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Erwartungs-Valenz-Theorien

Die Erwartungs­Valenz-Theorien und die - Austauschtheorie der Verhaltensmotivation sind Prozeßtheorien. Im Gegensatz zu den Inhaltstheorien lassen die Prozeßtheorien weitgehend unbestimmt, auf wel­che Ziele sich das Verhalten richtet. Sie befassen sich vielmehr mit den kognitiven Prozessen, Kognition, die im Individuum ablaufen und ein bestimmtes Verhalten bewirken.
Wie das klassische Modell des homo oecono­micus geht die Erwartungs-Valenz-Theorie von der Vorstellung aus, der Mensch entscheide aus­schließlich rational. Allerdings bleibt hier die Fra­ge nach den verfolgten (End-)Zielen offen. Grundgedanke der Erwartungs-Valenz-Theorien ist die Annahme, das Individuum strebe danach, diejenige Verhaltensalternative zu wählen, deren subjektiv erwarteter Nutzen am höchsten ist.
Die Wurzel dieser Verhaltenstheorien kann daher bereits in dem auf das Jahr 1738 zurückgehen­den Bernoulli-Prinzip gesehen werden, d.h. der Entscheidungsregel, wonach der erwarte­te Nutzen einer Entscheidungsalternative (EN) bestimmt wird als Summe der Produkte aus Nut­zenwert (u;) und Wahrscheinlichkeit (pi) der aus der Entscheidung resultierenden Ereignisse i:

Erwartungs-Valenz-Theorien

Die Entscheidungsregel besagt dann: Es ist jene Alternative zu wählen, deren EN maximal ist; for­mal:

Erwartungs-Valenz-Theorien

Der Erwartungs-Wert-Ansatz ist in mehrere psy­chologische Theorien eingegangen. Die Erwar­tungstheorie von Victor H. Vroom interpretiert menschliches Verhalten als Entscheidungsver­halten: Das Individuum hat sich für eine von meh­reren Handlungsalternativen zu entscheiden. Aufgabe der Motivationstheorie ist es nun, zu erklären, warum eine bestimmte Alternative favo­risiert wird. Dabei unterscheidet Vroom zwei Ar­ten von “Ergebnissen”:
· die Endziele oder “eigentlichen” Ziele, um die es einer Person letztlich geht;
· die Handlungsergebnisse, die als Mittel zur Er­reichung der eigentlichen Ziele dienen. Die einzelnen Elemente der Theorie sind:
· Valenz (V): Der Wert, den eine Person einem Handlungsergebnis oder einem Endziel beilegt.
· Instrumentalität (I): Der Zusammenhang zwi­schen Handlungsergebnis und Handlungsend­ziel. Dadurch wird eingeschätzt, in welchem Aus­mass das Mittel die Erreichung des Zieles bewirkt bzw. verhindert. Der Wertebereich geht von - 1 (das Handlungsergebnis verhindert die Zielerrei­chung) bis + 1 (das Handlungsergebnis garan­tiert die Zielerreichung).
· Erwartung (E): Die subjektive Wahrscheinlich­keit, dass die Handlungsalternative das Hand­lungsergebnis bewirkt. Sie reicht von 0 (extrem unwahrscheinlich) bis 1 (sicher).
· Kraft (K): Die Stärke der Verhaltensinten­tion.
Die Theorie von Vroom enthält zwei Modelle: das Valenzmodell, das den Grad an Zufriedenheit mit einem bestimmten Handlungsergebnis erklärt, und das Kraftmodell, das die Stärke der Hand­lungsabsicht erklärt.
Das Valenzmodell besteht aus der Aussage: Der Wert eines Handlungsergebnisses ergibt sich als Summe der Produkte aus Wert des Endzieles und Instrumentalität des Handlungsergebnisses. Die Formel lautet:

Erwartungs-Valenz-Theorien
Es bedeuten:
Vi = Valenz des Handlungsergebnisses j, vk. = Valenz des Endzieles k,
k = Instrumentalität des Handlungsergebnisses (“Mittel”) j für das Ziel k,
n = Anzahl der in Betracht gezogenen Ziele, m = Anzahl der möglichen Handlungsergebnisse. Über die Funktion (f) nimmt Vroom an, sie sei monoton ansteigend.
Das Kraftmodell beinhaltet die Aussage: Die Stärke der Handlungsabsicht ergibt sich als Sum­me der Produkte aus dem Wert der Handlungser­gebnisse und der subjektiven Wahrscheinlich­keit, die Handlungsergebnisse erreichen zu können. Das Kraftmodell setzt also das Valenz­modell voraus. Die Formel lautet:

Erwartungs-Valenz-Theorien
Darin bedeuten:
K~ = Stärke der Intention, die Handlung i aus­zuführen,
Ei = Stärke der Erwartung (subjektive Wahr­scheinlichkeit), dass die Handlung i zum Ergebnis j führt,
r = Anzahl der möglichen Handlungen.
Dabei wird von dem allgemeinen Fall ausgegan­gen, dass eine Handlung zu mehreren Hand­lungsergebnissen führen kann. Wenn jede Hand­lungsalternative nur jeweils zu einem Handlungs­ergebnis führt, ist r = m, und die Formel verein­facht sich auf



Erwartungs-Valenz-Theorien




Während die Erwartungstheorie von Vroom als ein allgemeines Motivationsmodell angesehen werden kann, ist die Motivationstheorie von E. M. Porter und E. E. Lawler im wesentlichen eine Theorie der Leistungsmotivation.

EP steht für die Erwartung der Person, das Lei­stungsverhalten mit einer bestimmten Wahr­scheinlichkeit zeigen zu können. Diese Erwartung ist abhängig von Erfahrungen in ähnlichen Situationen, und zwar sowohl von selbst ge­machten als auch bei den anderen beobachteten Erfahrungen sowie vom Selbstwertgefühl.


Erwartungs-Valenz-Theorien


















P° steht für die Wahrscheinlichkeit, dass mit die­sem Verhalten Ergebnisse (outcomes) bestimm­ter Wertigkeit erzielt werden können. (P° ent­spricht dem E bei Vroom.) Diese Wahrscheinlich­keit hängt im wesentlichen von zwei Einfluß­größen ab:
· Von der internen und externen Kontrolle: Das ist die Überzeugung der Person, dass sie die Kon­sequenzen ihres Handelns selbst bestimmen kann (“intern”), bzw., dass sie in ihrem Handeln von der Umwelt bestimmt wird (“extern”).
· Von den in der Vergangenheit gemachten Er­fahrungen über den Zusammenhang von Lei­stung und Belohnung.
V steht für Valenz, also für den Wert, den man einem zukünftigen Ergebnis beimißt. Sie hängt von dem erlebten Wert der Belohnung ab.
E P° — V beinhaltet somit die Wertschätzung des Leistungsergebnisses. Da PE und P° — V multi­plikativ verknüpft sind, heißt das, dass keine Handlungstendenz entsteht, wenn eine der bei­den Größen 0 ist. Wenn also jemand glaubt, dass er außerstande sei, eine bestimmte Leistung zu erbringen, dann wird er ebensowenig dazu neigen, sich anzuzstrengen, wie wenn er glaubt, dass die erbringbare gute Leistung nicht zu einem positiv bewerteten Erfolg führt.
Der Leistungseinsatz, d.h. die Bereitschaft sich anzustrengen, ist nur einer von mehreren Fakto­ren, von denen die Leistung abhängt. Es kom­men hinzu die Gegebenheiten der Situation, die Fähigkeiten, sowie der Problemlösungsansatz und die Rollenwahrnehmung.
Mit der letzten Größe ist gemeint, dass eine Per­son wissen muss, wie sie in der konkreten Situa­tion ihre Fähigkeiten zum Einsatz bringen kann. Mit der Anstrengung verbinden sich die Fähigkeiten und der Problemlösungsansatz mul­tiplikativ.
Bei der auf die Leistung folgenden Belohnung ist danach differenziert, ob eine intrinsische oder ei­ne extrinsische Motivation vorliegt. Damit sollen zwei Abläufe unterschieden werden:
(1) Eine vorwiegend intrinsisch motivierte Person ist an der Leistungserbringung aus eigenem in­neren Antrieb interessiert; einer Belohnung durch Dritte mißt sie keinen besonderen Wert bei. Sie stellt daher unmittelbar fest, ob das Leistungser­gebnis den selbstgesetzten Anforderungen ent­spricht und erfährt ggf. in dem Erfolgserlebnis die wichtigste Belohnung.
(2) Eine vorwiegend extrinsisch motivierte Person erfährt die Belohnung aus der Einschätzung der Leistung durch Dritte (in Form von Geld, Auf­stieg, Anerkennung usw.). Ob und inwieweit die Belohnungen zur Zufriedenheit führen, hängt von der subjektiven Vorstellung der Person ab, was als gerechte Belohnung für die erbrachte Lei­stung angesehen wird.
Eine Besonderheit ergibt sich für eine intrinsisch motivierte Person. Dabei wird eine Erkenntnis der Theorie der Leistungsmotivation von John W. Atkinson berücksichtigt, die besagt, dass für bestimmte Personen die Leistungsmotivation dann am stärksten ist, wenn sich die Erfolgs- und Mißerfolgschancen etwa die Waage halten (je 50 % Wahrscheinlichkeit), wohingegen sowohl eine sehr geringe wie eine sehr hohe Erfolgs­wahrscheinlichkeit wenig motivierend wirken.
Den Charakter einer Herausforderung (“chalIen­ge”) hat eine Situation also nur dann, wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit weder zu hoch noch zu niedrig eingeschätzt wird.

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