Werbung, Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb
ist als Tatbestand des Werberechts das Hervorrufen oder Bestätigen eines falschen, d.h. der Realität nicht entsprechenden Eindrucks mittels Werbung. Irreführungen in der Werbung schädigen die Verbraucher, die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Werbeaussagen ihre Konsumentscheidungen treffen. Die auf Irreführungen zurückzuführenden Einstellungs- und Verhaltenswirkungen führen auch zu einer Verzerrung der Marktprozesse und somit zu einer Schädigung der Wettbewerber und zu einer Beeinträchigung der Institution Wettbewerb selbst. Diese Negativwirkungen begründen die Notwendigkeit von rechtlichen Regelungen zur Verhinderung bzw. Ahndung irreführender Werbung. In Deutschland stellt der § 3 des UWG die wesentliche Rechtsgrundlage dar. Danach sind irreführende Angaben geschäftlicher Art, v. a. über die Beschaffenheit (Beschaffenheitsangaben), den Ursprung, die Herstellungsart oder den Preis von Waren oder gewerblichen Leistungen, verboten. Angaben i. S. des § 3 sind nachprüfbare Aussagen über geschäftliche Verhältnisse in Wort und Bild. Für die rechtliche Beurteilung einer Angabe ist die sog. Verkehrsauffassung entscheidend. Irreführung liegt vor, wenn ein nicht unerheblicher Teil der Zielgruppe die Werbung in einem Sinne versteht, der den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Bei der Ermittlung des Verständnisses wird ein Durchschnittsmaßstab in bezug auf Aufmerksamkeit, Erfahrung, Sachkenntnis und Intelligenz der Adressaten und die Situation eines flüchtigen Lesens oder Hörens zugrundegelegt. Der zu schützende Personenkreis ist nicht grundsätzlich prozentual fixiert, sondern wird von Fall zu Fall festgelegt; vielfach werden Anteile von ca. 15-25% Irregeführter eines Verkehrskreises als kritischer Wert angesehen. Irreführend ist eine Angabe in jedem Fall, wenn der falsche Eindruck durch eine objektiv falsche Behauptung erweckt wird. Irreführende Werbung hegt aber auch vor, wenn die Verkehrskreise mit einer objektiv richtigen Angabe unrichtige Vorstellungen verbinden. Zu den wesentlichen Fallgruppen der irreführenden W erbung gehören: 1) Blickfangwerbung: Als Blickfang besonders herausgestellte Angaben können irreführend wirken, wenn sie bei isolierter Betrachtung einen Eindruck erwecken, der nachhaltig von dem abweicht, der unter Berücksichtigung des übrigen Inhalts der werblichen Ankündigung entsteht. 2) Irreführung durch Verschweigen: Das Verschweigen einer für den Kaufentschluß wesentlichen Tatsache kann irreführend sein, z.B. wenn eine Aufklärungspflicht seitens des Anbieters besteht. 3) Werbung mit Selbstverständlichkeiten: Werbebehauptungen, die Umstände hervorheben, die bei allen Erzeugnissen dieser Art vorliegen müssen, sind irreführend, auch wenn die Angaben objektiv richtig sind. 4) Alleinstellungswerbung:Die Behauptung einer Spitzenstellung ist irreführend, wenn sie nicht nachweislich wahr ist (Alleinstellungswerbung). Die Vorschriften des § 3 UWG werden durch den § 4 UWG (Strafbare Werbung) ergänzt. Hier werden vorsätzlich unwahre und zur Irreführung geeignete werbliche Angaben, die sich an einen größeren Personenkreis richten, unter Strafe gestellt. Ansprüche auf Unterlassung einer irreführenden Werbung nach §3UWG können gem. § 13, IIUWG erhoben werden von Gewerbetreibenden, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art vertreiben, rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen (Wirtschaftsverbänden), V erbraucherverbänden sowie Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern. Geschädigte Mitbewerber können darüber hinaus Schadenersatz verlangen (§13, VI), wenn der Werbetreibende wußte oder wissen mußte, dass die von ihm gemachten Angaben irreführend sind. Der einzelne Konsument hat weder Unterlassungs- noch Schadensersatzanspruch (UWG). Liegen die Voraussetzungen des § 4 vor, kann der getäuschte Abnehmer vom Vertrag zurücktreten (§ 13 a). Es ist umstritten, ob die derzeitige Regelung Irreführungen in der Werbung effizient zu verhindern vermag. Während die Werbewirtschaft auf den - auch im internationalen Maßstab - hohen Stand der Wettbewerbsund Werbekontrolle verweist, verlangen Vertreter der Verbraucherpolitik zusätzliche Vorschriften (z.B. Beweislastumkehr, Bündelung von Schadensersatzansprüchen, Verschärfung des Werbestrafrechts). Marketingwissenschaftlich steht die Entwicklung von Verfahren zur Operationalisierung und Messung von Irreführungen im Zentrum des Interesses. Dabei werden teilweise auch Irreführungen durch Werbung berücksichtigt, die wettbewerbsrechtlich weitgehend unbeachtlich sind. Dazu gehören: - Irreführungen bezüglich Produktverwendungsmöglichkeiten, z.B. über die Eignung des Produktes, bestimmte soziale Bedürfnisse zu befriedigen, - Irreführungen über Bedürfnisse, Normen und Rollenerwartungen in ihrer Eigenschaft als Qualitätsbewertungskriterien und - Irreführungen über die Quelle der werblichen Information. -
Literatur: Baumbach, A.;Hefermehl, W., Wettbewerbsrecht, 16. Aufl., München 1990. Dedler, K.; Grunert, K. G., Die Diagnose irreführender Werbung: Auf der Suche nach einer praktikablen Meßmethode, in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 27. Jg. (1981 ), Nr. 4, S. 305-328. Raffée, H. u.a., Irreführende Werbung, Wiesbaden 1976.
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