Mittel der Industriestrukturpolitik mit dem Ziel, den Marktanteil eines im strukturellen Wandel gefährdeten Industriebereichs zu erhalten, indem in der Versorgung der Volkswirtschaft mit den Erzeugnissen (meist Vorleistungen) dieser Industrie ein politisch definierter oder ein zwischen Lieferanten und Abnehmern privatwirtschaftlich ausgehandelter Vorrang ausgesprochen wird. Der Vorrang kann sich beziehen auf die Zusammensetzung der Versorgung mit in- und ausländischen Gütern oder auf die Reihenfolge des Einsatzes eines Gutes im Verhältnis zu Substitutionsgütern. Ein Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland ist die Kohlevorrangpolitik gegenüber der Importkohle und dem Mineralöl bei der Elektrizitätserzeugung. Die Vorrangerklärung hat programmatischen Charakter und ist keine quantifizierte Absatzgarantie. Die Abstimmung von Produktion und Absatz bleibt Angelegenheit deflinternehmen, wobei jedoch vom Staat flankierende Anreize zur Zielerreichung gegeben werden. Die Vorrangpolitik bedient sich verschiedener Instrumente, z. B. Selbstbeschränkungsabkommen der Produzenten von Substitutionsgütern, Importkontingentierung, Einfuhrzölle, Besteuerung von konkurrierenden. Gütern, Verarbeitungszwang, Steuervergünstigungen und Subventionen zum Nachteilsausgleich für den Einsatz der mit Vorrang versehenen Güter sowie langfristige Privatverträge Jahrhundertvertrag, Hütten- vertrag) zur Abnahme bestimmter Mengen. Eine schutzorientierte Vorrangpolitik konserviert Produktionskapazitäten, die unter marktmässigen Bedingungen abgebaut werden müssten. Die durch die Vorrangeinräumung bedingten Wettbewerbsbeschränkungen werden mit Preissteigerungen und Produktivitätsverlusten erkauft, die Produzenten- oder Konsumentensouveränität wird eingeschränkt, die Allgemeinheit wird zugunsten der Unternehmen und Arbeitnehmer in den priorisierten Bereichen belastet. Wirtschaftspolitisch beachtlich ist das Argument der Versorgungssicherung durch die Vorrangdeklaration, wie z. B. die Sicherheit der Energieversorgung durch Erhaltung des heimischen Steinkohlenbergbaus. Literatur: Gröner, H., Energiepolitik, in: Issing, 0. (Hrsg.), Spezielle Wirtschaftspolitik, München 1982, S. 1 ff. Schneider, H. K., Energie, II: Energiepolitik, in: HdWW, Bd. 2, Suttgart u. a. 1980, S. 369 ff.
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