Sozialindikatoren
System von zumeist nichtmonetären Wohlstandsmeßzahlen, die die Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten auf sozialrelevante Zielbereiche messen sollen. Ausgehend von der Einsicht, dass die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und damit verbunden das - Sozialprodukt in zunehmendem Maße ungeeignet sind, die Wohlstandsveränderungen moderner Industriegesellschaften innerhalb bestimmter Zeiträume auszuweisen, werden bereits seit einigen Jahren ergänzende Wohlstandsmeßzahlen gefordert und in einigen Ländern auch amtlicherseits bereits erstellt. Diese sozialen Indiaktoren, die sowohl den privaten als auch den öffentlichen Sektor erfassen wollen, unterscheiden sich von den herkömmlichen volkswirtschaftlichen Erfolgsindizes v.a. dadurch, dass bewußt auf eine Bewertung in Geld verzichtet wird, wenn andere Maßeinheiten den untersuchten Wohlfahrtsaspekt exakter abbilden können (z.B. CO2-Gehalt der Luft, Anzahl Ärzte pro Kopf, Kindersterblichkeit, Kalorienverbrauch pro Kopf), und dass bewußt Aggregationen zu komplexeren Indikatoren überall dort vermieden werden, wo die Heterogenität bestimmter relevanter Sachverhalte dem entgegensteht (z.B. Kriminalität und Luftoder Wasserverschmutzung). Außerdem werden, im Gegensatz zur Erfassung des staatlichen Sektors in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, durchgehend die Outputs der wirtschaftlichen Tätigkeit gemessen, und zwar auch diejenigen Outputs, die von der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auf Grund ihres Zuschnitts auf den Unternehmenssektor nicht berücksichtigt werden (z.B. nicht beseitigte - Umweltverschmutzung als »Output« eines privaten Produktionsprozesses). Bezugspunkt der Überlegungen ist, soweit möglich, die Wohlfahrt des einzelnen Haushalts. Wenn absolute Werte für sich genommen nicht genügend aussagekräftig erscheinen, ermittelt man für die einzelnen Indikatoren Zeitreihen. Nach der Absicht einiger ihrer Befürworter sollen die sozialen Indikatoren zu einem umfassenden System ausgebaut werden. Dieses System soll neben der Wohlfahrtsmessung durch Probleminformation eine Dauerbeobachtung des sozialen Wandels ermöglichen. Es könnte darüber hinaus eine wohlfahrtsorientierte Steuerung auch im Hinblick auf bisher außerökonomische Lebensbereiche erleichtern und dann ergänzend neben die traditionellen volkswirtschaftlichen Rechenwerke treten. Voraussetzung für ein derartiges System von sozialen Indikatoren ist allerdings die Entwicklung eines operationalen Zielsystems, das alle diejenigen gesellschaftlichen Tatbestände erfaßt, die über längere Zeiträume hinweg Objekt der Gesellschaftspolitik sein können. Dabei muss dieses System breit genug sein, um das ganze Spektrum gesellschaftspolitischer Vorstellungen aufnehmen zu können, und eng genug, um noch eine vernünftige politische Diskussion zu erlauben. Das OECD-System als Beispiel eines derartigen umfassenden Systems enthält acht Hauptzielbereiche: a) Persönlichkeitsentwicklung und intellektuelle und kulturelle Entfaltung durch Lernen; b) Gesundheit; c) Arbeit und Qualität des Arbeitslebens; d) Zeitbudget und Freizeit; e) Verfügung über Sachgüter und Dienstleistungen; f) physische Umwelt; g) persönliche Freiheitsrechte und Rechtswesen; h) Qualität des Lebens in der Gemeinde. Diese Hauptzielbereiche werden dann weiter in einzelne Hauptziele aufgegliedert, so z.B. der Hauptzielbereich Qualität des Lebens in der Gemeinde in die Hauptziele: Erhöhung der sozialen Mobilität und Mobilitätschancen, Verringerung der sozialen Schichtung und der Isolierung von Randgruppen, Verbesserung der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen in der Gemeinde. In einem nächsten Schritt werden diese immer noch nicht operational definierten Hauptziele dann durch Formulierung sogenannter Unterziele näher umrissen. Erst auf einer vierten Stufe können dann, auf diesen Unterzielen aufbauend, operationale soziale Indikatoren konstruiert werden. Für die BRD wird seit 1972 an einem »Sozialpolitischen Entscheidungs- und Indikatorensystem« (SPES) gearbeitet, von dem mittlerweile erste Ergebnisse vorliegen. Literatur: Krupp, H.J., Zapf, W. (1977). Leipert, Ch. (1973)
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