ökologieorientierte Produktpolitik zielt auf die Entwicklung und Vermarktung umweltfreundlicher Produkte und Verpackungen sowie die Schaffung von -Öko-Marken (Marke) im Rahmen des Product Stewardship Leitbildes. Ansätze dazu sind:
(1) Langzeitprodukte durch modulares Design,
(2) kreislaufgerechte Produktentwicklung und -konstruktion und
(3) Substitution materieller Produktteile durch immaterielle Dienstleistungen. Insgesamt muss die ökologieorientierte Preispolitik darauf gerichtet sein, umweltfreundliche Produkte entweder zu vergleichbaren Preisen anzubieten wie herkömmliche Alternativen oder höhere Preise durch die Profilierung eines herausragenden ökologischen Produktnutzens im Rahmen einer Öko-Marke abzusichern. Solange umweltverträgliche Produkte und Dienstleistungen bei gleicher Qualität nicht teurer sind als die anderen, werden sie erfolgreich sein. Je höher aber die Preisdifferenz zwischen umweltverträglichem und herkömmlichem Produkt ist, desto weniger beeinflusst die Umweltqualität die Kaufentscheidung (siehe auch Konsumentenverhalten). · Das zentrale Thema der ökologieorientierten Kommunikationspolitik ist die Schaffung von Glaubwürdigkeit und Vertrauen in die ökologische Vorteilhaftigkeit eines Angebots. Dies resultiert informationsökonomisch gesehen daraus, dass sich das Wissen über die ökologische Qualität eines Produktes ungleich auf Hersteller und Käufer verteilt und die Umweltqualität für den Käufer den Charakter einer Vertrauenseigenschaft besitzt. Das hat zur Folge, dass das subjektiv wahrgenommene Kaufrisiko steigt und sich Misstrauen gegenüber den Absichten der Anbieter von umweltfreundlichen Produkten einstellt. Kommunikative Massnahmen zur Schaffung von Vertrauen sind insbesondere
(1) die Verwendung von Umweltzeichen (z.B. Blauer Engel),
(2) Umweltsponsoring (z.B. Kooperation mit Umweltgruppen),
(3) Dialoge mit kritischen Anspruchsgruppen und
(4) ökologieorientierte Public Relations zur ökologischen Positionierung und Vertrauensbildung in der Öffentlichkeit (z.B. Erstellung von Umwelt- bzw. Nachhaltigkeitsberichten). · Zu dem Bereich der ökologieorientierten Distributionspolitik gehört das ökologieorientierte vertikale Marketing gegenüber den Händlern. Es beinhaltet eine Kooperation in der Gestaltung der Marktwege zwischen Produktion und Konsum und trägt der Tatsache Rechnung, dass dem Handel in der Diffusion von Waren und Informationen eine bedeutende gatekeeper-Position zukommt.
7. Implementierung des Ökologie-Marketing Das ökologische Marketing bedarf einer Implementierung und Kontrolle seiner Massnahmen. Der besondere Charakter ökologischer Sachverhalte, wie z.B. Langfristigkeit und Komplexität, erfordert die Entwicklung spezieller Massnahmen, die nach innen und aussen gerichtet sein können (Ökologiecontrolling).
8. Probleme Die Erfolge der Praxis bei der Vermarktung umweltverträglicher Produkte und Dienstleistungen an Endverbraucher sind insgesamt recht enttäuschend. Auch nimmt das Umweltbewusstsein in der bundesrepublikanischen Bevölkerung seit Anfang der 90er Jahre stetig ab. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Marktsegment der umweltbewussten Käufer (siehe auch Konsumentenverhalten) in vielen Fällen zu klein fir eine wirtschaftliche Bearbeitung ist. Aus diesem Grund sollte sich das ökologische Marketing auf die Käufersegmente konzentrieren, die (noch) nicht regelmässig umweltverträgliche Produkte anderen Produkten vorziehen. Die Grenzen des ökologischen Marketing liegen einerseits im Problem des sozialen Dilemmas (Umweltdilemma) und andererseits darin, dass die Umweltqualität mit anderen kaufentscheidungsrelevanten Merkmalen eines Produktes konkurriert. Hinweise Zu den angrenzenden bzw. vertiefenden Wissensgebieten siehe Corporate Citizenship, Corporate Governance, Handelsmarketing, Kommunikationspolitik, Kommunikationspolitik, ökologieorientierte, Konsumentenverhalten, Konsumentenverhalten, umweltfreundliches, Markenfühmng, Marketing, Grundlagen, Marketing, Internationales, Marktforschung, Preispolitik, Preispolitik, ökologieorientierte, Produktpolitik, Produktpolitik, ökologieorientierte, Produktinnovation, Ökologiecontrolling (einschliesslich Ökologiebilanz und Ökologie-Rechnungswesen), Umweltmanagement, Unternehmensethik, Vertriebspolitik.
Literatur: Balderjahn, I.: Nachhaltiges Marketing-Management, Stuttgart 2004. Balderjahn, I./Will, S.: Umweltverträgliches Konsumentenverhalten. Wege aus einem sozialen Dilemma, in: Marktforschung & Management, 41. Jg., 1997, S. 140-145. Belz, F.M.: Integratives Öko-Marketing, Wiesbaden 2001. Hansen, U./Bode, M.: Marketing & Konsum. Theorie und Praxis von der Industrialisierung bis ins 21. Jahrhundert, Kapitel Ökologieorientiertes Marketing, München 1999, S. 416-433. Kaas, K.P.: Marketing für umweltfreundliche Produkte, in: Die Betriebswirtschaft, 52. Jg., 1992, S. 473-487.
Ökologisch sinnvolles Wirtschaften bezieht sich auf den für den Fortbestand der Organismen (Mensch, Tier, Pflanzen) existenznotwendigen Zustand der Umweltmedien Luft, Wasser und Boden. Es umfaßt alle Maßnahmen, die der Einschränkung des Verbrauchs (sparsame Verwendung, Regeneration, alternative Energieformen) der Umweltgüter dienen und ihrer Qualitätsminderung entgegenwirken. Ökologisches Marketing ist ein funktionaler Teilbereich des ökologischen Wirtschaftens. Marketing ist die Unternehmensführung vom Markt her und hat sich seit den 60 er Jahren zu einer sog. Unternehmensphilosophie entwickelt. In dieser tragenden Bedeutung für das Gesamtgeschehen in Unternehmungen bietet es besonders offensichtlich Anknüpfungspunkte für Kritik und Handlungsvorschläge in ökologischer Absicht. Die Bedeutung des Begriffes „ökologisches Marketing“ variiert mit der Begrifflichkeit des Marketing. Wird dieser auf erwerbswirtschaftliche Unternehmen bezogen und als Gestaltung der Transaktionen marktvermittelter Güter und Dienstleistungen zwischen Wirtschaftssubjekten aufgefaßt, dann beinhaltet ökologisches Marketing zusätzlich die bewusste Integration ökologischer Aspekte in diese Art der Transaktionen. Darüber hinaus bieten sich Marketingtheorie und -praxis auch mit ihrem technologischen Know-how für die Lösung von Transaktionsaufgaben anderer Institutionen, wie z.B. Verbraucher- und umweltpolitische Verbände und Organisationen an. In dieser Ausdehnung des Begriffsgehaltes ist von Marketing für Ökologie zu sprechen. Die Aktualität ökologischen Handelns resultiert aus zunehmend drängender werdenden Problemen der Umweltbelastung und -Zerstörung, die durch Produktion, Distribution und konsumtive Nutzung und Entsorgung von Konsumgütern und Dienstleistungen entstehen, indem nicht reproduzierbare, natürliche Ressourcen verwendet bzw. regenerative Ressourcen schneller vernutzt werden als sie nachwachsen, ökologisch schädliche Rückstände entstehen, die nach Emission die Umwelt belasten (bei Kraftfahrzeugen die Abgase) und Produkte - sofern auf Recycling verzichtet wird - der Umwelt als Abfall zur Last fallen. Daraus entstehen Fragen nach ökologischen Verantwortlichkeiten (Marketingethik) und nach Lösungsbeiträgen von Unternehmen und Konsumenten gleichermaßen. In diesem Zusammenhang wird das Marketing mehr und mehr als ökologischer Problemverursacherangegriffen. Wurde es noch bis in die 70er Jahre als einer der wichtigen Motoren des quantitativen Wirtschaftswachstums gefeiert, mehren sich nun Vorwürfe der Beteiligung an Umweltzerstörungen: Marketing trägt zu einer Steigerung jener Bedürfnisse bei, die mit materiellen Gütern zu befriedigen sind, propagiert also eine „Mehr-haben-wollen-Mentalität“. Mit dem Marketing wird eine Umsatzorientierung verfolgt, die zu einer Ressourcenverschwendung und Abfallerzeugung führt. Vorwurfsbeispiele: Obsoleszenz, aufwendige Verpackungen, unzulängliche Reparaturdienste, mangelhafte Verantwortung für die ökologischen Folgen der Produktpolitik, unzureichende Müllbeseitigungssysteme. Mit Marketing werden kurzfristige Marktorientierungen verfolgt und langfristige ökologische Folgen nicht berücksichtigt. Es wirkt damit zum Nachteil zukünftiger Generationen. Der Zusammenhang von Ökonomie und Ökologie wurde bereits seit den 70 er Jahren im volkswirtschaftlichen Schrifttum thematisiert, wenn auch nicht auf breiter Basis (Umweltökonomie). Der dabei diskutierte Problemlösungsgehalt verschiedener ökonomischer Instrumente steht in engem Zusammenhang mit den betriebswirtschaftlichen Ansätzen zur Aufarbeitung unternehmerischer Beiträge zur ökologischen Umweltgestaltung. In der betriebswirtschaftlichen Theorie wurde Ende der 70 er Jahre die Thematik aufgegriffen und seither für alle unternehmerischen Funktionsbereiche analysiert, wobei noch keinesfalls von durchgängiger Breite der Diskussion gesprochen werden kann. Hier wird im Rahmen des ökologischen Marketing insb. die strategische Marketingplanung in ihrer Ausrichtung auf die ökologische Makroumwelt behandelt. Die Gefahr mancher Beiträge liegt darin, dass ökologisches Marketing lediglich als eine der vielen Bindestrich-Mar- ketingvarianten zu einer neuen Erfolgsversion unternehmerischen Umsatzstrebens degeneriert und in dieser oberflächlichen Sichtweise gesellschaftliche Ablehnung erfährt. Das Thema „ökologisches Marketing“ bzw. „Marketing für Ökologie“ steht zwischen institutionellem oderpersonellem Eigennutz einerseits und ökologischer Verantwortung andererseits, und zwar auf beiden Marktseiten. Hier sind verschiedene Situationen zu unterscheiden, nämlich danach, ob diese beiden Handlungsrichtungen komplementär oder konfliktär verlaufen. Relativ einfach sind Fälle eines komplementären Verlaufs. Hier sind ökologische Probleme allenfalls Wissens- und Wahrnehmungsprobleme, die aber auch nicht unterschätzt werden sollten. Schwieriger und häufiger sind konfliktäre Verläufe. Ökologische Verantwortlichkeit zahlt sich eben nicht immer aus, weder auf der Unternehmensseite nach Gewinn- und Umsatzgesichtspunkten noch auf der Konsumentenseite nach persönlichen Nutzenkategorien. Es wäre zu kurz gegriffen, im Rahmen des ökologischen Marketing nicht auch dieses konfliktäre Spannungsverhältnis zwischen Unternehmung und Umwelt auszuloten und daraus Handlungskonsequenzen zu ziehen. Das ökologische Marketing ist vor dem Hintergrund verschiedener Determinantenkonstellationen zu sehen, aus denen sich Chancen und Risiken der unternehmerischen Umwelt sowie Stärken und Schwächen ökologischer Strategien ergeben. Wechselseitig sind Wert- und Verhaltensorientierungen der Konsumenten (umweltbewusstes Konsumentenverhalten) von besonderer Relevanz. Die Umweltbewegung ist eine sich seit Jahren ausbreitende soziale Bewegung, die auf den Konsum zunehmend durchschlägt. Soweit ökologische Marketingkonzepte mit aktiver Chancenorientierung in Verbindung gebracht werden, findet eine Positionierung eher in den Marktsegmenten aktiver oder aktivierbarer Konsumenten statt, um damit akquisitorisches Potential zu mobilisieren. Angesichts weiterer Diffusionserwartungen sind Pionierstrategien allerdings auch als Marktinvestitionen in zukünftiges akquisitorisches Potential anderer Zielgruppen denkbar. Die unternehmerische Wahrnehmung ökologischer Handlungsbedarfe wird durch hohe Potenz von Umweltforderungen, ihren Konkretisierungsgrad bezüglich der Adressaten und ihre zeitliche Präzision beeinflußt. Diese drei Elemente machen den öffentlichen Druck aus, der für ein Unternehmen entstehen kann und aktualisieren seine Risi- kovermeidungsperspektive. Insofern sind Verbraucher- und umweltpolitische Gruppen und ihre Artikulation in Medien einflußreiche Promotoren des ökologischen Marktgeschehens. Innerhalb der Unternehmungen wird das ökologische Marketing wesentlich geprägt durch organisatorische und persönliche Wert- und Zielorientierungen und durch ökologische Kompetenzen. Diese resultieren aus einer umfangreichen und komplexen Informationsbasis, die mit Instrumenten des Öko-Controlling geschaffen werden können. Die Komplexität beruht auf einer über die Grenzen einer Unternehmung hinausgehenden Systemverbundenheit ökologischer Effekte des Marketinghandelns. Als strategische Reaktionsformen auf gesellschaftliche Kritik und Herausforderungen werden in allgemeinerem Zusammenhang Ignoranz, Widerstand, Anpassung und Innovation unterschieden (L. P. Feldmann), die auf den ökologischen Problembereich übertragen werden können. Die Wahl zwischen diesen strategischen Alternativen vollzieht sich vor dem Hintergrund der verschiedenen unternehmerischen Determinanten- und Zielkonstellationen(Stauss). Ökologische Marketinganalysen beziehen sich i. d. R. auf die Entwicklung innovatorischer Handlungsformen. Diese umfassen auf der Beschaffungsseite ecology-pull-Strategien und auf der Absatzseite ecology-push- Strategien. Im Rahmen des ecology-pull wird Marketing für eine entsprechende Bereitstellung ökologisch orientierter Ressourcen gegenüber den Lieferanten eingesetzt. Dieser Aspekt hat seine besondere Bedeutung für den Handel als Marktmittler zwischen Pro- duktionund Konsum. Ecology-push-Strategien können mit dem gesamten Marketing- Mix-Instrumentarium auf der Absatzseite verfolgt werden. IhreGestaltungbeziehtsich auf ökologisch orientierte Kaufentscheidungen, die Nutzung und die Entsorgungsphase von Produkten. Die Einbeziehung der Nutzungs- (Gebrauchsnutzen) und Entsorgungsphasen (Entsorgungsnutzen) als Aufgabe des Marketing hat dem Nachkaufmarketing in den letzten Jahren mehr Gewicht verliehen. Hier ist in Zusammenarbeit mit dem Handel das Thema der Redistributionentstanden. Steigendes U mwelt- bewusstsein der Käufer und auch staatlicher Druck haben insb. die auf Reinheit und Natürlichkeit bedachte Qualitätspolitik, die Verpackungsgestaltung, das Recycling und die Verwendung von Umweltzeichen zu erfolgversprechenden Instrumenten des ökologischen Marketing gemacht. Der Lebenszyklus der „Umweltbranche“ ist erst in seiner Anfangsphasc. Trotzdem handelt cs sich hierbei schon um Märkte mit Milliardenumsätzen. Zu unterscheiden sind dabei Produkte und Dienstleistungen im Rahmen des aktiven Umweltschutzes zur Vermeidung von Umweltschäden einerseits und Produkte und Dienstleistungen im reaktiven Umweltschutz zur Beseitigung bereits eingetretener Umweltschäden andererseits. In beiden Bereichen lassen sich Produkte und Dienste vorgelagerter Produktionsstufen sowie solche auf der Endverbraucherebene unterscheiden. Insb. der Markt für Umweltschutztechniken entwickelt sich außerordentlich dynamisch, wobei ein deutlicher Trend zu prozeßintegrierten Umwelttechnik-Systemen zu beobachten ist. M.a.W. müssen die Anbieter von Umwektechniken nicht nur Anlagen, sondern auch begleitende Serviceleistungen, Vermarktungskonzepte für neue Abfallprodukte u.ä. leisten. Genormte Produkte entsprechen diesem Anforderungsprofil selten. Dies führt zu einem hohen Aufwand für das sog. Engineering, wofür auch personell die Voraussetzungen zu schaffen sind. Kritische Aspekte sind häufig auch die Entsorgung, z.B. die Gipsentsorgung von Rauchgasentschwefelungsanlagen. Die Investitionsschwerpunkte beim Umweltschutz in den nächsten Jahren werden insb. bei der Entsorgung und Behandlung des Mülls (Sortierung, Wiederverwertung, spezifische Behandlung, Deponierung etc.), der Sanierung sog. Altlasten (Investitionspotential 1989 über 20 Mrd. EUR), beim Gewässerschutz und bei der notwendigen Hüttenreinigungsstufe zur Absorption von Phosphat und Ammonium-Stickstoff in den Kläranlagen (Umsatzpotential ca. 40 Mrd. EUR) liegen (Wiehn, S. 39). Wie das Problem der Endkontaminierung verseuchter Böden mit Hilfe sog. „Killer-Mikroben“ zeigt, müssen dafür u.U. hochmoderne Technologien eingesetzt werden. Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft A.D. Little betrug das Investitionsvolumen bundesdeutscher Unternehmen für den Umweltschutz 1987 45 Mrd. EUR. Im Bereich der Konsumgüter sind es insb. sog. low interest products sowie alle gesundheitsbeeinflussenden Produkte andererseits, die von der ökologischen Entwicklung besonders tangiert werden. Unter low interest products sind solche Produkte zu verstehen, denen der Verbraucher wenig inneres Engagement und Interesse widmet, also z. B. Papierwaren, Glühbirnen, Reinigungsmittel etc. (Involvement). Weil dort keine zentralen Interessen tangiert sind, ist die Bereitschaft der Verbraucher zum umweltbewussten Verhalten besonders groß. Dies hat sich auch bereits in hohen Marktanteilen umweltfreundlicher Produkte, z. B. im Sektor T oilettenpapiere, Haushaltsreiniger, Waschmittel, Umweltschreibpapier etc. niedergeschlagen. Gesundheitskritische Produkte sind all jene, die entweder direkt, also durch die Ernährung, oder indirekt durch Umwelteinflüsse, also z.B. durch Luftschadstoffe, Lärmbelästigung etc. Gesundheit oder Wohlbefinden der Verbraucher gefährden. Hier verknüpft sich das Umweltbewusstsein häufig auch mit einem gestiegenen Gesundheitsbewusstsein allgemeiner Art und verstärkt entsprechende Verhaltensänderungen. Selbst ein Produkt wie Bier wird heute zum Gegenstand ökologischer Produktvarianten. Empirische Untersuchungen Ende der 80 er Jahre (Kirchgeorg, 1990; Meffert, 1990) machten in Deutschland vier strategische Grundhaltungen deutlich, nämlich innovative (22,9%), „selektive“ (19,8%), primär innengerichtete (auf Umweltschutz innerhalb des Unternehmens bedachte; 27,4%) und passive Einstellungen. Am erfolgreichsten sind die beiden erstgenannten Gruppen. Am positivsten wirkt dabei nach Meinung der Praxis der Imageeffekt eines ökologisch orientierten Marketing, aber auch die Mitarbeitermotivation und die Profilierungsmöglichkeiten beim Handel. Schließlich werden Öko-Strategien vielfach als Möglichkeit zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit angesehen, insb. wenn sie rechtzeitig ergriffen werden und der Profilierungseffekt damit am ehesten wirksam wird. Eine Schwerpunktaufgabe der Theorie des ökologischen Marketing liegt sicherlich darin, in der grob umrissenen Form innovatorische Konzepte zu entwickeln. Darüber hinaus ist es jedoch auch wichtig, Grenzen des ökologischen Handelns erwerbswirtschaftlich orientierter Einzelunternehmen abzustecken und für weiterreichende ökologische Konfliktfälle in Kenntnis unternehmerischer Verhaltensweisen an übergreifenden Lösungsansätzen mitzuwirken (z. B. Beratungsfunktion bei der Entwicklung vonUm- weltgesetzen). Im Rahmen des Marketing für Ökologie findet ein Wissenstransfer auf Institutionen statt, die das ökologische Markthandeln auf Verbraucherseite stärken (So- zio-Marketing).
Literatur: Brandt, A.; Hansen, U.; Schoenbeit, Werner, K. (Hrg.), Ökologisches Marketing, Frankfurt, New York 1988. Kirchgeore, M., Ökologieorientiertes Unternehmens verhalten, Wiesbaden 1990. Meffert, H., Der Einfluß von Ökologie und Marketing auf die Strategien, in: asw, Sondernummer Oktober 1990, S.42-56. Wagner, R. (Hrsg.), Unternehmung und ökologische Umwelt, München 1990.
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