Im betriebswirtschaftlichen Sinne bedeutet Macht eine Form des sozialen Einflusses, bei der eine oder mehrere Personen oder Organisationseinheiten die Möglichkeit besitzen, auf Handlungen und Entscheidungen anderer Personen einzuwirken und den eigenen Willen auch gegen deren Widerstand durchzusetzen. Charakteristisch für den Machtbegriff ist also der Zwangscharakter der Beeinflussung. Eine wichtige Machtgrundlage, derer sich die Unternehmung bedient, um das Verhalten der Organisationsmitglieder in Richtung auf die Unternehmensziele zu lenken, stellt die formale Organisationsstruktur dar. In ihr ist jede Stelle bzw. Position hinsichtlich ihrer hierarchischen Stellung, ihrer Kompetenzen und der damit verbundenen Anordnungsbefugnisse und Sanktionspotentiale definiert. Die der jeweiligen formalen Führungsposition innerhalb des organisatorischen Hierarchiegebäudes zugeordnete Befehlsgewalt wird als Positionsmacht oder formelle Autorität (Amtsautorität) bezeichnet. Die Positionsmacht ist nicht an die Person des Stelleninhabers gebunden, sondern Bestandteil der Stellendefinition. Die Machtfülle einer Stelle ist dabei nicht nur von der Höhe der Position im hierarchischen Gefüge abhängig, sondern auch von ihrer Bedeutung im Rahmen der organisatorischen Aufgabenerfüllung (z. B. hat der Verkauf im allgemeinen eine höhere Priorität als der Einkauf). Mit der Positionsmacht sind i. d. R. Führungsfunktionen für den Stelleninhaber verbunden (-3 Managementfunktionen, Führungssysteme, Unternehmensführung). Die Ausübung von Positionsmacht in Form von Anordnungen, Befehlen und Sanktionen hat sich jeweils an der Erreichung der Unternehmensziele zu orientieren. Durch die formale Ordnung sollen die Regelmässigkeit und Vorhersehbarkeit der Machtausübung gewährleistet werden. Für den Mitarbeiter ist die Positionsmacht des Vorgesetzten insofern von Bedeutung, als sich hieraus für ihn positive oder negative Sanktionen (z. B. Beförderungsvorschlag, Gehaltsaufbesserung oder aber Tadel, Rückstufung) ergeben können. Die Bedeutung der Positionsmacht für den Vorgesetzten ist in der Erleichterung der Aufgabenerfüllung zu sehen. Ein Führender mit entsprechender Positionsmacht muss seine Mitarbeiter nicht von seinen Fähigkeiten überzeugen und wird in seiner Führungsfunktion auch nicht von Mitarbeitern in Frage gestellt. Die Messung der Positionsmacht erweist sich in der Praxis als sehr problematisch. Zum einen sind in einem Unternehmen die formale Struktur des Leitungssystems und die Machtstruktur nicht deckungsgleich, zum anderen ist die Ausübung der Positionsmacht von individuellen Eigenschaften, Fähigkeiten und Zielsetzungen der jeweiligen Vorgesetzten zur Nutzung ihres Machtpotentials abhängig. Die Positionsmacht im klassischen Sinne hat in neuerer Zeit erheblich an Bedeutung verloren. Als Machtbasis gewinnen in modernen Organisationen Informationen und Expertenwissen zentrale Bedeutung. Stellen, die selbst Informationen be.schaffen und/oder Know How generieren, erwerben einen höheren Grad an Unangreifbarkeit als solche, an die sie Informationen weitergeben. Damit fällt bei unveränderter hierarchischer Struktur z. B. Stabsangehörigen, unternehmensexternen Experten oder hierarchisch nachgelagerten Ebenen in verstärktem Masse Macht zu. Konsequenterweise werden Befugnisse und Kompetenzen im Unternehmen an diejenigen Mitarbeiter delegiert (Delegation), die über die relevanten Informationen bzw. über das notwendige Expertenwissen verfügen. Solche Machtverhältnisse entstehen primär aus einer ungleichmässigen Aufgaben- und/oder Informationsverteilung. Die aufgrund unterschiedlicher Verteilung von Know How resultierende Macht ist insb. Untersuchungsgegenstand der sog. strategischen Kontingenztheorie intraorganisatorischer Macht (D. J. Hickson, C. R. Hinings, J. Pfeffer, G. Salancik). Die Inkompatibilität der klassischen eindimensionalen Organisationsstruktur mit den faktischen Machtverhältnissen in Unternehmen war Anlass zur Entwicklung neuartiger mehrdimensionaler Organisationsstrukturen. Entscheidungskompetenzen werden hier nicht mehr ungeteilt an einzelne Personen übertragen, sondern auf Gruppen gleich- oder nachgeordneter Hierarchiestufen aufgeteilt. Damit verliert die an die Stelle gebundene reine Positionsmacht zugunsten von Informationsmacht und Expertenwissen des Stelleninhabers an Bedeutung. Literatur: Remer, A., Macht, organisatorische Aspekte der, in: Frese, E., u. a. (Hrsg.), HWO, 3. Aufl., Stuttgart 1992, Sp. 1271 ff. Staehle, W H., Management, 6. Aufl., München 1991.
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