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Informationswert

ergibt sich aus dem wirtschaftlichen Nutzen, den eine Information in einer bestimmten Situation stiftet, und den Kosten, die dafür aufzuwenden sind. Eine exakte Ermittlung des Informationswertes ( Informationsbewertung) setzt voraus, dass in konkreten Entscheidungsfällen alle potentiell relevanten Informationen bekannt und verfügbar sind, eine Forderung, die praktisch nicht zu erfüllen ist. Die Beschaffung (z.B. hinsichtlich realistischer Handlungsalternativen oder möglicher Umweltkonstellationen) wird in der Realität dann abgebrochen, wenn ein subjektiv zufriedenstellendes Informationsniveau erreicht ist. informationswertIn der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie gibt es verschiedene Versuche einer näherungsweisen quantitativen Ermittlung des Infor mations wer tes. Grundlage sind zumeist Erwartungswerte bei Entscheidungen, wobei man einmal vom Fehlen und das andere Mal von der Verfügbarkeit zusätzlicher Information ausgeht. Der Bruttowert einer Information ergibt sich dann als Differenz der beiden Erwartungswerte. Die Beschaffung von Zusatzinformationen zur Verbesserung des Informationsstandes ist wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn der Bruttowert grösser als die anfallenden Informationskosten ist. Der Nettowert, d.h. der um die Informationskosten verminderte Bruttowert der Information, muss also positiv sein.    

Da die Informationsbeschaffung im Rahmen der Marktforschung Kosten verursacht, wird sie selbst zum Entscheidungsproblem: Es muss entschieden werden, wie lange bzw. in welchem Umfange Informationen einzu- holen sind. Grundsätzlich scheint dies ein­fach: Nach dem marginalanalytischen Prin­zip ist der Informationsbeschaffungsprozeß solange fortzusetzen, bis die Kosten der zu­sätzlichen Information gleich ihrem Nutzen („Wert“) werden. Damit rückt das Problem des Informationswertes in den Vordergrund. Die Lösung dieses Problems ist am weitesten durchgearbeitet im Bay es’\'sehen Ansatz („ BayesianApproach “): Der englische Geist­liche Bayes entwickelte in seiner 1763 er­schienenen Schrift „An Essay toward Sol- ving a Problem in the Doctrine of Chance“ eine Formel (Bayes’sches Theorem), die es ermöglicht, aus den bedingten Wahrschein­lichkeiten eines Ereignisses (Wahrschein­lichkeit für ein Ereignis - A unter der Be­dingung, dass ein anderes - B - bereits eingetreten ist) quasi umgekehrt auf die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses zu schließen, dessen Eintreten die Bedingung darstellt, nämlich die von B (unter der Bedin­gung, dass A eingetreten ist). Die Nutzung des „Bayes’schen Theorems“ für das vorliegende Problem erfolgt in drei Schritten:
1. Zunächst wird eine a-priori-Analyse durchgeführt. Dazu gehört: - Definition der verfügbaren (Handlungs-) Alternativen ai. - Definition der möglichen Umweltzustän­de Sj. - Durch die Bewertung (mit Ein- und Aus­zahlungen oder Opportunitätskosten - „entgangener Gewinn“) ergibt sich eine Entscheidungsmatrix. - Den einzelnen Umweltzuständen werden - i.d.R. subjektive - Wahrscheinlichkei­ten zugeordnet; das Ergebnis ist ein „Er­wartungswert“ für jede Alternative; die mit dem höchsten (bei der Zahlungs-Ma­trix) wird präferiert. Als Entscheidungsregel dient also „Maxi­mierung des Erwartungswertes“. Beispiel: Der Einfachheit halber seien nur 2 Alternativen betrachtet: Einführung eines neuen Produkts (ai), Beibehaltung des alten (m). Der Umweltzustand si ist dadurch cha­rakterisiert, dass mit einer „günstigen“ Ent­wicklung des Marktanteils gerechnet wird, bei S2 dagegen mit einer „ungünstigen“. Die Zahlungsmatrix sei wie folgt geschätzt (in Klammern die a-priori-Wanrscheinlich- keiten):
Informationswert Damit ergeben sich folgende Erwartungs­werte: ai: (5 • 0,3) + (3 • 0,7) = -0,6 a2: (3 ■ 0,3) + (1 ■ 0,7) = 0,2 Somit wäre Alternative 2, also die Beibehal­tung des alten Produkts - oder, anders ausge­drückt: der V erzieht auf die Einführung eines neuen -, zu bevorzugen.
2. Die a-priori-Analyse wird ergänzt durch eine a-posteriori-Analyse. Das bedeutet, dass nunmehr die bedingten Wahrschein­lichkeiten herangezogen werden. Dieser Schritt dient der „Verbesserung“ der a- priori-Wahrscheinlichkeiten und sollte im Grunde mittels empirischer Daten (statt bloßer Schätzungen) erfolgen. Im Beispiel soll so vorgegangen werden, dass die Ein- und Auszahlungen für die Alternati­ve „Beibehaltung des alten Produkts" gleich 0 gesetzt werden und die Daten für die Alter­native 1 (Produkteinführung) quasi nur die Differenzen zu Alternative 2 darstellen. In­sofern gelten auch die Wahrscheinlichkeiten nur für die Alternative „Produkteinfüh­rung“ und können - da diese nur „Annahme“ oder „Ablehnung“ (des neues Produkts) heißt - mittels der Binominalverteilung, auf­grund einer empirischen Befragung, berech­net werden. Angenommen, diese erbringe, dass 8 von 10 insgesamt Befragten ai präferie- ren. Aus der Formel für die Binominalvertei­lung ergibt sich dann als bedingte („conditio- nal“) Wahrscheinlichkeit für si 0,121 und S2 0, 0106. Multipliziert man dies mit den ur­sprünglichen Wahrscheinlichkeiten, so re­sultiert die »joint probability“. Dividiert man jede einzelne davon durch ihre Summe, so erhält man - entsprechend dem „Bay- es’schen Theorem“ - schließlich die a-poste- riori-Verteilung:
Informationswert Der Erwartungswert ist nunmehr ein ande­rer. Stellt man nur auf die Alternative 1 ab, setzt also die Ein- und Auszahlung für a2 gleich 0 (was angesichts dessen, dass als Indi­kator für die „wahren“ Umweltzustände nur die „Adaption“ des neuen Produktes ver­wandt wurde, plausibel erscheint), so ergibt sich: (5 -0,83) + (3 -0,17) = 3,64. Im Vergleich zu 0 wäre also jetzt die Alterna­tive 1 vorzuziehen. Dasselbe Resultat folgt allerdings auch dann, wenn man die Art der eingeholten Information als adäquates Indiz für die „wahren“ Umweltzustände in bezug auf beide möglichen Handlungsalternativen ansieht und demgemäß auf die oben wieder­gegebene Zahlungsmatrix abstellt. Das er­gibt: für ai 3,64, gem. oben für a2 (3 ■ 0,83)+ (1 • 0,17) = 2,32
2. Daraus resultiert auch die Möglichkeit, den Wert zusätzlicher Informationen ab­zuschätzen, mittels der prae-posteriori- Analyse. Hierzu ist zunächst der “erwar­tete Wert vollkommener Information“ („Expected Value of perfect Informa­tion “ = EVI) zu berechnen. Er bezeichnet die Größe, die aus der Differenz des Wer­tes resultiert, der sich ergibt, wenn der Entscheidende weiß, welche Reaktionen auf seine Maßnahmen eintreten, und dem Auszahlungserwartungswert der optima­len Entscheidung bei unvollkommener Information. Im Beispiel folgt: EVI = [(5 • 0,3) + ( 1 • 0,7)] [(3 • 0,3) + ( 1 ■ 0,7)] = 0,8-0,2 = 0,6 Der EVI-Wert stellt also quasi die „Kosten der Ungewißheit“ dar. Damit bildet er zu­gleich die Obergrenze für die Kosten zusätz­licher Informationen. Die Frage lautet also, ob tatsächlich zusätzliche Informationen eingeholt werden sollen, um eine a-posterio- ri-Analyse durchführen und damit mögli­cherweise die Entscheidung verbessern zu können. Dies eben ist Aufgabe der prae-po- steriori-Analyse; sie ist also, wie auch schon die Bezeichnung andeutet, vor der Beschaf­fung weiterer Informationen vorzunehmen. Das Problem dabei liegt darin, dass man gera­de nicht weiß, wie die zusätzlichen Informa­tionen lauten werden. Folglich muss für jeden Fall - bei festgelegtem Stichprobenumfang - eine besondere Analyse durchgeführt wer­den; daraus ist ein Gesamt-Resultat abzulei­ten. Im obigen Beispiel von n = 10 wäre also die Berechnung jeweils vorzunehmen für x vonO, 1,..., 10.Derjeweilsoptimale(Erwar- tungs-)Wert müßte sodann, in der üblichen Weise, mit der dazugehörigen Wahrschein­lichkeit multipliziert und darüber summiert werden. Das Ergebnis dieser Berechnungen ist der “erwartete Wert der Stichprobeninforma­tion “ („ Expected value of Sample Informa­tion “ = ESI). Subtrahiert man davon die Ko­sten der Stichprobe, so erhält man den “erwarteten Nettogewinn der Stichprobe“ („ Expected Net Garn of the Sam­ple“ = ENGS); ist dieser größer als 0,so lohnt sich die zusätzliche Beschaffung von Infor­mationen. Allerdings war hierbei ausdrücklich von ei­nem festgelegten Stichprobenumfang ausge­gangen worden. Gerade aber die erforderli­che Größe der Stichprobe zur Gewinnung weiterer Informationen ist ebenfalls zu be­stimmen. Damit ist im Grunde die prae-po- steriori-Analyse für verschiedene Stichpro­benumfänge (mit der Beschränkung lediglich der Obergrenze der Kosten durch den EVI- Wert!) durchzuführen. Zugleich ist damit ei­nes der vielen Probleme der - als rein forma­les Kalkül zweifellos bestechenden - Bayes-Analyse angesprochen. Damit im Zusammenhang steht, dass die Al­ternativen und vor allem auch die Umwelt­zustände gewissermaßen „diskretisiert“, auf einige wenige reduziert werden. Noch allge­meiner: Während die „klassische Statistik“ quasi nur eine bestimmte Hypothese testet, müssen bei der Bayes-Statistik sämtliche Al­ternativen und Umweltzustände nicht nur expliziert, sondern zusätzlich auch noch - mit Ein- und Auszahlungen - bewertet wer­den. Der Informationsbedarf ist also be­trächtlich. Schätzungen sind v. a. auch für die a-priori- Wahrscheinlichkeiten notwendig. Rein sub­jektive Wahrscheinlichkeitsaussagen sind aber an die Person des Analytikers gebunden und nicht intersubjektiv nachvollziehbar. Ähnliche Probleme können auch bei der a- posteriori-Analyse entstehen: Wie schon das Beispiel zeigte, ist es oft nicht leicht, die den bedingten Wahrscheinlichkeiten zugrunde zu legenden Daten, als „Signal“ für den wah­ren Umweltzustand, hinreichend exakt zu bestimmen. Es bleibt schließlich durchaus offen, ob das der Bayes’schen Analyse inhä­rente Konzept des „Informationswertes“ nicht zu eng ist: Informationen vermögen auch anderen Zwecken als bloß Entschei­dungen zu dienen. Sie können darüber hin­aus auch Anlaß für das Erkennen neuer Um­weltzustände und/oder Alternativen sein (und damit über die „Revision“ von Wahr­scheinlichkeiten hinausgehen). Schließlich ist fraglich, ob die „ Maximierung des Erwar­tungswertes“ überhaupt bzw. durchweg eine sinnvolle Entscheidungsregel darstellt. Insgesamt bedeutet dies wohl, dass noch manche Hürde zu überwinden sem dürfte - wozu auch die Verbreitung entsprechender Computerprogramme und von etwaigen Anwendungserfahrungen gehört ehe in nennenswertem Umfange der praktische Einsatz erfolgen kann.            

Literatur:  Hüttner, M., Informationen für Marke­ting-Entscheidungen, München 1979, S. 13 ff.

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