Wenn sich der Hersteller im Rahmen der Vertriebswegepolitik dazu entschließt, die Anzahl der Händler nach qualitativen Gesichtspunkten zu begrenzen, so wird von Selektivvertrieb gesprochen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einem lediglich wählerischen Verhalten des Herstellers bei der Strukturierung des Vertriebsweges (Selektivvertrieb i. w. S.), der Bereinigung des Absatzkanals durch definitive Exklusion von Händlern, die bestimmte qualitative Anforderungen nicht erfüllen, auch von der Belieferung durch Dritte (Selektivvertriebi. e. S.) und der über die qualitative Selektion hinausgehenden, quantitativen Beschränkung des Absatzmittferkreises (Exklusivvertrieb). Die Gründe für jede Form selektiven Verhaltens liegen in den Händlermerkmalen, die unmittelbar die Zielkriterien des Herstellers, wie z.B. Absatzerträge, -kosten und -risiken, beeinflussen. Zu den Merkmalen, nach denen die Händler ausgewählt werden, zählen Größe, Branchen- und Handels- stufenzugehörigkeit, bisherige Abnahmemenge pro Jahr, zeitliche Abnahmestruktur, Einkaufsstättenimage, Schaufenstergröße, Kundendiensteinrichtungen, Qualifikation des Verkaufspersonals, Sortimentsumfeld, Zahlungsgewohnheiten und Umfang der ausgeübtenHandelsfunktionen. Die vertragliche Regelung der vertikalen Kooperation zwischen einem Hersteller und den in den Vertrieb einbezogenen Händlern ist kein konstitutives Merkmal des Selektivvertriebs. Häufig wird der Selektivvertrieb durch Vertriebsbindungen vertraglich geregelt. Die definitive Exklusion bestimmter Händler beim Selektivvertrieb i.e.S. und beim Exklusivvertrieb ist auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen. Erstens kann die Exklusion extern bedingt sein, z.B. durch rechtliche Vorschriften (rezeptpflichtige Pharmazeutika, jugendgefährdende Schriften, erwerbsscheinpflichtige Waffen etc.) oder durch Vorschriften anderer Wirtschaf tssubjekte (z. B. im Zusammenhang mit Lizenzverträgen). Zweitens soll die Gefahr einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Herstellers durch die betreffenden Händler vermieden werden. Im einzelnen sind dies die Vermeidung direkter Konkurrenz in Absatzsegmenten, die sich der Hersteller vorbehält, die Vermeidung von Produkthaftungsansprüchen als Folge von Instruktionsfehlern im Vertriebsweg und die Vermeidung unerwünschter Kundenstrukturrelationen (z.B. einseitige Abhängigkeit von mächtigen Handelsorganisationen). Drittens besteht die Gefahr einer mittelbaren Beeinträchtigung des Herstellers, wenn sich bestimmte Merkmale oder Verhaltensweisen der unerwünschten Händler negativ auf die Verbraucherzielgruppe und/oder Händlerzielgruppe des Herstellers auswirken. Ein Hersteller wird v. a. dann den Exklusivvertrieb wählen, wenn sein Produkt auf ein qualitativ hochwertiges Einkaufsstättenum- feld angewiesen ist und gleichzeitig durch eine beschränkte Erhältlichkeit an Prestige gewinnt. Der Entscheidung des Herstellers, einen Händler von derBelieferung auszuschließen, sind jedoch rechtliche Grenzen gezogen, die insb. im Verbot der Diskriminierung nach § 26IIGWB liegen.
Literatur: Ahlert, D., Absatzkanalstrategien des Konsumgüterherstellers auf der Grundlage Vertraglicher Vertriebssysteme mit dem Handel, in: Vertragliche Vertriebssysteme zwischen Industrie und Handel, Wiesbaden 1981, S. 43-98. Ahlert, D., Die Bedeutung des Selektivvertriebs für den freien Wettbewerb und die Funktionsfähigkeit von Märkten, in: Wettbewerb in Recht und Praxis, Heft 4 (1987), S. 215-233. Ahlert, D., Marketing- Rechts-Management, Köln u. a. 1989, S. 322-328.
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