Methode der Marktforschung im Handel zur biotischen Beobachtung des Kundenverhaltens im Laden mit dem Ziel, die Verkaufsflächenproduktivität zu optimieren (Handelsmarketing, Ladengestaltung). Eine Kundenlaufstudie wird durchgeführt: - wenn man wissen will, wie Kunden das Sortiment und das Raumkonzept erleben und akzeptieren, - wenn man Problemzonen analysieren will, - wenn man Warenträgerstellung und Sortimentsplazierung noch kundenorientierter planen will, - wenn man nach Umbau die Effektivität der Maßnahmen überprüfen will. Als Mitarbeiter getarnte Beobachter beobachten den Kunden und registrieren Laufweg, Warenkontakt und Kauf. Am Ende des Laufwegs wird der Kunde um sein Einverständnis für die Verwertung der Erhebungsdaten gebeten. Als Alternative bieten sich elektronische Erfassungssysteme an, bei denen der Kundenlauf über Sendevorrichtungen am Einkaufswagen oder vom Kunden zu tragende Miniatursender und an der Decke installierten Empfängern verfolgt und aufge- zeichnet: wird. Qualitative Kundendaten müssen auch hier dem Kundenlauf zugeordnet werden. Die wichtigsten Erkenntnisse aus bisher durchgeführten Kundenlaufstudien sind: 1) Über 80% der Kunden laufen spontan nach rechts (“Rechtslauf“). Folgt die Wegeführung nicht dem angeborenen und angelernten Rechtslauftrend, sucht sich ein Teil der Kunden eigene Wege. Zwischen 20 bis 30% des Warenangebots bleibt dadurch „unbegangen“ und v. a. ungekauft. 2) Eine Rechte-Winkel-Optik führt zu „Rennstrecken“ im Laden, auf denen sich die Mehrzahl der Kunden bewegt. Die Laufgeschwindigkeit auf diesen Strecken ist überdurchschnittlich. 3) Abzweigende Gänge werden nur teilweise genutzt, wenn sich der Kunde gegen die Laufrichtung drehen muß. 4) Laufhinaernisse und Laufbarrieren, z. B. zugestellte Gondelköpfe oder ungünstig plazierte Sonderangebote, halten den Kunden ab, Wege zu benutzen und damit Warengruppen kennenzulernen. 5) Warteschlangen vor Bedienungstheken führen dazu, dass Kundenlaufströme gegeneinander laufen, ja regelrechte Wirbel bilden. 6) Unübersichtliche Wegeführung und unklare Warenpräsentation können sich auf das Wohlbefinden des Kunden auswirken und dadurch Laufgeschwindigkeit, Aufenthaltsdauer und Einkaufsumfans negativ beeinflussen (Streßreaktionen, erhöhter Puls, Beklemmungsgefühle). 7) Das Ladeninnere gehört meist zu den weniger frequentierten Raumzonen. Die Auflösung der „Rechte-Winkel-Optik“ durch eine dynamisch-organische Wegeführung führt meist zur Belebung dieser toten Zonen. Die dynamisch-organische Wegeführung versucht dem natürlichen Bewegungsbedürfnis des Kunden entsprechend den Verkaufsraum durch zirkuläre, gegen den Uhrzeigersinn gerichtete Wege zu erschließen. Durch Kundenlaufstudien kann man zwei Arten von Käufern unterscheiden und aufzeigen, was „Bummelkäufer“ lockt und wo „Rennkäufer“ zugreifen. „Bummelkäufer“ honoriert die Attraktivität des Ladens durch eine überdurchschnittliche Verweildauer sowie einen höheren Einkaufsbon und den Kauf von mehr Artikeln. Auch der durchschnittliche Artikelwert steigt bei längerer Verweildauer bis zu einem branchenspezifischen Optimum. Der „Rennkäufer“ dagegen wickelt seinen Einkauf in erstaunlicher Geschwindigkeit ab. Jede Behinderung läßt seinen Einkaufsbon kleiner werden. Der Vergleich der Zahl der Warenkontakte (Kunde faßt Ware an) mit der Zahl der Käufe läßt Rückschlüsse auf die Plazierung, Präsentation und die Richtigkeit der Ware zu. Warenkontakte ohne Kauf zeigen bspw., dass sich der Kunde mit der Ware beschäftigt. Gründe dafür können sein: - die Ware ist interessant, - die Wareninformation ist so schlecht zu lesen, dass der Kunde die Ware in die Hand nehmen muß, - die Ware ist auf den ersten Blick attraktiv, hält aber im Preis nicht, was sie versprochen hat. An kritischen Punkten im Laden vertiefen deshalb Videoanalysen des konkreten Kundenverhaltens die Kundenlaufstudie. Die Ergebnisse von Kundenlaufstudien werden zudem häufig mit qualitativen Befragungen und Analysen des Warenkorbs (Bonanalysen) verknüpft.
Literatur: Fischer, Die Orientierung im Raume bei Wirbeltieren und beim Menschen, in: Handbuch der normalen und pathologischen Psychologie,Bd. 15/2(1931).Grüsser, O./.,Multimodal structure of the extrapersonal space, in: Hein A.; Jeanneroad M., Spatially oriented behaviour, Berlin, Heidelberg 1985. Predtetschenski, W.\', Mi- linski, Personenströme in Gebäuden, Köln 1971.
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