(wholeseller)
1. Als Funktion: wirtschaftliche Tätigkeit des Absatzes von Waren und sonstigen Leistungen an Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, Gewerbetreibende (Gewerbe) oder Großverbraucher ohne wesentliche Be- oder Verarbeitung.
2. Als Institution: Unternehmen, die Großhandelsfunktionen wahrnehmen.
Die Aufgabe, die dem Großhandel in einer arbeitsteilig gegliederten Volkswirtschaft zufällt, ist identisch mit den Handelsfunktionen des gesamten Handels; nämlich bestehende Spannungen zwischen Produktion und Konsumtion in zeitlicher, räumlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht auszugleichen. Infolgedessen sind die einzelnen Großhandelsunternehmungen aufgrund ihrer jeweils spezifischen, nach Distributionsökonomisierung strebenden Leistungsangebote am gesamtwirtschaftlichen Prozeß der Wertschöpfung beteiligt. Im Rahmen dieser Aufgabenerfüllung wird zwischen dem funktionalen Großhandel und dem institutionalen Großhandel unterschieden. Charakteristisch für den Großhandel im funktionalen Sinne ist die wirtschaftliche Tätigkeit der Beschaffung und des Absatzes von Waren an Produzenten, Weiterverarbeiter, gewerbliche Verwender, Wiederverkäufer und Großverbraucher sowie der Umschlag von i. d. R. relativ großen Mengen pro Verkaufsakt. Demgegenüber steht der institutionale Großhandel, der nur jene marktlichen Transaktionsprozesse erfaßt, welche von solchen Betrieben durchgeführt werden, die sich auf den Großhandel im funktionalen Sinne spezialisiert haben. Durch die Spezialisierung auf den funktionalen Großhandel determiniert der Handelsbetrieb seine Betriebsform, welche seine Position in der Distributionskette zwischen Produzenten und Konsumenten kennzeichnet. Innerhalb der Betriebsform „Großhandel“ hat sich eine Vielzahl von Betriebstypen entwickelt. Der Begriff „Betriebstyp“ charakterisiert die Art und Weise, mit der die Handelsbetriebe auf der Großhandelsstufe ihre Distributionsaufgaben im Hinblick auf den Umfang, die Intensität der Funktionenausübung und die Art der Kombination der Betriebsfaktoren menschliche Arbeitskraft, Betriebsmittel und W are wahrnehmen. Die Ausrichtung des Großhandels auf eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen und ein hoher Grad an Dynamik bezüglich der Funktionenwahrnehmung haben zur Folge, dass die Grenzen zwischen den einzelnen Betriebstypen und teilweise auch zwischen den Wirtschaftsstufen, insb. zwischen Groß- und Einzelhandel, fließend sind. Dieser Tatbestand macht es äußerst problematisch, die Vielfalt von Ausprägungsformen in solcher Weise zu klassifizieren, dass ein exaktes, konsistentes und überschneidungsfreies System von Betriebstypen des Großhandels entsteht (vgl .Abb.).
Seit Beginn der sechziger Jahre hat sich auf dem Großhandelssektor ein enormer Umschichtungsprozeß vollzogen, der durch Konzentrations-, Kooperations- und Ausschaltungstendenzen gekennzeichnet ist (vgl. Tab. 1 und 2). Dieser Trend wird sich auch in Zukunft fortsetzen. Der derzeitige und zukünftige Wettbewerb im Großhandel wird durch Großbetriebe und Verbundsysteme determiniert, die sich im Zuge von Fusions- und Expansionsbestrebungen konstituiert und eine Vielzahl von kleinen und mittleren Betrieben aus der Distributionskette eliminiert haben (Kooperation im Handel). Während sich die Anzahl solcher Großbetriebe und Verbundsysteme sowie deren Marktanteile progressiv entwickeln, sind Anzahl und Marktanteile der kleinen und mittleren Großhandelsunternehmungen kontinuierlich rückläufig. Diese Tendenz hat viele Betriebe zu Kooperationen sowohl auf horizontaler Ebene mit anderen Unternehmungen des Großhandels als auch vertikal mit Lieferanten und/oder Abnehmern veranlaßt, um durch entsprechende Betriebsgröße Okonomisierungsmaßnahmen zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu realisieren. In der tiefgreifenden Struktur- und Kooperationsdynamik und der Intensivierung und Systematisierung von Kooperationskonzepten, insb. in der Vertikalisie- rung, liegt jedoch für den Großhandel auch ein erhebliches Gefahrenpotential, aus einigen Bereichen der Handelskette ausgeschaltet zu werden. So haben bereits einige Verbundgruppen und filialisierende Unternehmungen des Einzelhandels den Großhandel integriert. Weiterhin ist zu beobachten, dass Betriebe des Groß- und Einzelhandels vielfach die Art und Weise der Funktionenwahrnehmung assimiliert haben, so z. B. beim Cash&Carry-Großhandel. Durch nicht ausreichende Zugangskontrollen und durch Deckung des privaten Bedarfs der gewerblichen Verwender konnte der Cash & Carry- Großhandel nicht unerhebliche Einzelhandelsumsätze tätigen. Dieser Tatbestand ist denn auch vom Einzelhandel als Wettbewerbsverzerrung kritisiert worden, worauf die Rechtsprechung juristische Sanktionen verhängte (z.B. Bruttopreisauszeichnung, Toleranzgrenze, Einkaufsausweise), was letztlich zu einem Rückgang bzw. zur gänzlichen Aufgabe der Großhandelsgeschäfte und in einigen Fällen zur Aufnahme von Einzelhandelsaktivitäten führte. Seitens der Industrie ist eine verstärkte Übernahme der funktionalen Großhandelstätigkeit zu konstatieren, so z.B. beim Spezialproduktionsverbindungshan- del (Produktionswarengroßhandel) im Investitionsgüterbereich. Insb. der Streckengroßhandel ist aufgrund seiner Konzentration auf die dispositive akquisitorische Distribution von Ausschaltungstendenzen bedroht. Außerdem zeigen sich Ansätze einer vertieften Kooperation von Herstellern und Speditionen, wobei letztere weitgehend klassische Großhandelsfunktionen substituieren. Teilweise wird der Großhandel von der Dispositionsfunktion zurückgedrängt und fast ausschließlich auf die Logistikfunktion beschränkt, wie z.B. bei einigen Getränkefachgroßhandlungen. In diesem Fall spricht man vom Großhandelsspediteur. Neben dieser problematischen Entwicklung ist seit einigerZeiteineDiskussiondarüberin Gang geraten, ob es generell noch zweckmäßig sei, zwischen Groß- und Einzelhandel zu unterscheiden. Die Befürworter einer solchen Trennung führen dabei marketingpoli
tische, wettbewerbsrechtliche und mittelstandspolitische Argumente ins Feld. Zum einen sei es für die Großhandelsunternehmung von immenser Bedeutung, sich als solche zu erkennen zu geben, um damit auf ihr spezifisches, auf einen ausgewählten Kundenkreis abgestimmtes Leistungsangebot hinzuweisen. Zum anderen erfordern bestehende rechtliche Restriktionen, wie das Ladenschlußgesetz, das Bau- und Planungsrecht sowie die verschiedenen Verbraucherschutzgesetze, eine klare begriffliche Trennung. Schließlich komme gerade dem Cash&Carry- bzw. Selbstbedienungs- Großhandel eine wichtige Versorgungsfunktion insb. der kleinen und mittelständischen gewerblichen Abnehmer zu, da diese die verschärften Anforderungen anderer Großhandelsliefersysteme, z. B. im Hinblick auf Mindestabnahmemengen, nicht mehr erfüllen könnten. Die Gegner einer Differenzierung von Groß- und Einzelhandel führen v. a. den evolutorischen Prozeß der Wettbewerbswirtschaft an und die damit verbundenen Veränderungen in der Infrastruktur. So hätten insb. eine erhöhte Mobilität der Bevölkerung, neue Entwicklungen auf den Sektoren Transport, Information und Kommunikation, ein höherer Standardisierungsgrad von Erzeugnissen, eine verbesserte öffentliche Information und eine Steigerung der \'Verbundnachfrage erhebliche Konsequenzen für den gesamten Distributionsbereich, so dass eine strikte Trennung der beiden Han- dclsstufen als ein Relikt aus vergangenen Zeiten anzusehen sei. Einigkeit herrscht zwischen beiden Parteien allerdings darüber, dass -insb. durch den Gesetzgeber-Möglichkeiten geschaffen werden sollten, die es dem Handel erlauben, sich durch flexible organisatorische Problemlösungen (Betriebsform, Betriebstyp) an veränderte Marktkonstellationen anzupassen, um eine effiziente Ausgestaltung des Distributionssystems zu gewährleisten. Im übrigen erscheint es auch aus wissenschaftssystematischer Sicht als notwendig, der unterschiedlichen Funktionenerfüllungin den Betrieben des Handels durch differente Betriebsformen- und Betriebstypenbegriffe Rechnung zu tragen. Die veränderten Rahmenbedingungen erzeugen im Großhandel erheblichen Anpassungsdruck, dem die Unternehmungen nur durch flexible und innovative Funktionenprofile im Hinblick auf eine Betriebstypendiversifikation und insb. durch ein intensives Handelsmarketing begegnen können. Unter Berücksichtigung dieser Konstellationen zeichnen sich in der zukünftigen Unternehmungspolitik der Betriebe des Großhandels folgende Tendenzen ab: Die Unternehmungen werden sich zunehmend spezialisieren. Zum einen erfolgt dies in bezug auf regionale Teilmärkte, z. B. durch Fi- lialisierung, dort, wo es für die Industrie zu aufwendig wäre, selbst Distributionsaufgaben zu übernehmen. Hier erwachsen dem Großhandel gute Möglichkeiten, sich durch ein geschicktes Regionalmarketing zu profilieren. Zum anderen können sich die Betriebe bei der Wahrnehmung ihrer Handelsfunktionen intensiver spezialisieren, hier insb. im Kommunikations-, Dispositions- und Logistikbereich sowie bei Service- und Beratungsleistungen. Durch die zunehmende Internationalisierung der Warenströme, nicht zuletzt durch die Öffnung des EG-Binnen- marktes ab 1993, wird dem Großhandel im Außenhandel ein wachsendes Betätigungsfeld prognostiziert. Schließlich eröffnet sich auf dem Sektor neuerer elektronischer Informations- und Kommunikationssysteme ein erhebliches Chancenpotential, welches sich der Großhandel in den Bereichen der Sortimentsoptimierung, Lagerhaltung und - automation, Lieferfähigkeit und -Schnelligkeit (Just- in-time-Anlieferung), Disposition, Distribution und Logistik sowie der Kundenakquisition und -betreuung nutzbar machen und in seine zukünftigen Marketingstrategien integrieren kann.
Literatur: Barth, K., Die Durchführbarkeit von Verwendungskontrollen in C&C-Märkten zur Sicherung eines funktionsgerechten Großhandels, in: Trommsdorff, V. (Hrsg.), Handelsforschung 1986, Heidelberg 1986. Derselbe, Betriebswirtschaftslehre des Handels, Wiesbaden 1988. Falk, B.; Wolf,Handelsbetriebslehre, 9. Aufl., Landsberg am Lech 1991. Gröner, H.; Köhler, H., Der Selbstbedienungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, München 1986. Tietz, B Binnenhandelspolitik, München 1986.
Unternehmen, die in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Waren von Herstellern kaufen oder importieren und an den Einzelhandel oder Großverbraucher weiterveräußern. Einerseits konzentriert sich der Einzelhandel und knüpft direkte Kontakte zur Industrie, andererseits entwickeln Hersteller direkte Vertriebswege zum Einzelhandel und zum Endkunden. Somit stehen folgende traditionelle Großhandelsaufgaben in Frage:
- Die Sortimentszusammenstellung aus dem Warenangebot verschiedener Hersteller
- Die Belieferung kleiner Einzelhändler
- Die Beratung der Einzelhandelskunden
- Die Markteinführung neuer Produkte
- Lagerhaltung
- Kreditgewährung an den Einzelhandel
- Warentransport
Der Großhandel entwickelt sich zum Systemdienstleister:
- Er optimiert gemeinsam mit Industrie und Handel die Sortiments- und Warensteuerung (Category Management).
- Er fungiert als Informationsvermittler.
- Er übernimmt die Warenlogistik.
- Vor allem übernimmt er für den Einzelhandel zusätzliche Servicedienstleistungen.
Beispiel Einkaufsverbände. Sie üben speziell für Fachhandelsbranchen, so in der Foto- und Spielwarenbranche, wichtige Großhandelsfunktionen aus.
- Sie übernehmen den zentralen Einkauf und erreichen Konditionen, die mit denen der Handelsketten vergleichbar sind.
- Sie vernetzen ihre Einzelhandelsmitglieder zur Optimierung der Warenlogistik.
- Sie übernehmen für sie strategische und operative Marketingdienstleistungen.
- Sie geben ihren Mitgliedsunternehmen durch einen einheitlichen Auftritt eine Markenstruktur.
- Sie veranstalten Seminare für Führungskräfte und Trainingsmaßnahmen für das Verkaufspersonal am POS.
Beispiel Franchisesysteme: Hier ist der Franchisegeber nicht nur Großhändler, sondern umfassender Dienstleister seiner Franchisenehmer. Ziel ist, den Einzelhändler von allen Aufgaben zu entlasten, die nicht direkt mit seiner Verkaufstätigkeit zusammenhängen.
In manchen Branchen übernimmt der Großhandel im Namen und auf Rechnung seines Einzelhandelskunden auch die Betreuung gewerblicher Endkunden und zwar bis zur Auslieferung der Ware. Im Bereich Werbung unterstützt der Großhandel die lokalen und regionalen Aktivitäten seiner Kunden durch überregionale Werbekampagnen. Er stellt ihnen Material für Mailings und Zeitungsbeilagen zur Verfügung und bietet Vorlagen zur Gestaltung von Anzeigen in Printmedien.
Ein Unternehmen ist nstitutionell gesehen dann dem Großhandel zuzurechnen, wenn es in eigenem Namen Waren kauft und diese ohne wesentliche Veränderung vorwiegend an Weiterverarbeiter, andere Handels Unternehmen, gewerbliche oder behördliche Großverbraucher abgibt. Im funktionellen Sinn werden die Aufgaben des Großhandels auch häufig von Produzenter. oder von Großbetriebsformen des Einzelhandels übernommen. Der Großhandel erfüllt eine wichtig Verbindungsfunktion zwischen den Gründung einzelnen Wirtschaftsstufen und stellt somit eine flexible »Drehscheibe« in einer Volkswirtschaft dar.
Der Begriff Großhandel beinhaltet sowohl funktionelle als auch institutionelle Aspekte. Im funktionellen Sinne wird darunter der Handel unter Kaufleuten, d.h. die wirtschaftliche Tätigkeit des Absatzes von Gütern (Handelswaren) an Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter oder gewerbliche Verwender verstanden (Business-to-Business-Handel). Die Güter werden dabei bis auf geringe handelsübliche Manipulationen physisch nicht verändert. Das Schwergewicht der Tätigkeit des Großhandels hat disposüiven Charakter. Es liegt im Bereich der Sortimentsbildung, der Tagerhaltung, der physischen Distribution und der Kreditgewährung.
Großhandel im institutionellen Sinne umfasst alle Betriebe - Großhandelsunternehmen, Großhandelsbetriebe, Großhandlungen -, deren Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem Großhandel im funktionellen Sinne zuzurechnen ist (vgl. Ausschuß für Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft, 1995, S. 35).
Als Unterscheidungsmerkmale für Betriebstypen des Großhandels werden häufig die folgenden Kriterien aufgeführt (vgl. Liebmann/Zentes, 2001, S. 361):
Sortimentspolitik (Sortimentsgroßhandel vs. Fach- bzw. Spezialgroßhandel) Warenart (naturnaher vs. konsumnaher Großhandel)
Belieferungsprinzip (Abhol- vs. Zustellgroßhandel)
Marktgebiet (Binnengroßhandel, Außen-(groß)handel, Transithandel, Globalhandel)
rechtliche Organisation (einzelwirtschaftlich vs. genossenschaftlich) Kundenstruktur (Wiederverkäufer, private Großabnehmer, gewerbliche Weiterverarbeiter, gewerbliche Abnehmer) Marktorientierung (Aufkaufgroßhandel vs. Absatzgroßhandel).
1. im funktioneilen Sinne: die wirtschaftliche Tätigkeit des Umsatzes (Beschaffung und Absatz) von Handelswaren und sonstigen Leistungen an Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, gewerbliche Verwender oder Grossverbraucher. 2. im institutioneilen Sinne: jene Institutionen (Grosshandelsunternehmen, Grosshandelsbetriebe, Grosshandlungen), deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschliesslich oder überwiegend dem Grosshandel im funktionellen Sinne zuzurechnen ist. Grosshandel wird auch von den Zentralen der Verbundgruppen betrieben.
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