Schlagwort zur Kennzeichnung eines zeitlichen Ausschnitts der Entwicklung der Gesundheitsausgaben insb. zwischen den Jahren 1970 und 1976. Dabei richtete sich die Aufmerksamkeit in erster Linie auf den Ausgabenanstieg in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), deren Gesamtausgaben sich in diesem Zeitraum mehr als verdoppelten, obwohl 1970 die Lohnfortzahlung für Arbeiter im Krankheitsfall einsetzte und damit der bis dahin grösste Ausgabenposten für die GKV entfiel. Im Zuge dieser Entwicklung erhöhte sich der durchschnittliche Beitragssatz für Pflichtmitglieder von 8,1% im Jahr 1970 auf 11,3% des beitragspflichtigen Einkommens im Jahr 1977. Die niedrigeren Steigerungsraten der Ausgaben und Beitragssätze ab 1977 sind vor allem auf verschiedene Kostendämpfungsmassnahmen (Krankenversicherungs-Kostendäm- pfungsgesetz 1977, Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz 1981, Haushaltsbegleitgesetz 1983, Gesundheits-Reformgesetz 1988) zurückzuführen, durch die neben regulativen Eingriffen auf der Anbieterseite auch zunehmend Selbstbeteiligungsregelungen und Leistungsausgrenzungen geschaffen wurden. Um einer neuerlichen Kostenexplosion in der GKV entgegenzuwirken, die sich in der Steigerung des durchschnittlichen Beitragssatzes von 12,2% im Jahre 1991 auf 13,3% zum 1.1. 1993 andeutete, wurde Ende 1992 das Gesundheits-Strukturgesetz verabschiedet, das eine längerfristige Stabilisierung der Beitragssätze in der GKV gewährleisten soll. Hinsichtlich der Erklärung des Anstiegs der Gesundheitsausgaben sind verschiedene Ursachengruppen zu unterscheiden. Der Umfang des Versicherungsschutzes und die Ausweitung des Leistungsangebots in der GKV, der Finanzierungsanteil der Rentenversicherung an den Kosten der Krankenversicherung, die u.U. zu Beitragsausfällen führende flexible Altersgrenze oder das System der Krankenhausfinanzierung sowie die Organisationsformen im Gesundheitswesen sind einige Parameter des Gesetzgebers, deren Veränderung sich auf die Ausgaben der GKV auswirkt. Umfang und Struktur der Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen sind u.a. abhängig von demographischen und sozioöko- nomischen Merkmalen der Bevölkerung, dem Gesundheitsstand und -bewusstsein wie auch von der Einkommenselastizität der Nachfrage und davon, ob die Mitglieder der GKV finanzielle Erwägungen bei der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen anstellen. Auf der Angebotsseite angesiedelt sind etwa Grössen wie der medizinische Wissensstand, der medizinisch-technische Fortschritt und, zusammenhängend damit, der sich wandelnde Krankheitsbegriff, die zunehmende fachliche Spezialisierung, eine hohe Personalintensität vor allem im stationären Bereich und die als Besonderheit herausgestellte These von der angebotsinduzierten Nachfrage im Gesundheitswesen. Literatur: Herder-Dorneich, PhWachstum und Gleichgewicht im Gesundheitswesen, Köln 1976. Krämer, W, Die Krankheit des Gesundheitswesens, Frankfurt a. M. 1989. Wille, E., Ulrich, V., Bestimmungsfaktoren der Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in: Hans- meyer, K.-H. (Hrsg.), Finanzierungsprobleme der sozialen Sicherung II, Berlin 1991, S. 9 ff. Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Jahresgutachten 1992, Baden-Baden 1992.
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