Gesamtheit aller staatlichen Maßnahmen, die die Nutzung des Bodens für
die verschiedenen allokativen Funktionen regeln oder beeinflussen sollen oder
die sich im Zusammenhang mit der Bodennutzung ergebenden Eigentums- und
Vermögensprobleme regeln. Bodenpolitik umfaßt allokative und distributive
Aspekte, die im konkreten Einzelfall zu Zielkonflikten führen können.
Die grundsätzlichste Regulierung besteht in der Erstellung und
Sicherung einer Bodenordnung, die den rechtlichen Rahmen für Nutzungs- und
Verfügungsrechte über den Boden absteckt. In den Zentralverwaltungs-
wirtschaften ist außer für bestimmte konsumtive Zwecke Privateigentum am Boden
ausgeschlossen. In kapitalistischen Marktwirtschaften mit Privateigentum am
Boden wäre im Idealfall außer einer rechtlichen Regelung des Eigentums und des
Grundstücksverkehrs kein weiterer Eingriff von Nöten, wenn der Marktmechanismus
eine Aufteilung der Nutzungen der Bodenflächen hervor bringen würde, die die
Knappheit des Bodens einerseits und die Präferenzen der Wirtschaftssubjekte
andererseits widerspiegelte.
Im marktwirtschaftlichen Idealfall würde der Bodenmarkt für jede Fläche
bei steigender (fallender) Nachfrage durch Preisanstieg (Preissenkungen)
Nachfrage abschrecken (an- ziehen) und Umwidmungen der Bodenflächen anregen, so
daß jederzeit die Gesamtfläche in einem für die Gesamtgesellschaft optimalen
Schlüssel auf die einzelnen Funktionen aufgeteilt wäre.
Diesem Idealbild stehen in der Praxis mehrere Probleme entgegen, die
eine weitergehende Einflußnahme des Staates nahelegen.
Durch sog. externe Effekte würde bei einem rein marktwirtschaftlichen
Allokations- mechanismus eine Fehlallokation entstehen:
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Die
Langfristigkeit bodenpolitischer Entscheidungen insb. im Zusammenhang mit
Hoch- oder Tiefbauten erschwert eine flexible marktwirtschaftliche Anpassung
erheblich.
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Die mit
bestimmten Bodennutzungen verbundenen Sekundäreffekte erzeugen eine unerwünschte
Allokation, die durch individuelles Agieren auf dem Markt nicht behoben
werden kann. So erzeugt Verkehr Stadtflucht, woraus wiederum zusätzlicher Verkehr resultiert, was auf
längere Zeit zu unerwünscht hohem Landschaftsverbrauch mit nachfolgender
Verschlechterung der ökologischen Ausgleichsfunktionen und der
Naherholungsräume sowie ineffizient hohem Verkehrsaufkommen und damit
verbundener Energieverschwendung führt.
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Umgekehrt
können bestimmte von allen Gesellschaftsmitgliedern gewünschte Nutzungen nicht
durch individuelle Kaufakte gesichert werden. Die ökologischen Ausgleichsfunktionen,
aber auch bestimmte Formen der Erholung und Freizeitgestaltung benötigen
Flächen, die als öffentliche Güter bereitgestellt werden müssen.
Ein weiterer Grund für bodenpolitische Eingriffe des Staates liegt in
verteilungspolitischen Zielsetzungen. Hier ist in der Diskussion umstritten,
inwieweit zur Verfolgung solcher Ziele der Staat in den Bodenmarkt eingreifen
oder ob er diesen Zielen nicht auf indirektem Wege über Einkommensumverteilung
näherkommen soll.
Die Ziele der Bodenpolitik unterliegen dem Wandel, der durch
wirtschaftliches Wachstum, Branchenstrukturwandel, Bevölkerungszunahme und
regionale Wanderungen zu jeweils besonderen Problemen der Bodennutzung führt:
In den noch sehr von der Landwirtschaft geprägten Gesellschaften des 19. Jh.
spielten die Fragen des landwirtschaftlichen Bodenrechts und erst recht später
die Probleme der Städte mit ihren Industriearbeitersiedlungen die wichtigste
Rolle. In den Wiederaufbau jahren nach 1945 standen wohnungspolitische und
städtebauliche Fragen im Mittelpunkt. Seit einiger Zeit rücken die Themen
Erholungsflächen und Boden in seinen ökologischen Funktionen stärker in das
Bewußtsein von Öffentlichkeit und Planern.
Die Instrumente der Bodenpolitik sind in erster
Linie diverse Eingriffe in Verfügungs- und Nutzungsrechte am Boden. Bodenpolitik
ist zum einen Raumordnungspolitik, Städtebaupolitik, staatliche Bauaufsicht
und Baugenehmigungspolitik, Sanierungspolitik und Flurbereinigung im ländlichen
Raum.
Literatur:
Holzheu, F., Bodenpolitik, in: HdW Bd. 2, Stuttgart u.a.
1980. Hunke, H., Der Produktionsfaktor Boden im Markt und Planungssystem,
Hannover 1976. Thoss,
R. (Hrsg.), Bodenordnung und
Bodenpolitik, Münster 1972.
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