verschiedene Formen der Ungewißheit in der Entscheidungstheorie. Die Unterscheidung stammt von Frank H. KNIGHT (1921). Eine Risikosituation ist dadurch gekennzeichnet, dass den verschiedenen möglichen Umweltzuständen objektive Wahrscheinlichkeiten zukommen, die dem Entscheidungsträger bekannt sind. Dagegen sind im Falle von Unsicherheit keinerlei Wahrscheinlichkeiten bekannt. Risiko kommt typischerweise bei Glücksspielen vor, aber auch (und ökonomisch wichtiger) bei Versicherungsfällen und grundsätzlich überall dort, wo wiederholbare Zufallsexperimente die Bestimmung oder zumindest Schätzung von Wahrscheinlichkeit zulassen. Unsicherheitssituationen sind dagegen in den Fällen zu beobachten, wo Ereignisse einmalig auftreten und daher Wahrscheinlichkeiten im objektiven Sinne nicht angegeben werden können. Diese beiden Fälle von Ungewißheit sind extreme, wenn auch wichtige Grenzfälle. In der Praxis wird man häufig Mischformen beobachten. Modellieren lassen sie sich etwa dadurch, dass man zwar eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die unbekannten Umweltzustände annimmt, die einzelnen Wahrscheinlichkeiten aber entweder mit einem Ungenauigkeitsintervall umgibt (Günter MENGES und Eduard KOFLER) oder von unbekannten Parametern abhängig sein läßt (Fall der Statistik). Im übrigen kann der Unsicherheitsfall auf den Risikofall im gewissen Sinne zurückgeführt werden, nämlich dann, wenn man nicht nur objektive, sondern auch subjektive Wahrscheinlichkeiten zuläßt. Man kann aus gewissen Axiomen des Rationalverhaltens die Existenz von subjektiven Wahrscheinlichkeiten für einen Entscheidungsträger herleiten, der sich rational gegenüber der Unsicherheit verhält (Frank P. RAMSEY, Leonard J. SAVAGE, Peter C. FISHBURN). Freilich sind diese Wahrscheinlichkeiten nicht aus empirischen Daten zu gewinnen. Sie drücken vielmehr aus, mit welchem Grad eine Person das Bestehen eines bestimmten Umweltzustandes für glaubwürdig hält, und sind insofern rein subjektiv, d.h. an die Person und deren Einschätzung der Unsicherheit gebunden. Eine Entscheidung, die bei Bestehen von Unsicherheit aufgrund subjektiver Wahrscheinlichkeiten durch Maximierung der subjektiven Nutzenerwartung gefällt wird, heißt BAYES-Entscheidung, nach Thomas BAYES, der 1763 im Zusammenhang mit einem statistischen Problem Wahrscheinlichkeiten eingeführt hat, die sich als subjektive deuten lassen. Auch wenn (wie im Risikofall) objektive Wahrscheinlichkeiten vorliegen, ist nicht gesagt, dass ein Entscheidungsträger diese in unveränderter Form bei seiner Entscheidungsfindung verwendet. Häufig beobachtet man Verzerrungen in der Beurteilung von Risiken. Sehr kleine Wahrscheinlichkeiten werden subjektiv vergrößert, sehr große subjektiv verkleinert. Derartige Fehleinschätzungen widersprechen zwar dem Rationalitätsprinzip, spiegeln aber nichtsdestoweniger das tatsächliche Verhalten von Individuen wider. Sie wurden daher gelegentlich auch in Entscheidungskriterien eingebaut. Dass sich Unsicherheit restlos mittels subjektiver Wahrscheinlichkeiten in Risiko überführen läßt, wurde von Daniel ELLS-BERG aufgrund eines eindrucksvollen Experiments angezweifelt. Personen, die mit zwei im wesentlichen gleichartigen Ungewißheitssituationen konfrontiert werden, die sich nur darin unterscheiden, dass bei der einen objektive Wahrscheinlichkeiten gegeben sind, bei der anderen nicht, zeigen i.d.R. eine deutliche Vorliebe für die Risikosituation und scheuen die Unsicherheitssituation. Dieses als ELLSBERG-Paradoxon bezeichnete Verhalten gab Anlaß, nach Unsicherheitsmaßen zu suchen, die sich nicht auf Wahrscheinlichkeiten zurückführen lassen (sog. ambiguity). Diese Theorie ist freilich umstritten. Literatur: Sinn, H.-W. (1989). Kreps, D.M. (1988). Gärdenfors, P., Sahlin, N.-E. (1988). Hogart, R.M., Reder, M.W. (1987). Schneeweiß, H. (1967)
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