Über das Angebot an Arbeit wählt ein Individuum bzw. ein Haushalt das nutzenmaximale Einkommen aus Arbeit. Es wird zunächst angenommen, dass der Akteur kein Kapitaleinkommen bezieht und nicht über Vermögen verfügt. Das Lohneinkommen lässt sich an Hand der Zahl der gearbeiteten Stunden und dem exogen, also nicht vom Akteur beeinflussbaren Lohnsatz bestimmen.
Die angebotene Menge an Arbeit A ergibt sich als Differenz aus der insgesamt etwa an einem Tag verfügbaren Zeit T minus der gewünschten Freizeit F, womit gilt:
(1) A = T – F Der Akteur steht vor zwei Entscheidungen, wenn er sein gesamtes Einkommen vollständig für ein Konsumgüterbündel x ausgeben will. Einerseits muss er entscheiden, welche Menge an Konsumgütern er konsumieren möchte, andererseits ist die Menge an Arbeit auszuwählen, bei der er sein Nutzenmaximum realisiert. Dabei hängt der Haushaltsnutzen u vom Konsum des Gutes x und von seiner ebenfalls als „Gutsnachfrage“ interpretierbaren Freizeitnachfrage ab. Dann gilt für die Nutzenfunktion:
(2) u = u(x,F) mit: , F und x seien normale Güter, so dass mit zunehmendem Einkommen die Nachfrage nach beiden Gütern zunimmt. Die Grenznutzen des Konsums und der Freizeit sind positiv und sinken. Der Preis des Konsumgutes sei p, der nominale Lohnsatz l. Der Haushalt verausgabt sein gesamtes Einkommen für Konsumgüter, so dass die Budgetbedingung des Haushalts p.x = l.A lautet.
Die Multiplikation des Lohnsatzes mit der Arbeitszeit ergibt das Arbeitseinkommen. Dividiert man die Budgetgleichung durch den Preis p, so erhält man x = (l/p).Arbeitsangebotstheorie Berücksichtigt man die Zeitbeschänkung (1), so führt dies zu (3) Gleichung 3 ist die Nebenbedingung des Akteurs bei der Nutzenmaximierung. Nimmt die Nachfrage nach Freizeit F zu, verringert sich das Lohneinkommen und es können weniger Konsumgüter nachgefragt werden.
Da der Akteur maximal die Zeit T zur Verfügung hat (z.B. 24 Stunden am Tag), lässt sich auf der horizontalen Achse außer der Freizeit von T aus nach links auch die Arbeitszeit ablesen. Alle Kombinationen aus Freizeit und Konsum (F,x) auf der Budgetgeraden B0 kann der Haushalt realisieren. Leitet man die Budgetbeschränkung (3) nach der Freizeit F ab, ergibt sich dx/dF = – l/p (Steigung der Budgetbeschränkung). Die Budgetgerade verbindet die Punkte T und (l/p).T. Falls der Akteur sein volles Zeitbudget für Freizeit (T = F) verwendet, erzielt er kein Markteinkommen und kann daher keine Konsumgüter nachfragen. Verringert der Haushalt seine Freizeit um eine Stunde, steigen Einkommen und Konsum um den Reallohn l/p. Die Opportunitätskosten der Freizeit entsprechen folglich dem Reallohnsatz l/p. Bietet der Haushalt A = T Stunden pro Periode auf dem Arbeitsmarkt an, kann er maximal ein Lohneinkommen von (l/p).T erzielen. Allerdings ist dies bei einem gewählten Zeitbudget von 24 Stunden pro Tag unrealistisch, da völlig auf Schlaf verzichtet werden müsste.
Die eingezeichneten Indifferenzkurven verlaufen konvex zum Ursprung. Alle Kombinationen zwischen Konsum und Freizeit, die auf einer Indifferenzkurve liegen, stiften identischen Nutzen. Höhere Indifferenzkurven zeigen höhere Nutzenniveaus an. Die Konvexität der Indifferenzkurven symbolisiert die sinkende Grenzrate der Substitution zwischen Konsumgüterbündel und Freizeit. Die Menge von x, die der Haushalt für eine zusätzliche Einheit Freizeit zu opfern bereit ist, sinkt mit steigender Freizeit. Der Haushalt findet seinen maximalen Nutzen, indem er ein Güterbündel wählt, das auf der Indifferenzkurve liegt, die gerade noch die Budgetgerade berührt. Im Nutzenmaximum fragt der Haushalt F* Einheiten Freizeit und die Menge x* des Konsumgutes nach. Der Akteur hat simultan seine optimale Arbeitsmenge A* = T – F* festgelegt, da sich die Arbeitszeit aus der Differenz der Gesamtzeit und Freizeit ergibt. Im Tangentialpunkt der Indifferenzkurve mit der Budgetgeraden entspricht die Grenzrate der Substitution zwischen beiden Gütern der Steigung der Budgetgeraden –(l/p). Wenn der Haushalt auch Nichtlohneinkommen aus Vermögen V bezieht, verschiebt sich die Budgetbeschränkung parallel nach B1 . Auch wenn er sein gesamtes Zeitbudget für Freizeit verwendet, kann er x0 Güter konsumieren. Für die Budgetgleichung gilt: x = (l/p)(T – F) + V. Während der Akteur bei V = 0 die Arbeitsmenge A0* anbietet, reduziert er bei Vermögenseinkommen sein Arbeitsangebot auf A1*, wenn Freizeit ein normales Gut ist.
Arbeitsangebot bei Vermögenseinkommen Wie reagiert nun das Arbeitsangebot bei Reallohnänderungen? Dies hängt von zwei Effekten ab. Einerseits lohnt es sich, bei einem höheren Reallohn mehr Arbeit anzubieten, da für Arbeit ein höheres Entgelt gezahlt wird. Für jede Stunde Freizeit entgeht ein höherer Einkommensbetrag. Dies führt zu einer Tendenz, bei höherem Reallohnsatz Freizeit durch Arbeitszeit zu ersetzen, also das Angebot an Arbeit zu steigern (Substitutionseffekt). Arbeitsangebot bei Lohnerhöhung Andererseits bedeutet ein höherer Reallohn pro Stunde, dass der Arbeitnehmer bei gleicher Arbeitszeit ein höheres Einkommen erhält. Er kann sich folglich mehr Freizeit leisten und tut dies, weil der Grenznutzen der mit dem Einkommen käuflich erwerbbaren Güter relativ zum Grenznutzen der Freizeit sinkt (Einkommenseffekt). Es lässt sich nicht generell sagen, ob der Einkommens- oder Substitutionseffekt bei einer Reallohnsteigerung, also Arbeitsangebotsminderung oder -zunahme, überwiegt, da beide Einflüsse auf die optimale Konsum-Freizeit- Entscheidung des Haushalts wirken. Der Gesamteffekt hängt davon ab, welcher der beiden Effekte überwiegt.
Wenn man die Dominanz des Einkommenseffektes unterstellt [(l/p)2 > (l/p)1]: Das Angebot an Arbeit muss also als Folge einer Reallohnsteigerung nicht immer steigen. Häufig wird davon ausgegangen, dass bei sehr niedrigem und sehr hohem Reallohnsatz der Einkommenseffekt überwiegt, bei mittlerem hingegen der Substitutionseffekt, so dass sich die Arbeitsangebotskurve eines Haushalts ergibt. Der untere Abschnitt wird damit erklärt, dass die Arbeitnehmer bei geringen realen Stundenlöhnen durch eine weitere Senkung gezwungen werden, länger zu arbeiten, um ihr Existenzminimum zu sichern. Arbeitsangebot ohne Transfers . Arbeitsangebot mit Transfers Berücksichtigt man Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe, ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Das nutzenmaximierende Verhalten eines Arbeitsanbieters, der zur Not darauf zurückgreifen kann, wobei der Schnittpunkt mit der vertikalen Achse durch den Mindestlohn bestimmt ist, der überschritten werden muss, damit der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz akzeptiert (Akzeptanz- oder Reservationslohn). In der Regel wird für kurzfristige mikroökonomische Untersuchungen von einer positiv geneigten Arbeitsangebotsfunktion ausgegangen, bei der das Arbeitsangebot mit zunehmendem Reallohn steigt.
Vorhergehender Fachbegriff: Arbeitsangebot | Nächster Fachbegriff: Arbeitsanreicherung
Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken
|
|