Versicherte, die wegen Krankheit, einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft arbeitsunfähig (Arbeitsunfähigkeit) sind, haben gegenüber dem Arbeitgeber einen Lohnfortzahlungsanspruch bis zur Dauer von höchstens sechs Wochen. Bei wiederholter Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit besteht Anspruch innerhalb von zwölf Monaten nur einmal. Die Höhe der Zahlung richtet sich nach dem Arbeitsentgelt, das dem Arbeitnehmer bei regelmässiger Arbeitszeit zusteht. Endet die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers und besteht weiter Arbeitsunfähigkeit, wird Krankengeld gewährt. Da die durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit erheblich unter sechs Wochen liegt, kommt es in der überwiegenden Zahl der Krankheitsfälle nicht mehr zum Bezug von Krankengeld. Deshalb führt die Lohnfortzahlung zu einer Kostenentlastung der Krankenversicherungsträger, und entsprechend steigt die Kostenbelastung für die Arbeitgeber; sie betrug 1990 33,2 Mrd. DM. Die Lohnfortzahlung wurde am 1.1. 1970 im Rahmen des Gesetzes zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenkassen eingeführt. Im Krankheitsfalle nimmt nicht die Krankenkasse, sondern der Betrieb für die ersten sechs Wochen die uneingeschränkte Fortzahlung des Bruttoentgelts wahr. Bei Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten hat der Gesetzgeber das Lohnfortzahlungsrisiko als zu gross erachtet. Hier wird eine Umlage in Prozenten der Lohnsumme der nach dem Lohnfortzahlungsgesetz berechtigten Arbeitnehmer erhoben. Die Aufwendungen der Arbeitgeber für Lohnfortzahlung werden in diesem Fall von der Krankenkasse zu 80% erstattet. Die Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ist im Arbeits- förderungsgesetz geregelt; die Bestimmungen für das ab der siebten Woche bezahlte Krankengeld sind im SGB V (§§ 44-51) zu finden. Beim Krankengeld erhält der Arbeitnehmer 80% des letzten Bruttoarbeitsentgelts. Keine Leistungspflicht der GKV besteht mehr seit dem 1.1. 1991, wenn Leistungen aufgrund eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung notwendig werden (§§ 11 Abs. 4 SGB V i. Vm. Art. 79 Abs. 4 GRG). Bei der Lohnfortzahlung bestehen nach wie vor Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten, die sich lediglich historisch begründen lassen. So sind Arbeiter, um die Voraussetzungen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu erfüllen, gezwungen, sofort einen Arzt aufzusuchen, der ihnen die Arbeitsunfähigkeit attestiert, unabhängig davon, ob sie ärztlicher Behandlung bedürfen. Die Angestellten haben erst nach drei Tagen eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung vorzulegen. Weiterhin haben Angestellte bei Arbeitsverhinderungen, die ausserhalb der Arbeitsunfähigkeit liegen (z.B. Arzt- und Zahnarztbesuche, ambulante Behandlungsmassnahmen, Vorsorgeuntersuchungen), einen unabdingbaren, keinerlei Begrenzungen zugänglichen Anspruch auf Gehaltsfortzahlung, falls eine Krankheit die Ursache der Arbeitsverhinderung ist. Diese Ungleichbehandlung von Arbeitern und Angestellten ist allerdings in bestimmten Wirtschaftszweigen durch tarifvertragliche Regelungen oder betriebliche Vereinbarungen beseitigt worden. Um dem Missbrauch der Lohnfortzahlung vorzubeugen, wird immer wieder die Einführung der 1970 abgeschafften drei unbezahlten Karenztage diskutiert. Jedoch steht den Arbeitgebern, Krankenkassen und Ärzten bei begründeten Zweifeln der Krankheit der Medizinische Dienst zur Verfügung, durch den die Arbeitsunfähigkeit überprüft werden kann. In der Diskussion über die Reform der Lohnfortzahlung wird auch eine versicherungsrechtliche Lösung diskutiert, die die unerwünschten Wirkungen der Lohnfortzahlung vermindern soll. Weiterhin wird insb. von ärztlicher Seite die Möglichkeit einer Bescheinigung von Teilarbeitsunfähigkeit gefordert. Literatur: Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 1988, Medizinische und ökonomische Orientierung, Baden-Baden 1988, Tz. 355 ff.
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