Zu ihnen zählen die Kapitalwert-, die interne Zinsfuß- und die Annuitätenmethode sowie die Amortisationsrechnung in ihrer dynamischen Ausgestaltungsform als klassische Kalküle; der Vollständige Finanzplan (VoFi) ist hingegen als modernes Kalkül einzustufen. Während die klassischen Kalküle auf der Prämisse eines vollkommenen (und unbeschränkten) Kapitalmarkts basieren, vermag der VoFi grundsätzlich die Bedingungen des unvollkommenen (und beschränkten) Kapitalmarkts in ihrer ganzen Konditionenvielfalt zu berücksichtigen. Der entscheidende Unterschied zu den statischen Kalkülen liegt bei den dynamischen Kalkülen in der Berücksichtigung sämtlicher Aus- und Einzahlungen, die vom Beginn bis zum Ende der Nutzungsdauer des Investitionsprojekts anfallen. In vereinfachter Form werden diese Zahlungen über die Zahlungsreihen der Investitionsprojekte erfasst. Im folgenden Beispielfall soll ein Investitionsprojekt (z.B. eine Sachanlage) betrachtet werden, das die Zahlungsreihe -1000, 150, 550, 800, 200 (bezogen auf die Zeitpunkte t = 0, ... t = 4) besitzt (zum Zustandekommen dieser Zahlungsreihe Investitionsprojekts, Zahlungsreihe). Bei der Kapitalwertmethode ist der als Beurteilungskriterium fungierende Kapitalwert nach der Formel:
n
Co= -Ao + Sigma Zt x mal 1/(1+i) hoch t
t=1
zu ermitteln, wobei Co den Kapitalwert, Ao die Anschaffungsauszahlung, n die Nutzungsdauer des Projekts (in Jahren), t den laufenden Index der Endpunkte der einzelnen Jahresperioden, Zt den Einzahlungsüberschuss des Jahres t und i den (einheitlichen) Kalkulationszinssatz bedeuten. Im Beispielfall soll der Zinssatz 10 Prozent (i = 0,1) betragen. Die Methode ist so aufgebaut, dass die Einzahlungsüberschüsse der einzelnen Perioden unter Zugrundelegung des Zinssatzes i auf den Anfangszeitpunkt t = o abgezinst werden. Die Abzinsung des Einzahlungsüberschusses Zt der Periode t erfolgt durch Multiplikation mit dem Abzinsungsfaktor (Zinseszinsen) 1 : (1+i)t. Die abgezinsten Einzahlungsüberschüsse werden auch als Barwerte (der Einzahlungsüberschüsse) bezeichnet. Den Kapitalwert erhält man schließlich, indem man die Summe der Barwerte bildet und davon die Anschaffungsausgaben subtrahiert. Ist der Kapitalwert positiv, so gilt die Investition als vorteilhaft und von zwei Projekten gilt dasjenige mit dem höheren Kapitalwert als das günstigere. Hingegen sollten Projekte mit negativem Kapitalwert nicht realisiert werden.
Im Beispiel erhält man für die Zeitpunkte t = 1, t = 2, t = 3 und t = 4 nacheinander die Abzinsungsfaktoren 0,9091; 0,8264; 0,7513 und 0,6830. Werden diese jeweils mit dem Einzahlungsüberschuss Zt der betreffenden Periode multipliziert, so erhält man als Barwerte 136,36; 454,52; 601,04 und 136,6. Die Summe der Barwerte beträgt damit 1.328,52. Werden davon die Anschaffungsauszahlungen A. abgezogen, erhält man für den Kapitalwert Co = 1.328,52 - 1.000 = 328,52. Damit kann das untersuchte Projekt als vorteilhaft eingestuft werden. Auf die Höhe des Kapitalwerts haben die Höhe der Anschaffungsauszahlungen, der Zinssatz sowie Höhe und zeitliche Verteilung der Einzahlungsüberschüsse Einfluss. Die zeitliche Verteilung der Überschüsse wirkt sich so aus, dass sich der Kapitalwert bei gleicher Summe der Einzahlungsüberschüsse erhöht, wenn höhere Überschüsse zeitiger und niedrigere Überschüsse später anfallen. Wird z.B. in obiger Zahlungsreihe der Überschuss der zweiten Periode (550) mit dem der dritten Periode (800) vertauscht, so erhöht sich der Kapitalwert der Investition auf 347,30.
Um den Kapitalwert inhaltlich interpretieren zu können, vergleicht man die Investition mit einer alternativen Geldanlage zum Kalkulationszinssatz im Zeitpunkt t = o, die genau die gleichen Einzahlungsüberschüsse erzeugt wie das Investitionsprojekt. Eine solche Geldanlage muss dann aber gerade in Höhe der Summe der Barwerte erfolgen. Legt man nämlich den durch einjährige Abzinsung erhaltenen Barwert wieder für ein Jahr, den durch zweijährige Abzinsung erhaltenen Barwert für zwei Jahre, ..., den durch n-jährige Abzinsung erhaltenen Barwert für n Jahre an, so erhält man zu den einzelnen Periodenenden im Rahmen der Laufzeit genau die gleichen Einzahlungsüberschüsse wie bei Realisierung des Investitionsprojekts. Mit anderen Worten: Entscheidet man sich für das Investitionsprojekt anstelle der Geldanlage, benötigt man zur Erreichung derselben Zielbeiträge (Einzahlungsüberschüsse) eine um die Höhe des Kapitalwerts niedrigere Anschaffungsauszahlung. Man »spart« also in t = o Anschaffungsauszahlungen in Höhe des Kapitalwerts. In diesem Sinne stellt der Kapitalwert einen barwertigen Überschuss (im negativen Falle einen entsprechenden Fehlbetrag) gegenüber einer vergleichbaren Geldanlage zum Kalkulationszinssatz dar. Ein bestimmter Kapitalwert sagt für sich genommen nichts darüber aus, ob er mit hohem oder niedrigem Kapitaleinsatz erzielt wurde, d.h. wie rentabel das Projekt ist.
Derartige Aussagen erhofft man sich in der Praxis häufig vom internen Zinsfuß. Der interne Zinsfuß beträgt i* - 0,23 (= 23 %). Das bedeutet, dass eine vergleichbare Geldanlage erst bei einem Zinssatz von 23 Prozent die gleichen Einzahlungsüberschüsse zu erzeugen vermag wie das Investitionsprojekt. Wird ein einzelnes Projekt nach dem internen Zinsfuß beurteilt, so gilt es dann als vorteilhaft, wenn i* größer ist als der Kalkulationssatz i. Unter mehreren sich gegenseitig ausschließenden Investitionen gilt diejenige mit dem höchsten internen Zinsfuß als die günstigste. Obwohl sich der interne Zinsfuß in der Praxis nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, können gegen seine Anwendung als Vorteilhaftigkeitskriterium bei Einzelentscheidungen schwerwiegende Bedenken erhoben werden. Zum einen sagt die Rentabilität nichts über den Grad der Zielerreichung (Entnahmemaximierung oder Endwertmaximierung) aus (ein selbst »zusammengezimmerter« Bauchladen könnte, sofern damit überhaupt etwas mit Überschuss verkauft wird, eine Rentabilität von unendlich erreichen, ohne in der Lage zu sein, seinen Besitzer zu ernähren), zum anderen gibt es mathematische Gründe, die es fragwürdig erscheinen lassen, ob der interne Zinsfuß überhaupt die Rentabilität eines Projekts widerspiegelt. Die Bestimmungsgleichung für den internen Zinsfuß (die Kapitalwertformel) ist nämlich ein Polynom n-ten Grades und dieses kann eine, mehrere oder auch gar keine reellen Lösungen (interne Zinsfüße) besitzen. Diese mathematischen Probleme sind u.a. mit ein Grund dafür, dass der interne Zinsfuß auch bei Programmentscheidungen zur simultanen Bestimmung von Investitions- und Finanzierungsprogrammen als Kriterium im Allgemeinen nicht funktionieren kann.
Lediglich im Einperiodenfall bietet er in Verbindung mit dem Kapitalbudgetierungsmodell von Dean einen adäquaten Lösungs- und interessanten Denkansatz. Hat man nämlich mehrere einperiodige Investitions- und Fremdfinanzierungsmöglichkeiten, so kann man das optimale Investitions- und Finanzierungsprogramm auf recht einfache Weise simultan bestimmen. Dazu ordnet man zunächst die Investitionsprojekte nach fallenden internen Zinsfüßen und die Finanzierungsmöglichkeiten nach steigenden Zinssätzen. Dann nimmt man entsprechend der gebildeten Reihenfolge so lange Investitionsprojekte und Finanzierungsmöglichkeiten in das Programm auf, bis man bei einem Investitionsprojekt angelangt ist, zu dem es nur noch Finanzierungsmöglichkeiten gibt, deren Fremdkapitalzinssätze größer sind als der interne Zinsfuß dieses Investitionsprojekts. Eine unmittelbar aus der Kapitalwertmethode abgeleitete Methode ist die Annuitätenmethode. Bei ihr wird der Kapitalwert in gleichmäßige, nachschüssige Rentenzahlungen über die n Jahre der Nutzungsdauer des Investitionsprojekts umgerechnet. Der so ermittelte Rentenbetrag wird als Annuität bezeichnet. Im Beispielfall beträgt die Annuität des Investitionsprojekts 103,63. Bei der Einzelentscheidung über ein Investitionsprojekt sollte das Projekt verwirklicht werden, wenn seine Annuität positiv ist. Ist unter mehreren Investitionen nur eine auszuwählen, so sollte die Wahl zugunsten desjenigen Projekts mit der höchsten Annuität getroffen werden. Voraussetzung ist allerdings dabei, dass alle Projekte auf die gleiche Planungsperiode bezogen sind. Die Annuitätenmethode führt ebenso wie die Kapitalwertmethode unter Zugrundelegung der Prämissen des vollkommenen Kapitalmarkts sowohl für die Zielstellung »Entnahmemaximierung« als auch für die Zielstellung »Endwertmaximierung« zu richtigen Entscheidungen. Für die Amortisationsdauer existiert außer der statischen noch eine dynamische Ausgestaltungsform.
Diese dynamische Amortisationsdauer, die neben den Rückflüssen der Anschaffungsauszahlungen auch die geforderte Verzinsung der zwischenzeitlich freigesetzten Mittel berücksichtigt, ist diejenige (vom Zeitpunkt t = o an gerechnete) Zeitspanne, während der die aufaddierten Barwerte der Überschüsse gerade die Höhe der Anschaffungsauszahlungen erreichen. Im Beispielfall amortisiert sich das Projekt gegen Ende des dritten Jahres. Soll bei Investitionseinzelentscheidungen die gesamte Konditionenvielfalt auf dem Finanzierungs- und Geldanlagesektor berücksichtigt werden, so eignet sich dazu in hervorragender Weise der Vollständige Finanzplan (VoFi). Er ermöglicht nicht nur die Auswahl des wirtschaftlichsten Projekts zusammen mit den günstigsten Finanzierungsmöglichkeiten. Darüber hinaus bietet er einen periodengenauen und gut nachvollziehbaren Einblick in die Entwicklung der Liquiditätssituation über die gesamte Nutzungsdauer des Projekts hinweg. Wie mit einem VoFi gearbeitet werden kann, soll im Folgenden an einem Beispiel demonstriert werden: Ein Investor verfügt über eigene liquide Mittel in Höhe von 200 GE. Er möchte dieses Geld so anlegen, dass er nach vier Jahren über einen höchstmöglichen Endwert (EW) verfügt. Dazu bieten sich ihm zwei Möglichkeiten. Erstens kann er eine Sachinvestition tätigen, die eine Nutzungsdauer von vier Jahren mit der (bereits aus dem Kapitalwertbeispiel bekannten) Zahlungsreihe -1.000, 150, 550, 800, 200 hat. Zur Unterstützung bietet ihm seine Hausbank einen Kredit bis zu maximal 800 GE an, der nur in t = 0 ausgezahlt werden kann. Dieser Kredit hat eine Laufzeit von vier Jahren und ist in gleichen Jahresraten zu tilgen. Der Zinssatz beträgt 10 Prozent pro Jahr über die gesamte Laufzeit.
Für den Fall, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein negativer Zahlungssaldo entstehen würde, räumt die Bank jederzeit einen Kontokorrentkredit mit einem Zinssatz von 15 Prozent pro Jahr ein, der nach einem Jahr zurückzuzahlen ist. Am Ende einer Periode vorhandene überschüssige finanzielle Mittel können als pauschale Geldanlage zu 5 Prozent Zinsen pro Jahre für jeweils ein Jahr angelegt (»reinvestiert«) werden. Zweitens hat der Investor die Möglichkeit, eine Festgeldanlage über einen Zeitraum von vier Jahren zum äußerst lukrativen Zinssatz von 20 Prozent zu tätigen (als Opportunität zur Tätigung der Investition). Der Endwert der Opportunität (EW,) berechnet sich unter Zugrundelegung der Zinseszinsformel zu:
EW° = 200 x (1 + 0,2)4 = 414,72 GE
Die Ermittlung des Endwerts des Investitionsprojekts (EW,F) soll nun mithilfe eines VoFi vorgenommen werden. Da die Anschaffungsauszahlungen in t = 01.000 GE betragen, der Investor jedoch nur über 200 GE an eigenen liquiden Mitteln verfügt, wird er den angebotenen Kredit von 800 GE in voller Höhe in Anspruch nehmen. Davon werden in t = 1, t = 2, t = 3 und t = 4 je 200 GE getilgt. Die zu zahlenden Sollzinsen (jeweils bezogen auf den Kreditstand zu Beginn der betreffenden Periode) betragen dann 8o GE in t = 1, 6o GE in t = 2, 4o GE in t = 3 und 20 GE in t = 4. Das Investitionsprojekt erzeugt in t = 1 zwar einen Überschuss von 15o GE, jedoch müssen für den Kredit 200 GE an Tilgung und 8o GE an Sollzinsen gezahlt werden. Der finanzielle Fehlbetrag in Höhe von 130 GE muss durch einen Kontokorrentkredit ausgeglichen werden, der in t = 2 zuzüglich Zinsen in Höhe von 19,50 GE zurückzuzahlen ist. Darüber hinaus fallen in t = 2 wiederum die gleichen Kredittilgungen an wie in t = 1, dazu Zinsen in Höhe von 60 GE. Dem steht diesmal jedoch ein Überschuss aus der Zahlungsreihe des Projekts in Höhe von 550 GE gegenüber. Der sich insgesamt ergebende finanzielle Überschuss (140,50 GE) wird nun als pauschale Geldanlage getätigt. Diese wirft in t = 3 Habenzinsen in Höhe von 7,02 GE ab. Hinzu kommt der Überschuss aus der Zahlungsreihe.
Diese Überschüsse werden vermindert durch Tilgungen und Zinszahlungen aus dem Ratenkredit, sodass in t = 3 insgesamt ein Überschuss von 567,02 GE verbleibt, der als zusätzliche Geldanlage zu tätigen ist. Der Guthabenstand beträgt nun insgesamt 707,52 GE. Durch eine weitere einjährige Geldanlage resultieren daraus in t = 4 Zinsen in Höhe von 35,38 GE. Zusammen mit dem Überschuss von 200 GE aus der Zahlungsreihe sowie den letzten Tilgungen und Zinszahlungen resultiert daraus in t = 4 insgesamt noch ein verbleibender Überschuss von 15,38 GE. Dieser erhöht den bereits vorhandenen Guthabenstand, der sich dadurch nunmehr auf 722,90 GE beläuft. Der letzte Guthabenstand ist zugleich der Endwert EWIP des Investitionsprojekts, da sämtliche Schulden getilgt sind. Demzufolge erwirtschaftet das Investitionsprojekt einen höheren Endwert als die Opportunität:
EWip - EWo = 722,90 GE - 414,72 GE = 308,18 GE
Der Investor sollte sich also für die Tätigung der Investition entscheiden. In der hier dargestellten Version ging der Investor von der Maximierung des Endwerts als Zielsetzung aus. Die Möglichkeit der Tätigung von Entnahmen in den einzelnen Perioden der Nutzungsdauer wurde im Beispielfall nicht betrachtet. Es sind jedoch auch Zielsetzungen unter Berücksichtigung von Entnahmen möglich. Beispielsweise könnte der Investor auch diejenige Projektalternative bevorzugen, die ihm bei fest vorgegebenem Endwert ermöglicht, jeweils am Ende der einzelnen Perioden der Nutzungsdauer einen maximal möglich gleichen Betrag zu entnehmen (Streben nach Maximierung der Breite des Entnahmestroms oder kurz »Entnahmemaximierung«).
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