Um die komplexen Verhaltensweisen bei individuellen Kaufentscheidungen zu systematisieren, lassen sich in Abhängigkeit vom Grad der kognitiven Steuerung Kaufentscheidungstypen bilden. Dabei wird der Entscheidungsprozess vereinfacht als Einheit betrachtet und nicht in einzelne Phasen zerlegt, die durchaus unterschiedlich stark kognitiv gesteuert werden können (Kaufphasenamatz).
In der Reihenfolge abnehmender kognitiver Steuerung unterscheidet man folgende Typen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1999, S. 366ff.):
1. Entscheidungen mit stärkerer kognitiver Steuerung (echte Kaufentscheidungen) (Kognitive Entscheidungsmuster)
- extensive Entscheidungen
- vereinfachte Entscheidungen.
2. Entscheidungen mit geringer kognitiver Steuerung
- habituelles Verhalten (Gewohnheitsverhalten) (Habituelles Kaufver-halten)
- impulsives Verhalten (Impulsives Kaulwrhalim)
- Zufallsverhalten.
Die Kaufentscheidungstypen sind in gradueller Ausprägung zu sehen. Um die einzelnen Typen abgrenzen zu können, wendet man als Kriterien die Anzahl der durchlaufenen Phasen des EntScheidungsprozesses (Beschajfungsentscheidungsprozess) und die Intensität der durchlaufenen Phasen an. Als Determinanten für das Auftreten einzelner Kaufentscheidungstypen auf Konsumgütermärkten kann man die Art des auszuwählenden Produktes, die Kaufsituation und die persönlichen Prädispositionen des Entscheidenden betrachten. Dabei unterscheidet man als Produktarten einerseits Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, andererseits Convenience Goods (Con-venience Shopping), Shopping Goods und Specialty Goods (Konsumgütertypoiogie). Bezüglich der Kaufsituation sind als Bestimmungsgrößen der emotionale Reizwert der Situation, der Zeitdruck und die Neuartigkeit der Situation zu nennen. Zu den persönlichen Prädispositionen zählen die Risikoneigung der Käufer, das petson liehe Informationsniveau und die Ich-Betel ligung (Involvement), d.h. das individuelle Engagement bei der Kaufentscheidung (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1999, S. 360). Durch eine Kombination der Ausprägungen dieser Bestimmungsgründe ergeben sich verschiedene Verhaltenssegmente.
Bei den Kaufentscheidungstypen mit stärkerer kognitiver Steuerung geht man häufig von Kaufentscheidungsmodellen aus, nach denen der Käufer vor Kaufentscheidungen sämtliche verfügbaren Informationen aufnimmt und rational verarbeitet. Hierzu ist er aber auf Grund vorhandener Restriktionen nicht in der Lage. So greifen stets emotionale Komponenten in den Entscheidungsprozess ein und bestimmen die Effizienz der Informationsverarbeitung. Diese steht auch unmittelbar unter sozialem Einfluss. Weiterhin sind die kognitiven Restriktionen im Sinne einer begrenzten Informationsverarbeitungskapazität und Problemlösungsfähigkeit zu beachten. Daher werden auch in echten Kaufentscheidungssituationen häufig vereinfachte Entscheidungsprogramme angewendet. Die Vereinfachung des Entscheidungsverhaltens entlastet den Käufer und verringert die möglichen Konflikte. Eine Vereinfachung der Produktauswahl kann dadurch entstehen, dass der Käufer nur eine geringe Zahl von Alternativen prüft, sich von Prädispositionen, besonders Einstellungen leiten lässt, nicht nach optimalen Lösungen sucht, sondern eine Alternative sucht, die seinem Anspruchsniveau genügt.
Extensive Kaufentscheidungen werden von Konsumenten nur durchgeführt, wenn sie vor einem größeren Auswahlproblem stehen, z.B. bei neuen, hochwertigen Produkten. Bei extensiven Entscheidungen orientiert sich der Käufer an den Entscheidungswerten der Produkte, die sich aus der Differenz von wahrgenommener Qualität (Nutzen) und wahrgenommenem Preis (Kosten) ergibt. Er vollzieht dann eine Kosten-Nutzen-Analyse.
Zugleich treten in der Praxis unterschiedliche, diesen Kaufentscheidungstypen nur situativ zuzuordnenden Verhaltensweisen von Konsumenten auf. So ist ein hybrider Käufer dadurch gekennzeichnet, dass er in Abhängigkeit von Einkaufsituation, Produkt oder seiner sozialen Bedeutung einerseits sehr auf den Preis achtet (z.B. beim Kauf von Lebensmitteln) und andererseits eine hohe Qualität zum teuren Preis wünscht (z.B. bei Bekleidung). Hybrides Verhalten zeigt sich auch dann, wenn die gleichen Produkte in unterschiedlichen Kaufsituationen einmal preissensibel und zum anderen ohne jegliche Preissensibilität nachgefragt werden. In diesem Zusammenhang hat auch der Begriff des Smart Shop-pcrs Verbreitung gefunden, eines Konsumententyps, der nicht billige Produkte, sondern qualitativ hochwertige Marken billig, schnell und stressfrei kauft. Er gilt als cleverer Konsument, der durch ein nachhaltiges »Pokern« um den Mehrwert der Marke gekennzeichnet ist (vgl. Grey Werbeagentur, 1995).
Auch auf Investitionsgütermärkten gibt es Kaufentscheidungstypen mit mehr oder weniger starker kognitiver Steuerung. Tendenziell liegt aber eine stärkere kognitive Steuerung vor. Im Bereich geringer kognitiver Steuerung handelt es sich überwiegend um habituelle Entscheidungen; impulsives Kaufverhalten kann weitgehend ausgeschlossen werden.
Als Einflussfaktoren für das Vorliegen eines Entscheidungstyps spielen besonders die Faktoren eine Rolle, die als Kriterien für die Investitionsgütertypologie herangezogen werden. Es handelt sich um die Neuartigkeit der Problemdefinition, den organisatorischen Wandel beim Verwender und den Wert des Gutes. Anhand der Ausprägungen der Kriterien Neuartigkeit des Kaufentscheidungsproblems bzw. der Problemdefinition, Ausmaß des orgamsationa-len Wandels und Wert des Objektes gelangt man zu den Kaufentscheidungsprozessen vom Typ A, B oder C. Ein Kaufent-scheidungsprozess vom Typ C liegt vor, wenn es sich um einen Erstkauf handelt, bei dem sich ein großer Wandel ergibt und über ein Objekt großen Wertes entschieden wird. Bei Typ A liegen die entgegengesetzten Ausprägungen vor; zu Typ B gehören alle dazwischenliegenden Formen.
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