[s.a. Konsumentenverhalten; Neobehaviorismus] Der Behaviorismus wurde von dem amerikanischen Psychologen Watson begründet. »Nach behavioristischer Auffassung, die inzwischen in der Verhaltensforschung weitgehend abgelehnt wird, waren für die Erklärung des Verhaltens nur Aussagen über beobachtbare Größen zugelassen. Beobachtbar sind einerseits die Reize, die auf einen Organismus (Mensch, Tier) einwirken und andererseits die dadurch ausgelösten Reaktionen« (Kroeber-Riel/Weinberg, 1999, S. 29f.).
Das behavioristische Forschungsparadigma findet seinen Ausdruck in so genannten SR-Modellen (Reizreaktionsmodellen) (vgl. Obersicht 13).
Den behavioristischen Gesetzmäßigkeiten liegt folgendes Muster zugrunde: Wenn ein bestimmter Reiz S (Stimulus) auf einen Organismus trifft, so ist die Reaktion R (Response) zu erwarten. Das Verhalten des Individuums wird nur auf der Basis der Input- und Outputgrößen der Black-Box untersucht. Allein relevanter Verhaltensfaktor ist der erfassbare Stimulus. Somit werden nur die objektiv beobachtbaren Reize sowie die entsprechenden Reaktionen in die Theorie einbezogen, nicht dagegen die nicht beobachtbaren psychischen Vorgänge im Organismus. Es ist Ziel des Behaviorismus, Relationen zwischen Reizgrößen und Verhaltensweisen zu ermitteln.
Die SR-Modelle reichen daher nicht aus, um so komplexe Vorgänge wie das Kaufverhalten zu erklären, insbesondere können sie nicht erklären, warum z.Behaviorismus eine Person ein Produkt kauft und eine andere Person nicht. Die Beobachtung des rein äußeren Verhaltens (R) muss ergänzt werden um die des inneren Verhaltens (I, 0). Das berücksichtigen die weiterführenden SIR-bzw. SOR-Modelle des Neobehaviorismus.
In der Wirtschaftssoziologie: psychologische Richtung, die fordert, dass die Psychologie als streng erfahrungswissenschaftliche Disziplin Aussagen nur über das äusserlich sichtbare Verhalten (behavior) zu machen hat. Grundlegendes theoretisches Schema des sich insbesondere von jeder introspektiven Psychologie abgrenzenden Behaviorismus ist das Reiz-Reaktions-Modell (S-R-Theorie). In seiner ursprünglich sehr eng empiristisch gefassten Form enthielt dieses Modell keinerlei Begriffe oder Annahmen, die sich nicht auf direkt am Organismus oder in seiner Umwelt beobachtbare Vorgänge bezogen. Durch die Einführung von Annahmen über die Wirksamkeit von sog. intervenierenden Variablen (d.h. von Faktoren, die zwischen den Reizen und den Reaktionen „vermitteln“), z.T. sogar durch die Einführung von Annahmen über „Bewusstseins“-Prozesse (d.h. kognitive oder mentale Vorgänge) hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Liberalisierung des Behaviorismus vollzogen (Neobehaviorismus). Innerhalb der Sozialwissenschaften ist der Behaviorismus vor allem als Grundlage des verhaltenstheoretischen Ansatzes in der Soziologie (Verhaltenssoziologie) bedeutsam geworden.
Sammelbezeichnung für bestimmte psychologische Forschungsrichtungen, die die Entwicklung der modernen Psychologie massgeblich gefördert und geprägt haben. Bis zum Ende des 19. Jh. war die Psychologie eher ein Ableger der Philosophie als eine eigenständige Wissenschaft. Ihre Theorien waren stark men- talistisch, d.h. auf Bewusstseinsprozesse fixiert, ihre wichtigste Erkenntnismethode war die Introspektion. Das Entstehen des Behaviorismus ist ein klassisches Beispiel für einen "Paradigma-Wechsel" im Sinne von Thomas S. Kuhn (Paradigma). Nach vereinzelten, wegbereitenden Arbeiten war das auslösende Moment ein im Jahre 1913 veröffentlichter Aufsatz von John B. Watson, in dem er ein neues Wissenschaftsprogramm konzipierte. Watson forderte eine Psychologie des Verhaltens statt eines Theoretisierens über innere Bewusstseinsvorgänge. Seiner Ansicht nach lassen sich objektive Erkenntnisse über die Determinanten des Verhaltens und seiner Änderungen nur auf beobachtbare Reiz-Reaktions-Prozesse gründen. Er setzte an die Stelle der Introspektion das kontrollierte Experiment als Weg zur Erkenntnis. Behavioristische Ideen wurden sehr schnell zur dominierenden Kraft in der amerikanischen Psychologie. Sie wurden vor allem von Lerntheoretikern wie Clark Hull (in eine mehr quantitative, mathematische Richtung) und Burrhus F. Skinner (in eine extrem mechanistische Richtung) weiterentwickelt. An den Arbeiten von Forschern wie Skinner werden auch die Schwächen eines überzogenen Behaviorismus sichtbar. Alle internen Bewusstseinsvorgänge werden ausgeklammert (Organismus als "black box"), es entsteht die Gefahr eines theorielosen, blossen Faktensammelns. Kritisiert wird vor allem, dass sich die Ergebnisse der behavioristischen Forschung, die meist mittels komplizierten Apparaturen ("Skinner-Box") in Tierexperimenten gewonnen werden, kaum auf den Menschen übertragen lassen. Der sog. "Neobehaviorismus", der vor allem in die Sozialpsychologie Eingang gefunden hat, versucht die genannten Schwächen dadurch zu überwinden, dass er "intervenierende Variablen" in die Erklärung des Verhaltens einbezieht. Mit diesem von Edward C. Tolman eingeführten Begriff sind unbeobachtbare, interne Zustände und Vorgänge im Organismus gemeint (z.B. Ziele, Einstellungen, Wissen), ohne die ein Stimulus-Reak- tions-Prozess nicht zureichend erklärt werden kann. Der Neobehaviorismus setzt mithin an die Stelle eines reinen S-R-Modells ein erweitertes S-I-R-Modell, wobei I für die intervenierenden Variablen steht. Dies bedeutet nicht unbedingt einen "Rückfall" in Spekulation und Introspektion, deren Überwindung das ursprüngliche Ziel des Behaviorismus gewesen war. Denn intervenierende Variablen sind nur dann in einem Erklärungsmodell zu recht- fertigen, wenn sie hinreichend gültig und zuverlässig gemessen werden können. In den Theorien des Konsumentenverhaltens, soweit sie sich auf psychologische Erkenntnisse und Methoden stützen, spielen rein behavioristische Ansätze nur eine untergeordnete Rolle. So erinnern etwa bestimmte stochastische Modelle des Konsumentenverhaltens an die Theorien von FIull. Der überwiegende Teil der Forschung, etwa so umfangreiche Gebiete wie die Erforschung von Einstellungen oder der Informationsverarbeitung der Konsumenten, orientiert sich am neobehavioristischen Paradigma. Literatur: Kroeber-Riel, W., Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992.
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