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Vertriebswegepolitik

gleichbedeutende Bezeichnung für „Vertriebskanalpolitik”; siehe auch  Vertriebspolitik, dort Ab­schnitt „Vertriebskanalpolitik”, mit Literaturangaben.

Der Vertriebsweg(Absatzweg, Absatzkanal, Marktkanal, Distributionsweg, Marketing Channel) beschreibt den Weg, auf dem ein Wirtschaftsgut vom Hersteller zum Ver­braucher gelangt. Die im Vertriebsweg zwischen Hersteller und Verbraucher beste­henden Prozeßbeziehungen umfassen Real­güter-, Nominalgüter- und Informations­ströme, die auch als Marketing-Flows bezeichnet werden (Abb. 1). Im Rahmen der Vertriebswegepolitik des Herstellers sind Entscheidungen zu treffen über die Länge des Vertriebs weges, d. h. die An­zahl der zwischen Hersteller und Ver­braucher eingeschalteten Absatzstufen, die Tiefe des Vertriebsweges, d.h. die An­zahl verschiedenartiger Typen von Ver­kaufsorganen bzw. Handelsbetrieben auf jederAbsatzstufe, die Breite des Vertriebsweges, d. h. die An­zahl gleichartiger Verkaufsorgane bzw. Verkaufsstätten innerhalb der einzelnen Typen von Verkaufsorganen und Han­delsbetrieben, sowie das Vertriebssystem, d. h. die Art der Zusammenarbeit zwischen dem Herstel­ler und den Wirtschaftssubjekten inner­halb des Vertriebsweges (Abb. 2). Die Entscheidung über den Vertriebsweg kann durch verschiedene Anlässe ausgelöst werden, die sich grundsätzlich zwei Katego­rien zuordnen lassen: die unumgängliche Notwendigkeit einer Konstitution neuerN ertriebs wege oder die Reorganisation von Vertriebswegen als Folge einer Analyse ihrer bisherigen Er­folge bzw. Mißerfolge. Bei der Festlegung der Vertriebswege orien­tiert sich der Hersteller an seinen Vertriebs­wegezielen. Oberstes Ziel ist es, zu einem be­stimmten Zeitpunkt über eine bestimmte Vertriebswegestruktur zu verfügen. Solche angestrebten Idealstrukturen leiten sich aus den allgemeinen Marketinezielen und damit aus den obersten Unternenmungszielen ab. Wegen ihrer Komplexität sind Vertriebswe­geziele nicht vollständig in eindimensiona­len, quantitativen Größen wie etwa Umsatz, Deckungsbeitrag, Gewinn und Rentabilität meßbar. Statt dessen bietet sich dem Ent­scheidungsträger ein umfangreicher Katalog mehrerer, wenn auch nicht überschnei­dungsfreier Entscheidungskriterien an (Abb. 3), die im konkreten Einzelfall heran­zuziehen und zu gewichten sind. Unter den quantitativen Größen spielen in praxi die Distributionsdichte bzw. der Distribu­tionsgrad die wichtigste Rolle. Aus den Zielen der Vertriebswegepolitik las­sen sich die Bestimmungsfaktoren ableiten, die bei der Wahl der Vertriebswege Relevanz besitzen (Abb. 4). Der Hersteller bewertet mit Hilfe dieser Bestimmungsfaktoren die zur Auswahl stehenden Vertriebswegealter­nativen, wählt den oder die geeigneten Ver­triebswege aus und legt somit die Vertriebs­wegestrukturfest. Die Entscheidung über die Länge des Ver­triebsweges beinhaltet nicht nur, ob die Pro­dukte über Groß- und/oder Einzelhan­del abgesetzt werden, sondern der Hersteller legt auch fest, welche unternehmungseige­nen und -fremden -h> Verkaufsorgane ein­geschaltet werden sollen. Letztere werden vielfach auch als akquisitorisch tätige Ab­satzhelfer bezeichnet (Abb. f). Unterneh­mungseigene Verkaufsorgane sind wirt­schaftlich in die Organisation des Herstellers eingebunden. Hierzu zählen z. B. Geschäfts­leitung, Verkaufs- bzw. Vertriebsabtei­lung, Reisender, Verkaufsniederlas­sung, Verkaufsgesellschaft, Vertriebsin­genieur und Verkaufsfahrer. Unterneh­mungsfremde Verkaufsorgane sind rechtlich und wirtschaftlich selbständige Wirtschafts­subjekte, die aber mehr oder weniger stark an die Weisungen des Herstellers gebunden sind, wie z.B. Kommissionäre, Kom­missionsagenten, Handelsmakler und Handelsvertreter. Hinsichtlich der Länge des Vertriebsweges unterscheidet man zwischen
(1) direktem,
(2) verkürztem indirekten und
(3) unverkürz­tem indirekten Vertriebsweg (vgl. Abb. 2). Die Entscheidung über die Anzahl der Ab­satzstufen wird auch als vertikale Selektion bezeichnet. Beim direkten Vertrieb im Bin­nenhandel verzichtet der Hersteller darauf, die Groß- und Einzelhändler in die Absatz­kette einzubeziehen. Die Umgehung der Handelsstufen kann u.a. durch bestimmte produktspezifische Anforderungen an den Vertrieb determiniert werden, wie sie bspw. mit der Einhaltung einer nicht zu überschrei­tenden Höchsttemperatur bei Tiefkühlkost- produkten gegeben ist. Von direktem Ver­trieb im Außenhandel spricht man auch dann, wenn zwar keine Handelsbetriebe im Inland, wohl aber im Exportland beteiligt werden. Beim verkürzten indirekten Vertrieb wird entweder auf den Groß- oder den Einzelhan­del im Absatzkanal verzichtet. Letzteres ist ein typisches Merkmal im Bereich weiterver- arbeitenderVerbraucherbetriebe. Die vielfältigsten Erscheinungsformen sind beim unverkürzten indirekten Vertrieb an­zutreffen. Im Normalfall wird hier nur über eine Stufe des Großhandels abgesetzt. In manchen Fällen werden aber auch zwei oder mehrere Großhandelsstufen (Spezialgroß­handel, Sortimentsgroßhandel, Zentralgroß­handel etc.) eingesetzt, wie z.B. in der Ge­tränkebranche. Unverkürzter indirekter Vertrieb liegt auch beim Streckengeschäft vor, wenn der Großhändler zwar Eigentum an der Ware erwirbt, diese aber direkt vom Hersteller an den Einzelhändler geliefert wird. Die Entscheidung über Tiefe und Breite des Vertriebsweges wird auch horizontale Selek­tion genannt. Innerhalb jeder Absatzstufe können die Breite und die Tiefe nach drei Prinzipien festgelegt werden: Universalver­trieb, Selektivvertrieb und Exklusivver­trieb. Wenn der Hersteller keine Auswahl zwischen den Händlern trifft und die Anzahl der belieferten Händler nur durch deren Aufnahmebereitschaft bestimmt wird, so liegt Universalvertrieb vor. Der Hersteller verfolgt mit dieser Form des Vertriebs das Ziel der Überallerhältlichkeit (Ubiquität) seines Produktes und strebt im Extremfall ei­nen Distributionsgrad von 100% an. Be­grenzt der Hersteller dagegen die Anzahl der Handelsbetriebe nach qualitativen Gesichts­punkten, dann wird von Selektivvertneb gesprochen. Der Exklmivvertrieb ist ein Spezialfall des Selektivvertriebs, da neben die Selektion nach qualitativen noch die Selek­tion nach quantitativen Kriterien tritt. Ex- klusiwertrieb liegt z.B. dann vor, wenn ein Hersteller jedem seiner Händler für einen be­stimmten Absatzbezirk die Allcmvertnebs- berechtigung und damit einen Gebietsschutz einräumt. Da auf jeder Handelsstufe zwi­schen Universal-, Selektiv- und Exklusivver­trieb gewählt werden kann, ergeben sich mehrere praktisch relevante Kombinations­lösungen (Abb. 6). Der Hersteller kann i. d. R. nur auf der Stufe der Erstabnehmer die Breite und Tiefe des Vertriebsweges unmittelbar festlegen. Will er darüber hinaus eine durchlaufende Selek­tion erreichen, d. h. die Selektion unter den Abnehmern der Erstabnehmer kontrollie­ren, so bietet sich ihm die Möglichkeit, ein mehrstufiges Vertriebsbindungssystem (Vertriebssystem) einzuführen. Mit den Entscheidungen über die Dimensionen des Vertriebsweges (Länge, Breite, Tiefe, Form der Zusammenarbeit) geht die Aufspaltung des gesamten (ggf. mehrstufigen) Absatz­marktes in additive und/oder alternative Seg­mente einher. Während bei der additiven Segmentbildung grundsätzlich alle Segmente nebeneinander beliefert werden können, ist bei der alternativen Segmentbildung die Se­lektion des einen Segmentes zwangsläufig mit der Exklusion der anderen Segmente ver­bunden. So kann ein Hersteller bspw. vor der Wahl stehen, sich zwischen folgenden alter­nativen Segmenten von Direktabnehmern entscheiden zu müssen: Segment (Alternative) A: nur Großhändler, Segment (Alternative) B: nur Einzelhändler, Segment (Alternative) C: nur Verbraucher, Segment (Alternative) D: Großhändler und Einzelhändler Segment (Alternative) E: Einzelhändler und Großverbraucher etc. Die Aufspaltung in alternative Segmente wird zumeist überlagert von einer Aufspal­tung in additive Segmente. Denkbar ist z. B., dass der gesamte Absatzmarkt zunächst nach geographischen Gesichtspunkten in additive Segmente unterteilt wird (Region I, II, etc.), innerhalb derer dann jeweils separat zwi­schen alternativen Segmenten zu wählen wä­re. In diesem Beispiel könnte dann in Region I nur an Großhändler, in Region II an Groß­händler und Einzelhändler und so weiter ab­gesetzt werden. Eine sich hieran anschließen­de weitere Aufspaltung in alternative Segmente kann sinnvoll sein, etwa dergestalt, dass in Region I bestimmte Großhändler (z.B. die sog. „Hinterhof-Grossisten“) von der Belieferung ausgeschlossen werden. Das Ergebnis dieser Entscheidungen über die Vertriebswegestruktur kann ein eingleisi­ger oder mehrgleisiger Vertrieb sein. Gelan­gen die gleichen Produkte oder aber auch mehrere Produktvariationen über unter­schiedliche Vertriebswege zu den Verbrau­chern, so spricht man von mehrgleisigem Vertrieb. Der mehrgleisige Vertrieb von Pro­duktvariationen ist z. B. häufig in der Unter­haltungselektronik anzutreffen, in der paral­lel hochwertige, mit einem Markennamen versehene Produkte über den Facheinzel­handel und geringfügig veränderte, i.d.R preisgünstigere Handelsmarken über den Versandhandel vertrieben werden. (Abb. 7) Zwischen der Entscheidung über die Festle­gung des Vertriebsweges und der Akquisi­tion der am Vertrieb eines Produktes ausge­wählten Wirtschaftssubjekte besteht ein unmittelbarer, in beide Richtungen wirken­der Zusammenhang. Zum einen kann der Einsatz der Akquisitionsinstrumente, insb. wenn er nach Händlergruppen differenziert wird, erhebliche selektive Wirkungen entfal­ten. Dies kann so weit gehen, dass die akquisi- torische Differenzierung bewusst als ein Mit­tel der Händlerselektion eingesetzt wird, wenn andere Mittel - wie etwa aus rechtli­chen Gründen - versagen, um unerwünschte Abnehmerauszuschalten. Zum anderen können von dem Konzept ei­ner strengen Selektion Anreize für die um­worbenen Wirtschaftssubjekte ausgehen, sich in den Vertriebsweg des Herstellers ein­zuschalten. Diese Wirkung ist v. a. bei jenen Produkten zu erwarten, bei denen die Ver­braucher keine Überallerhältlichkeit erwar­ten und die darüber hinaus umso erstrebens­werter werden, je geringer die Anzahl der sie vertreibenden Handelsbetriebe ist. Strebt ein Hersteller dagegen unter Mißach­tung solcher produkt- und einkaufsstätten- spezifischen Gründe einen eher ubiquitär oder weniger streng selektiv ausgerichteten Vertrieb an, ist es möglich, dass die Realisa­tion der Vertriebswegekonzeption an der mangelnden Bereitschaft der Händler schei­tert.       

Literatur:  Ahlert, D., Distributionspolitik, Stutt­gart, New York 1985. Ahlert, D.; Schröder, H., Rechtliche Grundlagen des Marketing, Stuttgart u.a. 1989, S.419 - 441. Böcker, F., Der Distribu­tionsweg einer Unternehmung, Berlin 1972. Nie­schlag, R.; Dichtl, E.; Hörschgen, H., Marketing, 15. Aufl., Berlin 1988, S. 378-418.

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