Bausparkassen sind Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Betragenden Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bausparge- schäft). Das Bausparen darf nur von Bausparkassen betrieben werden. Insgesamt besitzen in den alten Bundesländern 32 Mio. Bundesbürger einen Bausparvertrag mit einem Bausparvolumen von 900 Mrd. EUR. 80% aller Wohnungen werden von Bausparkassen mitfinanziert, wobei die Bausparkassen bei der Finanzierung des privaten Wohnungsbaus einen Marktanteil von knapp 15% haben. Die Durchschnittshöhe eines Bausparvertrags beträgt beim Bestand 35 TDM, beim Neugeschäft 30 TDM. Nach dem Wachstums-Wettbewerb der Bausparkassen bis einschließlich 1980 setzten innerhalb des Bausparmarktes erstmals Profilierungsversuche einzelner Bausparkassen durch konsequenten Einsatz des marketingpolitischen Instrumentariums ein. Die Institute waren gezwungen, parallel zu den erkennbaren Anforderungen auf den sich wandelnden Märkten marketingpolitische Maßnahmen zu ergreifen. Das Bausparge- schäft entwickelte sich vom Bring- zum Holgeschäft. Bei den Bausparkassen lassen sich vier unterschiedliche Marketingstrategien unterscheiden: · Marktdurchdringungsstrategie (bisherige Leistungen auf bisherigen Märkten) · Leistungsentwicklung (neue Leistungen auf bisherigen Märkten) · Marktentwicklung (bisherige Leistungen auf neuen Märkten) · Diversifikation (neue Leistungen auf neuen Märkten). Die Marktdurchdringungsstrategie ist durch eine unveränderte Konzentration auf das traditionelle Produkt Bausparen gekennzeichnet. Wichtiges Ziel ist hierbei die Bestandspflege, um eine konsequente Ausnutzung aller sich daraus ergebenden Akquisitionschancen für ein Folgegeschäft zu nutzen. Gleichzeitig versuchen die Bausparkassen über den Bestand zu Empfehlungsgeschäften und somit zu Erstgeschäften zu kommen. Die Bestandspflege erfolgt durch Außendienstmitarbeiter, wobei diese Akquisitionsanlässe und - impulse durch ein zentrales Informationssystemerhalten. Neuabschlüsse von Bausparverträgen werden überwiegend durch Bausparkassen-Au- ßendienstmitarbeiter vermittelt, aber auch durch Repräsentanten und Mitarbeiter der mit den einzelnen Bausparkassen kooperierenden Institute bzw. Institutsgruppen. Eine detaillierte Zuordnung der Absatzorgane kann für die Bausparkassen nicht vorgenommen werden. Unter Zuordnung einzelner Bausparkassen lassen sich schwerpunktmäßig folgende Akquisitionstypen herauskristallisieren: · Akquisition durch betriebseigene Handelsvertreter und nebenberufliche Vermittler (Wüstenrot, Leonberger Bausparkasse, BHW, etc.) · Akquisition durch vertriebsverbundene Absatzorgane, zunehmend eigener Außendienst und nebenberufliche Vermittler (V ersicherungsbausparkassen, z. B. Debeka, Colonia, Badenia, etc.) · Stationäre bankstellenbezogene Akquisition plus eigener Außendienst (Öffentliche Bausparkassen und Bausparkasse Schwäbisch Hall). Die Nutzung einzelner Absatzorgane weist bei Kapitalgesellschaften, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen - wenn auch mit unterschiedlicher Intensität - Parallelen auf. Ihre Vertriebssysteme stehen nicht nebeneinander, sondern es treten zahlreiche Kooperationen mit betriebsfremden Absatzorganen auf. Als Kooperationsgründe kommen kapitalmäßige Bindungen, vertragliche Bindungen (z.B. obligatorische Risiko-Lebensversicherung bei Bausparverträgen) oder die Organisationszugehörigkeit (z.B. zum öffentlichen oder genossenschaftlichen Bankensektor) in Betracht. Durch die einzelnen Kooperationsformen sollen Synergieeffekte erzielt werden. In Teilbereichen werden Versuche unternommen, Bausparverträge per Direktmarketing zu verkaufen. Dabei werden hauptsächlich vorhandene Kunden angesprochen. Ferner wurde das Instrumentarium der Verkaufsförderung weiterentwickelt, das neben den im Mittelpunkt stehenden generellen Bauspar-Wett- bewerbenzielgruppengerechte Verkaufsförderungsmaßnahmen einsetzt. Bis zur zweiten Hälfte der 70 er Jahre boten Bausparkassen nur einen Bauspartarif mit 3%iger Guthaben- und 5%iger Darlehensverzinsung an. Erst seit dieser Zeit wird im Bausparsektor Produktpolitik betrieben, bei der die vorhandenen Möglichkeiten (§ 6
i. V. m. § 9 Gesetz über Bausparen) der Änderung von Sparbeiträgen, Verzinsung, Bau- sparsumme und Tilgungsbeiträgen systematisch verknüpft und zielgruppenorientiert ausgerichtet werden. Anfang 1990 gibt es zahlreiche zielgruppenorientierte T arifange- bote (vgl .Abb.). Mit weiteren Produktvariationen ist zu rechnen. Neben dem kollektiven Bauspargeschäft bieten Bausparkassen vermehrt außervertragliche Dienstleistungsgeschäfte an, die eine werbende Wirkung auf das Passivgeschäft der Bausparkassen haben und die Kundenbeziehung intensivieren. Zu nennen sind hier: · die Vermittlung von Hypotheken · die „Finanzierung aus einer Hand" · der Versicherungsschutz für das Hauseigentum · die Risikolebensversicherung · Vermittlung von Bauland und Bauobjekten · Entwicklung neuer Ideen für das Hausund Wohnungseigentum (Architekten-, Handwerker-,Firmenwettbewerbe) · Energiesparberatung · Fertighausvermittlung. Mit der Erweiterung der Verwendungsmöglichkeiten von Bausparmitteln zur Modernisierung durch Mieter wurden mit Wirkung vom 1.1.1982 mit dem
2. Haushaltsstruktur- gesetz in § 10 Abs.6 Nr.2 ESTG und in § 2 WoPG für die Bausparkassen gute Voraussetzungen geschaffen, um am expandierenden Modernisierungsmarkt teilzuhaben. Damit kann ein Mieter für sämtliche Modernisierungsmaßnahmen in seiner Wohnung Bausparmittel innerhalb der Sperrfrist Steuer- bzw. prämienunschädlich einsetzen. Dies hat den Bausparkassen ein neues Marktsegment erschlossen, das sie insb. mit ihrer differenzierten Produktpolitik zu bearbeiten suchen. Durch Erschließung neuer Tätigkeitsfelder (Gründung von Gesellschaften / Beteiligung an bestehenden Unternehmen) haben die Bausparkassen die Möglichkeit zur Diversifikation, wobei die Diversifikationsmöglichkeiten durch § 4 Gesetz über Bausparkassen eingeschränkt werden. Geschäftsarten, die der Funktionserfüllung dienen, sind durch das Bundesaufsichtsamtfürdas Kreditwesen zu genehmigen; Geschäftsarten, die in keinem Zusammenhang zum Bauspargeschäft stehen, dessen Absatz aber fördern, sind gesetzlich auf die im Bausparkassengesetz aufgezählten Geschäftsarten beschränkt.
Literatur: Degner J.; Röhrer, A., Die Bausparkassen. Aufl., Frankfurt 1986. Meissner, Jahrbuch der Deutschen Bausparwirtschaft 1988, Frankfurt 1989. Stracke, G.; Pohl, M., Financial Services in Deutschland (II): Marktstrategien der Bausparkassen, in: Die Bank, 27. Jg. (1987), S. 421-439.
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