Eine Form des Lernens, durch das der Mensch an die Normvorstellungen, Tabus und die - Erwartungen seiner - Umwelt angepaßt wird. Lernen ist das Erweitern der Erfahrungen, das Vertiefen der Einsicht, der Erwerb von Kenntnissen oder das Hineinwachsen in die spezifisch menschliche Wertwelt, geistig-körperlicher Entfaltungsvorgang.
Soziales Lernen ereignet sich im Prozess der Sozialisation, der alle Vorgänge umfaßt, die den Menschen zum Mitglied einer Gruppe, einer Gesellschaft und eines Kulturkreises machen. Psychologische Interpretationen verweisen auf drei Möglichkeiten des sozialen Lernens:
· die unverbindliche Übereinstimmung des Handelns eines Menschen mit den sozialen Erwartungen, eine Konformität, um z.B. persönliche Vorteile zu erreichen;
· die Verinnerlichung von und Identifikation mit Normen und Bedürfnisstrukturen;
· die kritische Auseinandersetzung mit allem Überkommenen und das Gewinnen eigener Persönlichkeit.
Lerntheorien definieren die Entwicklung der soziokulturellen Persönlichkeit eines Menschen. Sie beschreiben auch die berufliche Sozialisation.
Vor allem - behavioristische und - kognitiven Theorien befassen sich mit den Prozessen des Lernens. Der Behaviorismus geht von beobachtbaren Reizen (Stimuli) und verbundenen Reaktionen (Reflexen) aus und interpretiert Lernen als meßbare Veränderung in den - S-R-Beziehungen. Kognitive Theorien behaupten demgegenüber, dass Lernen nur durch Einsicht, Orientierung und Verhalten zustandekommt.
Nach der behavioristischen Theorie vollzieht Lernen sich als Übung, als Auswendiglernen. Der Psychologe Hermann Ebbinghaus untersuchte Phänomene des Behaltens und Vergessens verbaler Materialien und brachte sie quantitativ in einer Vergessenskurve zum Ausdruck.
Im Sinne Iwan Pawlows vollzieht Lernen sich als Reizsubstitution. Pawlow führte hauptsächlich Experimente zur klassischen Konditionierung an Hunden durch. Die Reaktion, ein unbedingter oder angeborener Reflex (Speichelbildung), wird durch einen unbedingten Reiz (Stimulus) hervorgerufen. Das Lernen besteht darin, dass ein neutraler Reiz (Sirene), der mit dem unbedingten Reiz regelmäßig zusammen auftritt, sich mit dem Reflex koppelt, so dass eine Assoziation zwischen dem nunmehr bedingten Reiz und dem nunmehr bedingten Reflex entsteht.
Nach Edward L. Thorndike und B. F. Skinner vollzieht sich Lernen als Verhaltensselektion. Thorn-dikes Effektgesetz (law of effect) legt fest, dass nicht bloße Wiederholung die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Handelns erhöht, sondern ein Zustand der Bedürfnisentspannung (satisfying state of affairs). Lernen geschieht durch die Verstärkung von Reaktionstendenzen, selektiert durch den eintretenden Erfolg (instrumentelles Konditionieren).
Nach der kognitiven Lerntheorie oder der Erwartungstheorie von Edward C. Tolman vollzieht sich Lernen als Überprüfung von Erwartungen. Es werden nicht Handlungen internalisiert, sondern es wird gelernt, die Resultate dieser Handlungen zu antizipieren.
Charles H. Cooley, Emile Durkheim, Herbert Mead, Talcolt Parsons und andere definierten unter diesen Gesichtspunkten Lernen als Internalisierung von Werten und Normen einer
Gesellschaft und als Aufbau der soziokulturellen Persönlichkeit eines Menschen.
bezeichnet das Erwerben von Verhaltensmustern durch Interaktion mit der sozialen Umwelt. Die erlernten Verhaltensweisen ermöglichen das Einfügen in die Gesellschaft. Soziales Lernen kann sowohl mit Hilfe der Lerntheorien nach dem Kontiguitätsprin- zip als auch nach dem Verstärkerprinzip erklärt werden. Für die Werbepsychologie ist v. a. die besondere Form des Lernens am Modell oder auch Lernen durch Beobachtung interessant. Ein Individuum (Nachahmer) beobachtet ein anderes (Leitbild, Modell) und ahmt dessen Verhalten in geeigneten Situationen nach. Das nachgeahmte Verhalten muss nicht direkt beobachtet worden sein, es kann auch visuell über Massenmedien (z.B. TV-Spots) vermittelt oder verbal beschrieben worden sein (Personendarstellung in der Werbung). Wird das Modell für sein Verhalten belohnt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten vom Beobachter übernommen wird, größer, als wenn dies nicht geschieht.
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